Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman

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Seele mit hinab.

    Ein scharfer Schmerz riss ihn aus seinem Halbschlaf. Ein Dorn stach in sein Handgelenk. Die Feuer waren heruntergebrannt und tauchten die Höhle der Troglodyten in höllisches, rotglühendes
Licht. Die Kreaturen lagen reglos in ihren Särgen. Winthrop hatte keine Ahnung, wie spät und welcher Tag es war.
    Irgendwo bewegte sich etwas. Da er den Kopf nicht wenden konnte, verdrehte er die Augen so weit wie möglich nach links und rechts. Hier oben konnten ihm die Ratten nichts anhaben.
    Ball krümmte sich an seinem Haken. Winthrop sah die aufgerissenen Augen des Piloten und seinen roten Mund. Ball hatte sich hochgezogen, seine ohnehin verrenkten Arme noch weiter verrenkt, und presste die Hüfte gegen die Wand. Er nagte an dem Seil um seine Handgelenke. Dann nagte er an seinen Handgelenken.
    Als Ball sah, dass Winthrop wach war, nickte er ihm schweigend zu. Mit spitzen Zähnen zerrte er an seinem Handgelenk, bis unter der verbrannten Haut blutrotes Fleisch zum Vorschein kam. Er kaute an weißen Sehnen und blanken Knochen. Je tiefer seine Hauer drangen, desto mehr Vampirblut tropfte zu Boden. Schwejk schnaubte im Schlaf. Aus Angst vor einem Angriff hielt Ball einen Moment lang inne, dann setzte er seine Bemühungen fort.
    Winthrop kam sich nutzlos vor. Er wusste nicht, was tun. Ball hatte sich alles Fleisch vom Handgelenk genagt. Seine skelettierte, von blasser Haut umhüllte Hand ballte sich zur Faust. Die Schlinge hatte sich gelockert, aber nicht gelöst. Silber schimmerte zwischen den Litzen. Dies war der erste Krieg, in dem Reepschläger Seile fabrizierten, die ausschließlich zur Fesselung von nosferatu dienten.
    Ball umklammerte den Haken mit der rechten Hand. Seine rot gefärbten Zähne verkeilten sich zu einem schiefen Grinsen, seine Wangenmuskeln mahlten angestrengt, während der Pilot all seinen Mut zusammennahm und aus Leibeskräften zog. Er unterdrückte ein Stöhnen, als sich das Seil zwischen den Knochen seines linken Handgelenks verfing. Die Faust öffnete sich wie
ein Seestern und streckte ihre toten Finger von sich. Eine Arterie platzte. Ball zog ein zweites Mal, die Knochen brachen, und die Hand fiel mit einem feuchten Klatsch zu Boden. Aus dem Stumpf quoll Blut. Endlich frei, baumelte Ball am Haken und verknotete vor lauter Schmerz die Beine.
    Selbst Winthrop roch das satte Vampirblut. Die schlafenden Troglodyten wurden unruhig, ihre Nüstern zuckten, das Wasser lief ihnen im Mund zusammen, und sie kratzten mit scharfen Klauen an den Deckeln ihrer Särge. Als Ball den Haken losließ, stürzte er nicht etwa mit einem Rumms zu Boden, sondern rutschte leise an der Wand hinab. Einen Augenblick lang befürchtete Winthrop, sein Kamerad habe sich so sehr verausgabt, dass er beim Aufprall das Bewusstsein verloren hatte.
    Ball hielt sich mit der gesunden Hand den Stumpf. Blut sickerte zwischen seinen Fingern hervor. Schamhaft senkte er den Schädel und leckte sich die Wunde, trank von seinem eigenen Saft, wie Isolde im Théâtre Raoul Privache. Obgleich dies unter Vampiren als pervers galt, verschaffte ihm sein Blut sichtlich Erleichterung.
    Ein Troglodyt setzte sich kerzengerade auf, und pfahldicke Fangzähne sprossen ihm aus dem Maul. Es war Plumpick, ein irrer Schotte mit sanften Augen. Geschmeidig wie ein Panther ließ Ball seinen Stumpf vorschnellen und stieß ihn Plumpick in die Brust. Der scharf gezackte Knochen drang zwischen die Rippen und bohrte sich ins Herz. Die Augen des Deserteurs erloschen, und seine Zähne zerbröckelten wie Zuckerwerk. Das Gewicht des toten Blutsaugers ließ Ball vornüberkippen, so dass er auf Plumpicks Sarg zu liegen kam.
    Kurz entschlossen ballte Ball die rechte Faust um seinen linken Arm, brach ihn am Ellbogen entzwei, machte sich los und ließ seine Unterarmknochen in Plumpicks Herz zurück. Der Schotte zerfiel schneller, als er erwartet hatte.
    Winthrop krümmte sich an seinem Haken und versuchte, sich
rücklings an der Wand hinaufzuschieben. Er wusste, es war hoffnungslos, Balls Bravourstück wiederholen zu wollen.
    Ball schlich still und leise durch die Höhle, schlängelte sich zwischen den Särgen hindurch und baute sich vor Winthrop auf. Ein Untoter wie er, der über ungeheure Kraft verfügte, hätte Winthrop ohne weiteres bei den Hüften packen und ihn von seinem Haken befreien können. Wenn er beide Arme gehabt hätte.
    Es war ein kompliziertes Unterfangen. Ball ließ seinen Arm zwischen Winthrops Beine gleiten, schob ihm den Handteller unter