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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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schwach sein, den festen Boden unter den Füßen und die moosigen Wände ringsum sehen konnte. Nun steckte ich das Messer in die Scheide und rannte los.
    Im nächsten Moment befand ich mich inmitten von kreisrunden Habitaten und hundert seltsamen Kreaturen. Ich stand wieder in der Menagerie, wo die Apporte eingesperrt waren. Der Lichtschein kam aus einem der Gehege. Ich tastete mich dorthin vor und sah, daß die Kreatur darin nichts anderes als das zottige Ding war, das ich mit eingefangen hatte. Es hockte auf den Hinterbeinen und hatte die Vorderbeine gegen die unsichtbare Wand gestemmt, die es einsperrte. Ein phosphoreszierendes Licht strömte über den Bauch und schien kräftig von den handförmigen Vorderfüßen. Ich sprach zu ihm, wie ich nach einer Reise zu einer Lieblingskatze gesprochen hätte, und es schien mich zu begrüßen wie eine Katze, während es den felligen Leib an die unsichtbare Wand schmiegte und miaute und mich mit flehenden Augen ansah.
    Im nächsten Moment riß es die kleine Schnauze zu einem Fauchen auf und funkelten die Augen wie die Augen eines Dämons. Ich wäre zurückgeschreckt, aber ein Arm schlang sich mir um den Hals, und eine Klinge schoß auf meine Brust zu.
    Ich packte das Handgelenk des Meuchelmörders, bremste das Messer einen Finger breit vor meiner Brust und versuchte mich zu ducken, um ihn über meinen Kopf zu werfen.
    Ich galt als stark, aber der Mann war zu stark für mich. Ich hätte ihn leicht gehoben – auf jenem Schiff hätte ich ein Dutzend Mann gehoben –, aber seine Beine umklammerten meine Taille wie die Backen einer Falle. Ich duckte mich zum Wurf, aber das bewirkte nur, daß wir beide stürzten. Verzweifelt riß ich mich von ihm los, um dem Messer zu entgehen.
    Mir praktisch ins Ohr brüllte er vor Schmerz.
    Wir waren in das Habitat gestürzt, und das zottige Tier hatte ihn in die Hand gebissen.
     

 
Ein Toter im Licht
     
    Als ich mich soweit erholt hatte, daß ich wieder aufstehen konnte, war der Meuchelmörder weg. Blutflecken, die fast schwarz waren im Schein der goldenen Kerze, blieben übrig im runden Revier meines zottigen Freundes. Der hockte auf den Schenkeln, wobei er die Hinterbeine überkreuzt hatte, was eigenartig menschlich wirkte; sein Licht war erloschen; er leckte sich die Pfoten und glättete damit das seidige Fell der Schnauze. »Danke«, sagte ich, und er stellte daraufhin aufmerksam den Kopf schief.
    Nahebei lag das Messer des Meuchelmörders, ein schweres, recht plumpes Bolo mit breiter Klinge und abgegriffenem Heft aus dunklem Holz. Aller Wahrscheinlichkeit nach war es also ein gewöhnlicher Matrose gewesen. Ich stieß es mit einem Fußtritt fort und dachte nach über die Hand, die ich kurz gesehen hatte – eine große, starke, rauhe Männerhand, aber ohne besondere Kennzeichen, wenn ich mich nicht irrte. Ein, zwei fehlende Finger, so was wäre praktisch gewesen; dabei war immerhin denkbar, daß diese jetzt fehlten: ein Matrose mit einer arg zerbissenen Hand.
    War er mir so weit gefolgt im Dunkeln, über so viele Treppen und Leitern, durch so viele gewundende Gänge? Das war unwahrscheinlich. Er war hier zufällig auf mich gestoßen und hatte die Gelegenheit genutzt und gehandelt – ein gefährlicher Mann. Ich hielt es für besser, unverzüglich nach ihm zu suchen als zu warten, bis er sich erholt und eine Geschichte ausgedacht hätte, um die Handverletzung zu erklären. Falls ich seine Identität lüften könnte, würde ich ihn den Offizieren des Schiffes melden; bliebe dazu keine Zeit oder unternähmen diese nichts, würde ich ihn selber töten.
    Die goldene Kerze hochhaltend, erklomm ich die Treppe zu den Mannschaftsquartieren, wobei das Pläneschmieden viel schneller vonstatten ging als das Laufen. Die Offiziere – der Kapitän, von dem mein toter Steward gesprochen hatte – würde mein Gemach herrichten lassen oder mir ein anderes zuteilen. Ich ließe draußen einen Posten aufstellen, nicht so sehr um mich zu schützen (denn ich wollte mich dort nicht länger aufhalten als ich mußte, um den Schein zu wahren), sondern um meinen Feinden ein Ziel zu bieten, während ich …
    Von einem Moment auf den andern gingen alle Lichter in diesem Teil des Schiffes an. Ich konnte die freitragende Metalltreppe sehen, auf der ich stand, und durch das schwarze Metallgeflecht der Trittflächen die hellen Gelb- und Grüntöne des Vivariums. Zu meiner Rechten verlor sich gedämpfter Lichterschein in perlmutterartigem Nebel. Die ferne Wand zur

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