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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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und der ist davon überzeugt, der Krieg sei längst gewonnen und über Berlin flattere der Union Jack.«
    »Ich bitte um Verzeihung. Sie müssen mich entschuldigen, aber ich bin schrecklich müde …«
    Kate ignorierte seinen Sarkasmus und fuhr fort. »Wenn das Geschwader Condor Erkenntnisse gewinnen soll, dann dient das JG1 ganz offensichtlich dazu, diese Informationen geheimzuhalten.«
    Allard brach in bitteres Gelächter aus. »Nicht unbedingt. Richthofen befehligt einen Zirkus. Eine Varietétruppe, ein Tingeltangel. Ein Kampfflieger hat auf den Krieg nur wenig Einfluss,
ganz gleich, wie viele Siege er erringt. Ein unbewaffneter Aufklärer hingegen, dem eine scharfe Aufnahme der feindlichen Abwehrstellungen gelingt, kann eine ganze Schlacht entscheiden. Ein Flieger-Ass ist viel zu sehr damit beschäftigt, seine Abschussbilanz zu verbessern, um einen Blick nach unten zu werfen.«
    Kate verzog nachdenklich das Gesicht und machte eine wegwerfende Geste. Wenn sie die Gewalt über ihr Mienenspiel verlor, wirkte sie trotz ihrer Brille überaus anziehend. In ihren warmblütigen Tagen war sie Pamelas beste Freundin gewesen. Manchmal gebrauchte Kate eine Formulierung seiner verstorbenen Frau, und das verwirrte ihn. Es war, als ob die tote Pamela durch ihre untote Freundin zu ihm spräche.
    »Bei allem Respekt, Captain, aber es kann doch nicht allein um Schlagzeilen gehen. Dafür ist das alles viel zu kompliziert. Das JG1 verfolgt ein geheimes Ziel, ebenso wie das Geschwader Condor.«
    Allard schwieg.
    »Ich finde, Sie sollten jetzt Ihre Sachen packen«, sagte Beauregard.
    Kates Wangen röteten sich. »Ich bin nicht verhaftet? Und werde nicht gepfählt?«
    »Sie würden gern als Märtyrerin sterben, nicht wahr?«, fragte Beauregard. »Für welche Sache? Das Banner Draculas?«
    Das war nicht nett: Im Lauf der Jahre hatte sie sich oft genug in Gefahr begeben, um ihre Opposition gegen Dracula unter Beweis zu stellen. Und doch ärgerte er sich über sie.
    »Gewiss nicht für Lord Ruthven und seine Freunde und Genossen. Für die Wahrheit, vielleicht. Sie wäre es womöglich wert, dieses mein Vampirblut zu vergießen.«
    »Ach, lassen Sie mich doch in Frieden, Kate. Nach solchem Theater steht mir wahrhaftig nicht der Sinn.«
    Plötzlich schlang Kate zu seinem Erstaunen die Arme um ihn
und presste ihr Gesicht an seine Brust. Sie hielt ihn fest umklammert, ohne ihn jedoch zu erdrücken. Manchmal wusste sie ihre Kraft wohl zu dosieren.
    »Es tut mir leid, Charles«, sprach sie in seinen Kragen, so leise, dass Allard und Dravot sie nicht hören konnten.
    Seine Bisswunden brannten. Er drückte Kate an sich. Er musste an die Arme einer anderen Vampirfrau denken: Bisweilen erinnerte Kate ihn auch an sie. Ihm war, als gäbe es auf der ganzen Welt nur eine Frau mit einem Dutzend Masken, die ihn immerzu anlachte.
    Dravot war aufgesprungen, um die Reporterin von Beauregard zu trennen und ihr die Arme auszureißen wie einem Brathähnchen die Flügel. Beauregard bedeutete dem Sergeant, sich nicht vom Fleck zu rühren.
    »Dennoch werde ich Mina Harker veranlassen, Sie zu versetzen.«
    »Ich weiß«, sagte sie und tätschelte ihm die Brust, »denn das ist Ihre Pflicht. Sie müssen Ihre Pflicht erfüllen und ich die meine. Pflichterfüllung. Der Fluch unserer Generation. Schließlich sind wir die letzten Viktorianer.«
    Ihm war nicht nach Lachen zumute. Die Verluste der vergangenen Nacht waren zu schrecklich, um sie mit einem Achselzucken abzutun.
    »Captain Allard, würden Sie Miss Reed zu ihrer Sanitätseinheit zurückbringen lassen? Auf möglichst unbequeme, unwürdige Weise?«
    Allard meinte, er könne einen Karren besorgen.
    »Wir stellen ihr am besten einen Wachposten zur Seite. Falls sie auf die Idee kommt, einen Fluchtversuch zu unternehmen.«
    Allard nickte. Er hatte einen guten Mann in petto.
    »Ich erweise Ihnen einen großen Gefallen, Kate. In etwa einer Stunde werden wir Mr. Caleb Croft aus Downing Street Nummer
zehn Bericht erstatten. Da er in den achtziger Jahren Preise auf Ihren Kopf auszusetzen pflegte, werden Sie sich an diesen Gentleman gewiss erinnern. Hat man Sie eigentlich von allen Vorwürfen der Anstiftung zum Aufruhr freigesprochen?«
    Kate machte große Augen, die durch ihre Brille noch größer wirkten, und ein schelmisches Grübchen erschien auf ihrer Wange.
    »Ich kann mich gut an Mr. Croft erinnern. Leitet er eigentlich immer noch die britische Ochrana?«
    »In Großbritannien gibt es keine Geheimpolizei«,

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