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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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Yesod abgesetzt hatte, groß wie das, das mich von der Urth zum Schiff gebracht hatte. Überhaupt war es vermutlich dasselbe Fahrzeug.
    »Manchmal gehen sie mit dem großen viel näher heran«, erklärte uns die Matrosin, die uns als Begleitung zugeteilt wurde, als wir an Bord kamen. »Aber dann geraten sie ungewollt in jemandes Blickfeld. Also werdet ihr einen Tag bei uns sein.«
    Ich bat sie, mir die Sonne von Urth zu zeigen, was sie gern tat. Die Sonne war ein bloßer roter Klecks über der Reling, und alle ihre Welten, auch Dis, waren lediglich Punkte, die verschwanden, wenn sie die trübe Scheibe kreuzten.
    Ich versuchte den schwachen weißen Stern zu zeigen, der ein Teil von mir war; aber die Matrosin entdeckte ihn nicht, und Burgundofara wirkte erschrocken. So gingen wir denn bald ins Deckhaus.
     

 
Die Rückkehr zur Urth
     
    Ich war mir nicht sicher, ob aus Burgundofara und mir ein Paar würde; allerdings wurde uns eine Einzelkabine zugeteilt (die vielleicht nur ein Zehntel der Größe der Prunkgemächer ausmachte, die ich in meiner letzten Nacht an Bord bewohnt hatte), und als ich sie umarmte und entkleidete, sträubte sie sich nicht. Sie war längst nicht so gut im Bett wie Gunnie, aber natürlich keine Jungfrau mehr. Seltsam, der Gedanke, daß Gunnie nur ein Mal bei mir gelegen hatte.
    Ihr jüngeres Selbst gestand mir hernach, noch von keinem Mann zärtlich behandelt worden zu sein, küßte mich dafür und fiel in Schlaf. Ich hatte mich nie für einen sanften Liebhaber gehalten; jetzt lag ich für eine Weile wach, dachte darüber nach und lauschte, wie ich mir vorgenommen hatte, den Jahrhunderten, die den Schiffsrumpf umspülten.
    Vielleicht waren es auch nur die Jahre, die Jahre meines Lebens. Als ich mein geheiltes Bein spürte und später im Prunkgemach das seltsame Gesicht rasierte, glaubte ich zunächst, die Jahre seien von mir genommen worden, wie Gunnie es für sich erhoffte. Nun verstand ich, daß dem nicht so war.
    Es war lediglich so, daß der Schaden, den ein anonymer ascischer Speer, Agias Krallen und die Zähne der Vampirfledermaus angerichtet hatten, aufgehoben war. Ich war der Mann, der ich ohne diese (und vielleicht andere) Wunden gewesen wäre, und so kam es, daß mein Gesicht das Gesicht eines Fremden war – denn was ist befremdender als man selbst und was handelt unerklärlicher? Ich war Apu-Punchau, den ich in der steinernen Stadt hatte auferstehen sehen. Ich hatte es für Jugend gehalten, so daß ich nun trauerte um die Jahre, die ich hätte haben können. Vielleicht werde ich eines Tages abermals an Bord von Tzadkiels Schiff gehen, um nach wahrer Jugend zu streben, wie es Gunnie getan hat; aber sollte ich dabei noch einmal nach Yesod gebracht werden, so bliebe ich dort, falls es gestattet wäre. In Jahrhunderten vielleicht mag jene Luft die Jahre von mir abwaschen.
    Als ich über diese und die paar, die davor kämen, nachdachte, gewann ich den Eindruck, daß mein Verhalten gegenüber Frauen nicht von meinem Willen abhängig war, sondern von deren Haltung mir gegenüber gelenkt wurde. Ich war nicht gerade zimperlich bei der Khaibit Thecla im Azurnen Haus, zart und zaghaft wie jeder unberührte Knabe bei der echten Thecla in ihrer Zelle, liebestoll zunächst bei Dorcas, schnell und derb bei Jolenta (die ich quasi vergewaltigt habe, obwohl sie es gewollt hat, wie ich damals geglaubt habe und noch heute glaube). Von Valeria habe ich bereits zuviel gesagt.
    Dennoch kann dies nicht für alle Männer gelten, begegnen doch viele allen Frauen gleich; vielleicht galt es auch für mich nicht.
    Mit diesen Gedanken schlief ich ein; als ich wach wurde, merkte ich, daß ich mich auf die andere Seite gedreht hatte und Burgundofara nicht mehr in meinen Armen lag. Ich döste wieder ein, erwachte wieder, stand auf, weil ich nicht mehr schlafen konnte und mich, warum weiß ich nicht, danach sehnte, den Weißen Born zu sehen. So leise wie möglich legte ich das Halsband an, um auf Deck zu gehen.
    Die grenzenlose Nacht des Alls war beinahe bezwungen. Die Schatten der Masten und auch mein Schatten lagen in schwärzestem Schwarz auf den Planken, und die Alte Sonne hatte sich vom fernen Stern zur Scheibe gewandelt, die groß wie Luna war. Ihr Schein ließ den Weißen Born ferner und schwächer denn je wirken. Die Urth war vom roten Feuerball abgerückt und stand, sich wie ein Kreisel drehend, hinterm Bugspriet.
    Der wachhabende Offizier kam zu mir und sagte, ich solle lieber nach unten gehen. Wohl nicht

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