Die Vampire
weinenden Fenstern zum Parco de Traiano kam. Aber dort gehörte sie hin, dorthin, wo Charles gelebt hatte, wo es Antworten gab und ein Ende.
Auf der Straße war Vampirblut. Gegenüber dem Haus stand ein Sportwagen geparkt, dessen Heck mit Einschusslöchern übersät war. Es waren nur wenig Leute unterwegs, was seltsam war. Sonst wimmelte Rom von Menschen. Jedes Mal, wenn keine Statisten mehr zu sehen waren, geschah etwas Schlimmes.
Eine Frau kam aus Charles’ Wohnhaus. Geneviève? Nein, die Frau war dunkelhaarig. Penelope. Sie trug Schwarz. Einen mittellangen Mantel von Gherardi mit passenden Strumpfhosen und Pumps. Ihre Haare waren nach oben unter einen adretten schwarzen Hut gesteckt.
»Katie«, erwiderte Penelope ihren Gruß. »Ich habe Neuigkeiten.«
»Ich auch, Penny.«
Penelope schnupperte anmutig und sah zu Boden.
»Das ist Blut«, stellte sie fest.
Panik brandete über Kate hinweg.
»Penny«, sagte sie, »wir sind einmal Freundinnen gewesen. Du musst mir helfen. Der scharlachrote Henker ist hinter Geneviève her.«
Penelope war verblüfft. »Wovon sprichst du?«
»Von dem Vampirmörder.«
»Du weißt es noch nicht«, sagte Penny sanft, als wäre alles in Ordnung, alles schick und schön und abgehakt. »Draculas Mörder ist verhaftet. Du darfst die Stadt wieder verlassen.«
Kate musste zu ihr durchdringen.
»Es gibt noch einen anderen Mörder. Vielleicht eine Armee von Mördern. Unter dem Befehl einer Frau, die älter als jeder Älteste ist. Einer wirklich monströsen, wirklich grausigen Frau. Glaub mir, ich bin ihr begegnet. Sie würde dir nicht gefallen.«
Penelope betrachtete die Blutspur. Ihre Augen röteten sich leicht. »Ist das nicht ein bisschen … sehr praktisch?«
Kate verstand nicht.
»Ebenso gut hätte man Pfeile auf das Pflaster pinseln können. Wir werden bei der Nase geführt, zum Kolosseum.«
»Geneviève ist in Gefahr.«
»Die Französin?«
Kate fiel wieder ein, dass Penelope Geneviève nicht hatte leiden können, nur hatte sie gedacht, dass die Feindschaft durch die gemeinsame Trauer über Charles’ Tod weggespült worden sei. Während Kate sich mit Marcello vergnügt hatte, waren Geneviève und Penelope doch miteinander ins Reine gekommen, oder nicht?
Penelope traf eine Entscheidung. »Na gut, Katie, ich komme mit. Aber etwas stimmt an dieser Sache ganz und gar nicht. Merkst du das? Jemand hat auf diesen Aston Martin geschossen. Riechst du es? Nicht das Blut, das Cordit.«
Charles hätte einen Blick auf die Straße geworfen und anhand der verschmierten Fußabdrücke gewusst, ob Geneviève allein gewesen war, ob sie verfolgt worden war oder jemanden verfolgt hatte und mit welcher Geschwindigkeit. Solche Kunststücke hatte er von den Besten gelernt.
Penelope hatte Recht. Die Spur war zu auffällig. Aber ihnen blieb keine andere Wahl.
»Komm schon, du Transuse«, sagte Penelope und stiefelte los.
Die uralten Tribünen des Kolosseums waren nicht leer. Obwohl Geneviève sich darauf konzentrierte, beständig Steinsäulen zwischen sich und dem Muskelmann in Rot zu haben, war sie sich
der Schattengestalten bewusst, die durch die Reihen hereinströmten und ihre Plätze aufsuchten, um sich das Spektakel anzusehen. Sie fragte sich, wie viel die Karten wohl kosteten, dann fiel ihr ein, dass solche Veranstaltungen grundsätzlich zu Lasten des Kaisers stattgefunden hatten, als Geschenk an das römische Volk. Brot und Spiele. Damit es stillhielt.
Bond war hier unten im Labyrinth, aber auf ihn konnte sie nicht zählen. Er war zum Feind übergewechselt. Nicht auf Brastows Seite, sondern zu jemand Altem und Mächtigem, zur Mutter der Tränen.
Sie zog die Schuhe aus und ging auf Zehenspitzen weiter, huschte flink zwischen den Säulen hindurch, als wären es Bäume in einem Wald. Ihre Fangzähne und Krallen waren ausgefahren, obwohl sie fürchtete, dass sie gegen silberne Schwerter und Speere aus Hartholz auch nichts ausrichten konnten.
Es war verstörend, dass sie den scharlachroten Henker nur zweimal ganz kurz hatte sehen können, als rotes Aufblitzen. Er war warmblütig. Sie hätte ihn riechen können müssen, jederzeit wissen müssen, wo er war und wie nahe. Sie war die Jägerin der Nacht, die Vampirälteste, diejenige, die Jahrhunderte überlebt hatte. Sie hätte die Favoritin sein müssen.
Und doch hatte der Henker Älteste getötet.
Anton Voytek und Anibas Vajda waren gefährlicher gewesen als sie, und es hatte ihnen nichts genutzt. Manche der Ältesten, die der
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