Die Vampire
All dies gemahnte ihn an die letzten Augenblicke im Leben von Liz Stride. Und an Pamela. Beide waren sie verloren, beide hatte gnädig der Tod ereilt. Er war entschlossen, um Geneviève Dieudonné zu kämpfen. Wenn er es nicht einmal vermochte, ein Leben zu erhalten, wozu war er dann noch gut? Sie versuchte zu sprechen, doch er hielt sie zum Schweigen an. Er pflückte einen zerquetschten Schmetterling aus ihrem Haar und schnippte ihn fort. Ihr Kopf saß schief auf ihrem abgeknickten Hals, ein Knochen ragte unter der Haut hervor. Eine warmblütige Frau wäre längst tot gewesen.
Der Pöbel, der sich an dem Duell erfreut hatte, machte sich daran, die Marktbuden wieder aufzubauen. Ein paar Strolche bummelten umher, in der Hoffnung, dass sie noch mehr Blut zu sehen bekämen. Beauregard hätte den einen oder anderen von ihnen am liebsten mit einem Kung-Fu-Tritt niedergestreckt, und sei es nur, um den Umstehenden ein Schauspiel zu bieten.
Clayton kehrte mit einer kleinen, dicken Frau zurück. Es war Mrs. Amworth, die neugeborene Krankenwärterin. Ein zweiter Mann von der Hall, Morrison, befand sich bei ihnen; er trug eine Arzttasche in der Hand.
»Dr. Seward ist ausgegangen«, erklärte Mrs. Amworth. »Sie werden mit mir vorliebnehmen müssen.«
Die Krankenwärterin schob ihn sanft beiseite und ging neben Geneviève auf die Knie. Er hielt noch immer ihre Hand, und sie fuhr zusammen, als sich ihr Arm bewegte.
»Sie müssen loslassen«, sagte Mrs. Amworth.
Er ließ ihre Hand sinken und legte den Arm an ihre Seite.
»Schön, schön, schön«, murmelte Mrs. Amworth vor sich hin, während sie Genevièves Rippen betastete. »Die Knochen wachsen ordentlich zusammen.«
Hustend versuchte Geneviève sich aufzusetzen, sank jedoch sogleich wieder zu Boden.
»Ja, das tut weh«, girrte Mrs. Amworth, »aber nur so werden Sie wieder gesund.«
Morrison öffnete die Tasche und stellte sie griffrecht neben Mrs. Amworth hin. Sie holte ein Skalpell daraus hervor.
»Sie wollen sie doch nicht etwa aufschneiden?«, fragte er.
»Nur ihr Kleid.«
Die Krankenwärterin schob Geneviève die Klinge an der Schulter in die décolletage, machte einen Schnitt den Arm entlang und nahm die Überreste ihres Ärmels fort. An Genevièves Oberarm waren violette Flecke, die Mrs. Amworth nun mit beiden Händen quetschte. Knackend sprang der Gelenkkopf in die Pfanne. Die schwarzblauen Quetschungen begannen zu verschwinden.
»Jetzt kommt das Schwerste«, sagte Mrs. Amworth. »Ihr Genick ist gebrochen. Wenn wir es nicht rasch wieder richten, wachsen die Knochen falsch zusammen, und wir müssen ihr noch einmal das Rückgrat brechen, damit sie in Ordnung kommt.«
»Kann ich behilflich sein?«
»Sie und Morrison nehmen sie bei den Schultern und packen aus Leibeskräften zu. Sie, Kutscher, setzen sich auf ihre Beine.«
Clayton war entsetzt.
»Nun haben Sie sich doch nicht so. Sie wird es Ihnen danken. Vielleicht bekommen Sie sogar einen Kuss dafür.«
Der Kutscher ließ sich schwerfällig auf Genevièves Knien nieder. Beauregard und Morrison umklammerten ihre Schultern. Nur ihr Kopf war jetzt noch frei. Beauregard schien es, als versuchte
Geneviève zu lächeln. Sie entblößte ihre fürchterlichen Zähne.
»Gleich wird es ein wenig wehtun, meine Liebe«, warnte Mrs. Amworth.
Die neugeborene Krankenwärterin hob Genevièves Kopf und schob ihr die Hände unter die Ohren, bis sie festen Halt gefunden hatte. Zunächst bewegte sie den Kopf ein wenig hin und her und zog Geneviève den Hals lang. Diese schloss fest die Augen und sog die kalte Nachtluft durch die Zähne, welche wie die beiden Hälften eines Fallgatters ineinandergriffen.
»Versuchen Sie zu schreien, meine Liebe.«
Die Patientin nahm sich den Rat zu Herzen und stieß einen langgezogenen Schmerzensschrei hervor, als Mrs. Amworth Genevièves Schädel mit einem festen Ruck auf deren Wirbelsäule zurückbugsierte. Dann setzte sie sich rittlings auf die Patientin, nahm deren Hals in den Würgegriff und presste einen Wirbel nach dem anderen an seinen rechtmäßigen Platz. Beauregard sah, wie viel Kraft diese Behandlung die Wärterin kostete. Ihr sanftmütiges Gesicht war puterrot angelaufen, und die Fangzähne ragten ihr aus dem Mund. Trotz allem, was vorgefallen war, erregte die Verwandlung seinen Widerwillen.
Die vier erhoben sich, während Geneviève sich noch am Boden wand und krümmte. Ihr Geschrei war jetzt nur mehr ein schrilles Winseln. Sie schüttelte den Kopf, und ihr Haar peitschte
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