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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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den wogenden Wolken zeigten, und gelegentlich das flüchtige Braun oder Grün von Land.
    »Eine hübsche Welt«, sagte ich. »Vielleicht nicht so hübsch wie Yesod, aber trotzdem hübsch.«
    Der Kapitän zuckte mit der Achsel. »Wir könnten sie so toll wie Yesod machen, wenn wir wollten.«
    »Das werden wir auch tun«, erklärte ich. Erst als ich es aussprach, wußte ich, daß es meine Überzeugung war. »Das werden wir, wenn alle von uns gegangen und wiedergekehrt sind.«
    Die Wolken wurden ruhiger, als hätte irgendein Magier einen Zauberspruch gehaucht oder eine Frau die Brust entblößt. Schon wurden unsre Segel eingeholt. Die Wachhabenden schwärmten hoch, um sicherzustellen, daß alles ordentlich vertäut war.
    Als sie wieder herabsprangen, bestrich uns ein erster Wind der Urth, der nicht spürbar war, aber (wie die Hand eines Chorleiters) die ganze Welt der Laute zum Erklingen brachte. Die Masten geigten wie ein Rebec zum Chor der Takelung.
    Im nächsten Moment schwankte das ganze Schiff und neigte sich hecklastig, bis die sonnenbeschienenen Wolken der Urth hinterm Achterdeck sichtbar wurden. Burgundofara und ich mußten uns an Relingpfosten festklammern.
    Der Kapitän, der mit einer Hand locker ein Fall hielt, lachte uns aus und sagte: »He, ich dachte, das Mädchen sei Matrosin. Bring ihn her, Kleine, oder wir schicken dich als Küchenjunge in die Kombüse.«
    Ich hätte Burgundofara geholfen, wenn ich gekonnt hätte, und sie versuchte, mir beizustehen, wozu der Kapitän sie aufgefordert hatte; aneinandergeklammert schafften wir es somit, uns aufrecht hinzustellen auf dem Deck (das nun steiler war als viele Treppen, obwohl es glatt wie ein Tanzboden wirkte) und gar ein paar vorsichtige Schritte zu tun.
    »Ihr müßt noch ’ne Weile üben, bevor aus euch Seeleute werden«, erklärte er uns. »Wie schade, daß ich euch nun an Land bringen muß. Ich würde gescheite Matrosen aus euch machen.«
    Mühsam konnte ich äußern, daß sich die Landung auf Yesod weniger ungestüm abgespielt habe.
    Er wurde ernst. »Dort hattet ihr wenig Potential abzugeben, nicht wahr? Ihr hattet es bereits abgegeben, um die höhere Ebene zu erreichen. Wir sind hier völlig ungebremst hereingekommen, als würden wir auf den Stern fallen. Bleibt vorerst weg von der Reling. Der Wind dort läßt euch die Haut an den Armen verglühen.«
    »Schützen denn unsre Halsbänder nicht davor?«
    »Sie bauen ein gutes Feld auf, ohne das ihr brutzeln würdet wie Schweinegrieben. Aber sie haben nur eine begrenzte Leistung wie jede andere Maschine auch, und dieser Wind … Nun, er ist zu dünn zum Atmen, aber würde der Kiel nicht die ganze Wucht brechen, würde es uns wegpusten.« Schon glühte das Apostis wie eine Esse; allmählich erlosch die Glut und nahm das Schiff wieder eine normale Position ein, obwohl der Wind noch durch die Takelung pfiff und die Wolken unter uns dahinschossen wie Schaumtupfer im Mühlgerinne.
    Der Kapitän stieg auf sein Achterdeck, und ich folgte ihm und fragte, ob wir unser Halsband nicht abnehmen könnten. Er deutete kopfschüttelnd aufs Takelwerk, das nun mit Eis überkrustet war, und erklärte, wir könnten es ohne nicht lange aushalten auf Deck und ob mir denn die frische Luft nicht aufgefallen sei.
    Ich bejahte zwar, aber wandte ein, ich hätte mich zu täuschen geglaubt.
    »Die Luft vermischt sich«, erklärte er mir. »Bei fehlender Luft zieht das Amulett alle Luft zusammen, die an den Rand des Felds strömt. Aber es kann nicht unterscheiden zwischen angezogener Luft und Luft, die der Wind durch die Druckhülle hereindrückt.«
    Wie der Tender Kielwasser haben konnte über den Wolken, das verstehe ich nicht. Jedenfalls zog er eine lange weiße Kielwelle hinter sich her, die den Himmel überspannte. Ich berichte lediglich, was ich gesehen habe.
    Burgundofara sagte: »Ich wäre gern an Deck gewesen bei der Abfahrt von Urth. Selbst als wir das große Schiff erreichten, mußten wir unter Deck bleiben bis nach der Erstausbildung.«
    »Ihr hättet nur im Weg gestanden«, erklärte der Kapitän ihr. »Sobald wir die Atmosphäre hinter uns gelassen haben, werden sämtliche Segel gesetzt. Da gibt’s also alle Hände voll zu tun. War es dieses Schiff?«
    »Ich glaube schon.«
    »Und jetzt kommst du zurück als Persönlichkeit, die namentlich erwähnt ist in Tzadkiels Befehlen. Gratuliere!«
    Burgundofara schüttelte den Kopf. Da genügend Wind durchdrang, sah ich ihre dunklen Löckchen hüpfen. »Ich weiß nicht mal,

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