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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lewis Harris
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den Fingerspitzen die Wange, was sich wie zarte Federn anfühlte. »Du musst deiner lieben Mutter meinen Dank ausrichten - falls sie mir je verzeihen kann.«
    Ihr verzeihen? Ich verstand nicht mal die Hälfte von dem, was diese alte Lady redete. Ob die gute Frau senil war?
    Lenora Bones kicherte. »Ha! Nicht ganz! Aber ich bezweifle, dass ich einen besonders guten Einfluss auf dich habe, Svetlana. Jedenfalls glaube ich nicht, dass deine Mutter es so sehen würde! Natürlich braucht sie davon eigentlich nichts zu erfahren. Das wäre das Beste, denke ich.«
    »Wovon braucht sie nichts zu erfahren?«
    »Vielleicht sollten wir erst davon kosten, bevor wir anfangen?« Sie zog die Leckereien aus der Tüte und verteilte sie auf Desserttellern, wobei sie zwei Riesenstücke von der Torte abschnitt und die dickflüssige Erdbeersoße drüberkippte, bis der Kuchen nicht mehr zu sehen war. »Schön und rot«, verkündete sie und blickte belustigt von den randvollen Tellern auf mein verwundertes Lächeln.
    »Haben Sie...«

    »Oh ja«, flötete die alte Lady und schob sich einen Löffel mit Erdbeeren in den Mund. »Mmmh. Ich habe eine starke Vorliebe für alles Rote.« Sie blinzelte. »Gehen wir auf die hintere Veranda, ja? Ich habe uns dort schon Himbeertee hergerichtet.«
    Sie nahm ihren Kuchen, griff sich das ledergebundene Buch im Vorbeigehen vom Küchentisch, schob die Glastür mit einem Schnallenstiefel auf und rief mich, ihr zu folgen.
    Die hintere Veranda war eine halbmondförmige Terrasse aus lehmfarbenen Steinplatten, die von den ausgreifenden Ästen einer Eiche beschattet wurde. Ein Rotkardinal plantschte in einem rostigen Vogelbad, schwang sich in die Luft und flog in den warmen Nachmittag davon. An einem schmiedeeisernen Tisch standen zwei Polsterstühle. Dampf stieg aus der Tülle einer Porzellankanne, die auf einem Silbertablett stand. Die alte Lady goss heißen, rosafarbenen Tee in feine Tassen und gab sich etwas Milch dazu. »Du auch?«, fragte sie.
    »Gern«, sagte ich und sah zu, wie sie mit altersfleckigen Händen Milch in meinen Tee schüttete. Mit einer Silberzange tat ich zwei Stück Würfelzucker in meine Tasse.
    Mrs Bones musterte mich über den Rand ihrer Tasse. »Ich wüsste gern, was du am liebsten liest, Svetlana.«

    Ich warf einen raschen Blick auf das große schwarze Buch, das sie an den Rand des Tisches gelegt hatte, nippte am Tee und dachte an meine Leseerlebnisse. Hatte es je etwas gegeben, das mir nicht gefallen hatte? »Ich weiß nicht.«
    »Bestimmt magst du Abenteuergeschichten«, sagte sie. »Und Gruselgeschichten. Und Science-Fiction.« Sie nippte an ihrem Tee und nahm eine Gabel Kuchen. »Ich mag Reisegeschichten; Abenteuer an exotischen Orten.«
    Ich nahm auch einen Bissen von der Biskuittorte und griff nach meiner Tasche. »Ich habe einige Bücher dabei. Ich wusste ja nicht, ob Sie sich schon etwas für uns zum Lesen überlegt hatten.« Ich zog Tarzan bei den Affen und Die Schatzinsel hervor, Bücher, die ich schon gelesen hatte.
    »Oh, die sind gut«, sagte sie. »Aber ich habe schon ein Buch für uns ausgesucht - eher ein Sachbuch, fürchte ich. Ich habe es schon mehrfach gelesen, aber es enthält unglaublich wichtige Informationen, die es verdienen, dass man sich von Zeit zu Zeit damit befasst. Ich hoffe, auch dir wird das Buch gefallen.« Sie schob den schwarzen Band über den Tisch.
    Das Buch war so groß wie eine Packung Cornflakes und so dick wie eine Tür. Der vordere Einband wies keinerlei Verzierungen auf, und auf dem Buchrücken
fanden sich weder Titel noch Autorenname. Es roch wie ein neuer Schuh, obwohl es offensichtlich alt und der Einband weich und abgenutzt war. Ich öffnete es und stellte fest, dass die ersten Seiten leer waren. Auf der dritten Seite befand sich lediglich eine Zeichnung in der Mitte: drei zu einem Symbol angeordnete Kreise, von denen zwei (der eine weiß, der andere schwarz) die Größe eines Vierteldollarstücks hatten, während der dritte nicht größer als der Nagel meines kleinen Fingers war und rot und rund wie ein frischer Blutstropfen. Die beiden größeren Kreise berührten sich kaum, doch wo sie sich trafen, befand sich der rote Kreis. Ich starrte auf das Symbol und hatte das Gefühl, die größeren Kreise würden wie Augen vom Papier zu mir hochblicken.
    »Das bist du, Svetlana«, sagte Lenora Bones und tippte mit ihrem feinen Zeigefinger auf den roten Fleck. »Nein, das sind wir.« Ihre Stimme war feierlich geworden, und dieser Ernst sprach

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