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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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den Tribünen wurden tausend Daumen nach unten gedreht. Das war keine gute Vorstellung gewesen.
    Der Henker drückte einen Daumen gegen ihren Hals, klemmte die Drosselvene ab. Gestohlenes Blut pulste dagegen, kam aber nicht weiter. Ihr Herz schwoll an, ihr Gehirn wurde nicht mehr versorgt. Er konnte ihr den Kopf vom Hals ploppen lassen wie den Porzellanverschluss von einer Bierflasche. Schweinehund.
    Sie krallte nach seinen Seiten, machte sich die Nägel stumpf an blutverschmierter Haut und festen Muskelpaketen.
    Er lachte. Die Zuschauer stimmten mit ein.
    Ihre Fangzähne wurden länger, so dass sie den Mund öffnen musste, zerschnitten ihr die Unterlippe. Aber sie konnte den Kopf nicht bewegen. Sie konnte nur die Nachtluft beißen.
    Sie packte sein Handgelenk, das den Umfang eines normalen Männerschenkels besaß, und grub die gekrümmten Daumenhaken und alle acht Nagelklingen hinein. Sie zerrte und kratzte an den Löchern, hoffte, eine Vene oder einen Nerv zu durchtrennen.
    Der Henker spürte keinen Schmerz.
    Er war nicht einmal ihr wahrer Mörder. Nur die Marionette des
kleinen Mädchens oben auf dem Kaiserpodest. Grausiges, hohles Gelächter drang aus seinem Grinsegesicht.
    Rote Lichter explodierten in ihrem Kopf.
     
    »Wer sind diese ganzen Leute?«, wollte Penelope wissen.
    »Zuschauer«, vermutete Kate. »Der Senat und die Bürger von Rom?«
    »Ach, die«, fauchte Penny.
    Kate sah, dass die Menge auf den Tribünen gemischt war. Zombies ganz hinten, die Gesichter halb von den Knochen gelöst. Auf den guten Plätzen die Bourgeoisie, vereinzelt und steif. Der Pöbel drängte sich dicht an die Arena, verrenkte sich den Hals, um Blut zu riechen. Es mussten auch Leute hier sein, die sie kannte, aber sie erspähte niemanden.
    Nur das kleine Mädchen auf Neros Platz.
    Kate sah, wer dort im Scheinwerferlicht kämpfte. Genau das hatte sie befürchtet. Penny war von dem Spektakel abgestoßen und fasziniert zugleich.
    »Ist das so etwas wie die Wiederkehr der Heiden?«
    »Ich glaube, es ist mehr als das«, sagte Kate. »Diese Kreatur ist die heimliche Herrscherin von Rom. Sie hat die Pflichten der Kaiser auf sich genommen. Vielleicht waren es schon immer ihre eigenen Pflichten, und sie hat sie den Kaisern nur ein paar Jahrhunderte lang überlassen. Das hier sind ihre Spiele, Geschenk und Machtdemonstration zugleich.«
    Penelope begriff allmählich, aber Kate konnte nicht darauf hoffen, ihr in der wenigen Zeit, die ihnen blieb, alles zu erklären. Der Kampf, in den sie hineingeplatzt waren, war fast vorbei. Der scharlachrote Henker hielt Geneviève hoch, als einen Tribut an die Mater lachrymarum, und wartete auf das kaiserliche Urteil.
    Kate schob sich weiter, bahnte sich einen Weg den Gang hinab,
zur eigentlichen Arena hinunter. Penelope folgte ihr, ermahnte die verärgerten Zuschauer, die von Kate beiseitegestoßen worden waren, mit einem Aufblitzen ihrer Fänge und einem vernichtenden englischen Starrblick zur Ruhe.
    »Verflixte Südländer, hm?«, schimpfte sie. »Mit ihren barbarischen Stierkämpfen.«
    Kate hatte nicht vor, Fuchs- und Wildschweinjagden dagegenzuhalten.
    Das Jubeln und Rufen verebbte. Selbst das hohle Lachen des Henkers verklang. Das monströse Kind erwog sein Urteil.
    Kate flankte über ein Geländer und landete in der Arena. Überall um sie herum waren geborstene Säulen. Penelope ließ sich langsam hinuntersinken und klopfte sich Staub von ihrem guten Mantel.
    »Du«, befahl Penny. »Lass diese Frau herunter.«
    Der Kopf des scharlachroten Henkers fuhr herum wie ein Mechanismus.
    Er lachte, ein Ton, der Kate grässlich vertraut war.
    Sie spürte den Zug von Schnüren an ihrem Geist. Wenn die Mutter der Tränen eine Marionette aus ihr gemacht hatte, um Dracula zu vernichten, dann konnte sie auch jetzt ihren Verstand übernehmen. Da war sie hierhergeeilt, um Geneviève zu helfen, und nun wurde sie vielleicht gezwungen, Penelope festzuhalten, während der scharlachrote Henker ihre Freundin erledigte …
    Nein. Sie war keine Marionette.
    Der britische Vampir, von dem sie wusste, dass er ein Spion war, trat hinter einer Säule hervor und richtete eine Waffe auf Kate und Penny.
    »Commander Bond?«, sagte Penelope.
    Er war hier die Marionette. Er war schon immer ein kümmerlicher Charakter gewesen, der sich allzu leicht in ein Klischee fügte. Das machte ihn angreifbar. Er war die Sorte Mann, die immer
eine Mutter brauchte, an der man sich festhalten konnte und die hinter einem aufräumte.
    Zum ersten

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