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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lewis Harris
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wollen?«
    »Wegschleppen? Wohin?«
    »Na weg... Glaub mir, sie hat etwas mit dir vor, meine Liebe. Nur deine Ahnungslosigkeit hat dich gerettet.«
    Ahnungslosigkeit? Für wen hielt diese alte Lady mich eigentlich? Ich bin zwar kein Einstein, aber doof wie Brot bin ich sicher nicht.
    Lenora Bones kicherte. »Ich habe >ahnungslos< nicht als Kritik gemeint, meine Kleine. Ich vermute nur, dass dein Mangel an Durchblick dich bisher vor Schlimmerem bewahrt hat.«
    Konnte sie alle meine Gedanken lesen?
    Nicht alle - und keinen einzigen, den du nicht teilen willst. Nur ungeschützte Gedanken lassen sich lesen.
    »Sie helfen mir nicht gerade, meinen Mangel an Durchblick zu beheben«, sagte ich, da ich es müde war, um den heißen Brei herumzureden.
    »Da hast du völlig recht. Und das tut mir leid. Du hast enormes Glück. Ich hätte eher Kontakt mit dir
aufnehmen sollen, doch mir war nicht klar, dass sie sich als Lehrerin an deiner Schule ausgibt. Sie ist wirklich teuflisch.«
    Ich zog das gefaltete Exemplar der Sunny Hill Biene, das Fumio Chen mir ein paar Tage zuvor gegeben hatte, aus dem Rucksack, schlug die Seite drei auf und gab sie Mrs Bones. »Das ist sie: Miss Larch.«
    Lenora Bones studierte das Foto, das Dwight Foote von Larch vor der Schule aufgenommen hatte, und ihr runzliges Gesicht verhärtete sich beim Wiedererkennen. Ich konnte ihre Gedanken zwar nicht lesen, aber ihr Zorn war offenkundig und beunruhigte mich.
    »Es tut mir leid«, sagte sie, da sie mein Unbehagen spürte. Ihre Miene entspannte sich wieder. Ihr Zorn, der so greifbar gewesen war wie die Hitze, die von einem kochenden Topf abstrahlt, klang ab.
    »Kennen Sie sie?«, fragte ich.
    »Ich habe von ihr gehört. Aber in England hieß sie Diana Frost und war Krankenschwester im Kensington Hospital.«
    »Krankenschwester?«
    »Aber keine, von der du gepflegt werden möchtest«, sagte sie kopfschüttelnd. »Wann ist Larch auf dich zugekommen?«
    »An meinem ersten Schultag - sie hat davon gewusst.«

    »Gewusst?«
    »Von den roten Lebensmitteln. Dass ich nur rote Sachen esse und unterm Bett schlafe.«
    »Dass du was tust?«
    »Unterm Bett schlafen - obwohl sie sagte, das tue sie nicht.«
    »Wer tut das schon? Es sei denn, die Matratze wäre einfach schrecklich. Ich weiß nicht, warum du unterm Bett schlafen solltest, meine Liebe.«
    »Das ist besser.«
    Lenora Bones zuckte die Achseln, hob die kantigen Schultern und verdrehte die Augen. Ich klinkte mich nicht in ihre Gedanken ein, doch wenn ich es getan hätte, hätte sie wahrscheinlich etwas ä la Tu, was du nicht lassen kannst gedacht.
    Ich sagte: »An meinem ersten Schultag hat Miss Larch nach der Stunde Schokolade verteilt - sie wusste, dass ich keine nehmen würde.«
    »Ach wirklich?«
    »Sie hat mich nach dem Unterricht noch kurz dabehalten... und versucht, mir einen Apfel zu geben.«
    Die alte Frau hob eine Braue. »Und du hast ihn genommen?«
    »Nein. Ich bin weggerannt. Ich hatte Angst.«
    »Natürlich.«
    »Aber gestern...« Ich tastete den Boden meines Rucksacks ab und fand den Apfel, den Miss Larch
mir am Freitag nach dem Unterricht gegeben hatte. Ich hatte ihn ganz verwirrt angenommen und vergessen. Ihre Worte fielen mir wieder ein: Wir werden enge Freundinnen sein, du und ich. Der Apfel hatte inzwischen Druckstellen, und hässliche braune Flecken bildeten sich auf seiner schrumpelnden Haut.
    Lenora Bones musterte den Apfel kühl und nahm ihn mir vorsichtig aus der Hand. »Und was noch?«
    »Sie sagte, dass sie weiß, wer ich bin.«
    »Ach wirklich?«
    »Ich hab sie gefragt, ob...«
    Du hast sie gefragt, ob du ein Vampir bist?, dachte Lenora Bones, und ihre Miene wirkte überrascht.
    »Ja.«
    Die Mundwinkel der alten Frau verzogen sich nach oben, doch ihre Augen lächelten nicht. Es tut mir leid, dachte sie, ich hätte schnelle vorsehen sollten, Nachdem ich dich ausfindig gemacht hatte. Sie zog den Saum ihres Kleides ein wenig hoch, sodass ihre schwarzen Stiefel zum Vorschein kamen, die über ihre Fußknöchel reichten und mit fünf Silberschnallen gesichert waren. Ihr bleiches Schienbein war kaum dicker als das dünne Ende eines Baseballschlägers, und wo es im Stiefel verschwand, blitzte ein silberner Messergriff hervor. Es ist nur so, dass ich... noch nie einen derart jungen Menschen mit einer solchen Vampirnase getroffen, habe. Ich hatte die Sache erst mit den anderen besprochen
wollen. Sie zog das Stilett aus ihrem Stiefel. Zwölf Zentimeter spitzer Stahl in einer winzigen

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