Die Vampire
Außenrund bildeten, standen wieder, ebenso der halbe, schlampig ausgeführte Anbau obenauf, der eine Ebene aus Holz ersetzte, die 217 - durchaus glaubhaft - von einem göttlichen Blitzstrahl getroffen worden war. Die Ränge waren noch immer vorhanden und warteten auf die Rückkehr der Zuschauermengen, aber der Boden der Arena - wo die Schlächtereien stattgefunden hatten - fehlte und gab den Blick auf das darunterliegende Labyrinth aus Tunneln und Kammern frei.
»Ich bin ihm hierhergefolgt«, sagte Bond. »Er hat mich an Ihrer Wohnung vorbeigeführt. Ich nahm das als Zeichen.«
»Das Kolosseum ist eine Touristenattraktion«, sagte sie. »Es wird um diese Zeit geschlossen sein.«
»Ich bezweifle, dass das unseren Gegner sonderlich beeindruckt.«
»Da haben Sie wohl Recht.«
Beda Venerabilis hatte geschrieben: »Solange das Kolosseum steht, solange besteht Rom, wenn das Kolosseum fällt, fällt Rom, wenn Rom fällt, fällt auch die Welt.« Sie wusste nicht recht, ob das eine beruhigende oder bedrohliche Prophezeiung war. Eine Stadt, eine Welt sogar, die durch dieses grausige Gebäude symbolisiert wurde, hatte es wahrscheinlich nicht verdient zu überdauern.
Sie überquerten die Piazza di Colosseo. Geneviève fragte sich, ob auch die Gladiatoren hier entlanggekommen waren. Nein, sie hatten sicher unterhalb der Arena in Ketten gelegen und erst herausgedurft, wenn das Publikum auf seinen Plätzen gewesen war.
Ob Vampire in der Arena gestorben waren? Es hatte im alten Rom nosferatu gegeben. Sie wären eine Sensation gewesen. Geneviève stellte sich Caligula vor - der tot gewesen war, bevor man diesen Ort geplant hatte -, wie er einen Werwolf gegen einen vampirischen Gestaltwandler antreten ließ, die beide ihre Krallen mit silbernen Messern verstärkt hatten, und dem Verlierer den abwärtsgerichteten Daumen zeigte.
Vielleicht änderte sich die Welt ja doch. Langsam.
Andererseits hatte Caligula noch nicht von der Bombe geträumt.
Sie gingen durch den Haupteingang. Er war zu groß, um abgesperrt werden zu können.
Sie roch an den Steinen. Es waren immer noch Spuren von altem Blut daran.
»Sehen Sie«, sagte Bond.
Sie irrte sich. Das Blut war frisch. Es gehörte einem Vampir. Es war absurd zu glauben, das Blut der Gladiatoren steckte noch immer im Erdboden.
Die Spur führte durch den großen Bogen in die Arena.
»Wenn wir den scharlachroten Henker finden, Commander Bond, was dann?«
Er antwortete nicht. Er war nicht mehr da.
Irgendetwas stimmte hier nicht. Bond war nicht alt genug, um sich davonschleichen zu können, während sie kurz wegsah. Sie hätte den Luftzug seines Verschwindens spüren müssen, die winzigen Geräusche hören müssen, die er dabei unweigerlich machte.
War er es gewesen? Oder jemand mit seinem Gesicht?
Auf diese Weise konnte man sie nicht in die Irre führen. Der Mann, der sie hierhergebracht hatte, war auch der Mann, dem sie früher begegnet war. Mit einem Unterschied. Er schien ja beständig zu schauspielern, eine Rolle darzustellen. Nur hatte sich die Qualität seiner Darstellung geändert, sie war plumper geworden, weniger überzeugend. Er hatte zu viel mit den Augenbrauen ausgedrückt. Und von seinem schottischen Akzent war auch nicht mehr viel übrig gewesen.
Geneviève befand sich in einem breiten Durchgang, der von Säulen gesäumt war. Der Boden bestand aus rauem Stein. Blut führte durch das Labyrinth. Eine zu offensichtliche Spur.
Ihre Nackenhaare sträubten sich, und das feine Haar auf den Armen prickelte. Sie fuhr herum und sah einen roten Umriss hinter eine Säule huschen. Ihre Fänge sprangen hervor.
Sie schlich keiner Beute mehr nach. Sie wurde selbst verfolgt.
Es hatte ja so kommen müssen.
Sie war wahrscheinlich die letzte Älteste in Rom. Nun sollte sie das letzte Opfer des scharlachroten Henkers werden.
Aber nicht kampflos.
Kate war immer noch erschüttert. Marcello endgültig zu verlassen, war, als hätte sie sich einen Dorn aus dem Herzen gezogen und weggeworfen. Sie konnte noch nicht sagen, wogegen sie ihn eingetauscht hatte, aber in ihr brannte die sichere Gewissheit, dass sie Seelenheil über Heuchelei gestellt hatte, Liebe über Ego. Dennoch war es weder einfach noch leicht. Was, wenn sie sich irrte?
Wenn sie sich Möglichkeiten verschrieb, die mit Charles und Dracula gestorben waren, anstatt sich der noch ungeschaffenen Welt hinzugeben, die sie mit dem warmblütigen Mann hätte teilen können?
Sie wusste nicht, wie man vom Haus mit den
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