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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lewis Harris
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anderes. Ich hatte einige Dollar in meinem Versteck, die ich auf den Kopf hauen konnte. Viel war es nicht.
    Ich hatte gehofft, mit dem Vorlesen für die Knochenlady nett zu verdienen, doch dieser Job hatte sich als totale Pleite erwiesen. Ich konnte nicht wieder zu Mrs Bones gehen. Außerdem sah sie tadellos. Das hätte ich eigentlich ahnen müssen, da sie nicht mal eine Brille trug. Ich mochte die alte Frau sehr - das lässt sich gar nicht vermeiden, wenn jemand nach frisch gebackenen Keksen duftet. Aber es würde zu nichts führen, Zeit mit ihr zu verbringen.
    Sie war auf der Jagd nach Miss Larch. Unglaublich! Und ich sollte ihr sogar helfen, meine Biolehrerin zu vernichten (was immer das hieß). Larch war bestimmt nicht hasenrein, wie meine Nase mir zu verstehen gab. Aber ein Vampir? Einer von denen, die in Lenora Bones schwarzem Buch auftauchten? Mist, ich dachte, ich bin ein Vampir - tja, das hatte sich wohl als Fehleinschätzung erwiesen. Vielleicht war das Ganze mit Miss Larch auch nur ein verrückter Irrtum.
    Das jedenfalls redete ich mir ein. Was mir dabei allerdings nicht aus dem Kopf ging, war der Apfel, den sie mir gegeben und den Lenora Bones halbiert hatte. Ich sah den armen Rotkardinal auf dem Rasen
liegen, und seine leuchtenden Federn waren im Tod stumpf geworden. Hatte Larch wirklich versucht, mich zu vergiften? Als ich in ihre Klasse kam, hatte ich da für sie nach gammeligem Fleisch gerochen - so wie sie für mich? War ich also ihre Todfeindin, ob es mir passte oder nicht? Lenora Bones sagte, mein Blut mache mich zum Mitglied des Roten Zirkels, zu einer Wächterin zwischen dem Natürlichen und dem Unnatürlichen. Sie sagte, ich hätte keine Wahl.
    Draußen schnüffelte Razor noch immer bellend um die riesige Eiche herum.
    »Svetlana!«, rief Mom.
    Sie wollte natürlich, dass ich nach draußen ging und Razor beruhigte. Manchmal ließen Eichhörnchen ihn austicken - oder eine Katze, die blöd genug war, sich über den Zaun in den Garten zu schleichen. Sollte Razor aber wirklich mal einer Katze Aug in Auge gegenüberstehen, würde er wohl den Schock seines flauschigen kleinen Lebens bekommen.
    Er hörte auf zu bellen, kam angerannt, als ich auf die vordere Veranda stürzte, und sah zu mir auf, als wollte er sagen: Warum hast du so lange gebraucht? Seine kleinen Ohren waren gespitzt, und sein Schwanz ragte antennengleich zum Himmel. Er führte mich zur Eiche der Verdammnis, und ich kletterte die Leiter hoch, doch in meinem Versteck war niemand. Ich musste zweimal hinsehen: Auf der Kiste, die mir als
Tisch diente, lag das schwarze Lederbuch! Ein aus der Zeitung gerissener Bericht steckte zwischen den Seiten: das Titelblatt des Sunny Hill Kuriers von heute. Die Schlagzeile lautete: »Suchtrupps fahnden nach vermissten Mädchen.« Darüber hatte Mrs Bones in schwarzer Tinte gekritzelt: Wir dürfen keile Zeit verlieren!
    Wie war die Knochenlady so schnell in mein Versteck gelangt und wieder daraus verschwunden? Diese alte Frau hatte mehr drauf, als man auf den ersten Blick erkennen konnte - und damit meinte ich nicht nur, dass sie ein Messer im Stiefel trug. Mrs Bones glaubte offenbar, die drei Mädchen seien dem sogenannten Kensington-Vampir in die Arme gelaufen. Da sie nun wusste, dass Miss Larch die von ihr Gesuchte war und als Lehrerin an der Sunny-Hill-Schule arbeitete, hatte sie die vermissten Mädchen mit ihr in Verbindung gebracht. Aber ob das stimmte?
    Mich fröstelte, als ich an Larchs eisige Berührung dachte, daran, wie sie mir mit kalten, rot lackierten Fingern über die Wange gestrichen und meinen Namen geflüstert hatte. Auch stieg mir Verwesungsgeruch in die Nase, der Gestank von gärendem Obst und verdorbenem Fleisch, von Abfällen an einem heißen Tag, wenn ein Mülleimer in der Sonne stehen geblieben ist. Wieder sah ich das blicklose Auge des toten Rotkardinals vor mir - so hart und schwarz wie
ein Knopf. Ich stellte mir Miss Larch als Krankenschwester vor und sah sie schlafende Patienten einen langen Flur entlang in ein abgedunkeltes Zimmer schieben, wo das Verhängnis auf sie wartete. Dieses Bild stellte sich erschreckend leicht ein. Ich konnte den Desinfektionsgeruch des Krankenhauses fast riechen und hörte beinahe, wie die Rollen der Betten gespenstisch quietschten und Larchs Stöckelabsätze über den kalten Fliesenkorridor klackten.
    »Svetlana!«
    Ich schrak aus meinen dunklen Gedanken. Fumio Chen und Dwight Foote waren mit ihren Rädern angefahren gekommen.
    »War die Suche

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