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Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig

Titel: Die Vampirin - Lieber untot als todlangweilig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lewis Harris
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träge wirkendes Huhn in einem Glaskäfig. Das Huhn konnte rechnen. Das war wirklich das Grausamste, was ich je gesehen hatte. Warum zwingt jemand ein Huhn zum Rechnen? Warum war so was erlaubt? Und warum zahlte überhaupt irgendwer dafür, einem Huhn beim Zählen von Getreidekörnern zuzusehen? In der nächsten Bude hatte Direktor Talbot sich über ein mit Wasser gefülltes Becken gesetzt. Für zwei Bons hatte man dreimal die Chance, mit einem Tennisball einen Knopf zu treffen und den Direktor baden gehen zu lassen.
    All das ließen wir links liegen.
    »Los, Foote«, drängte Fumio, um endlich irgendwas zu tun.
    »Es ist gleich da vorn«, sagte Foote und zeigte auf eine Schießbude mit einer Ablage voll Spielzeugpistolen. Kleine Blechbisons zogen auf einem Endlosband
gut drei Meter hinter der Ablage dahin. Das schien keine besonders große Entfernung zu sein.
    »Wie viel«, fragte Foote und zog mit dem gesunden Arm Bons aus seiner Jeans.
    Der Grauhaarige am Stand hatte einen Bierbauch, der ihm wie ein Sack Wasser über den Gürtel hing. »Zwei Bons, zehn Schuss«, sagte er gelangweilt, kratzte sich den bärtigen Hals und nagte an einer Riesenbrezel, die er von der Bude nebenan hatte.
    Foote gab ihm zwei Bons und nahm eine Pistole von der Ablage. Sie sah aus wie die Knarre eines Revolverhelden in einem Wildwestfilm und war mit einer Schnur an der Ablage befestigt. Es war eine Luftpistole. Foote zielte sorgfältig auf die umlaufenden Bisons und drückte ab. Die Waffe machte Fffft, doch die Blechziele rotierten unbeeindruckt weiter.
    Fffft!
    Fffft!
    Fffft!
    Immer noch nichts. »He, das Ding funktioniert nicht«, beschwerte sich Foote und hielt dem Mann am Stand die Waffe hin.
    »Ja, vermutlich liegt es an der Pistole«, meinte der, und sein Spott drang selbst durch seinen vollen Brezelmund. Er ließ Foote für die letzten sechs Schüsse eine andere Luftpistole nehmen, doch die Bisons blieben unversehrt.

    »Mist«, sagte Foote enttäuscht.
    »Nimm noch zwei Bons«, riet ihm Fumio.
    »Nee, ich hab bloß noch vier. Das Ding ist frisiert. Außerdem brauche ich beide Hände dafür.« Er wackelte mit den Fingern, die aus seinem eingegipsten linken Arm lugten.
    »Aber du bist Rechtshänder«, stellte Fumio fest.
    »Ich brauche beide Hände, um ruhig zu schießen.«
    Egal. Ich riss zwei Bons ab und nahm eine Pistole. Sie war schwerer als vermutet.
    »Zehn Schuss für die kleine Prinzessin«, sagte der Brezeltyp und warf meine Bons in einen Eimer.
    Prinzessin? Ich hätte ihm am liebsten seine Brezel aus der Hand geschossen. Stattdessen streckte ich den Arm aus, sah den schwarzen Lauf entlang und nahm die Ziele ins Visier.
    Fffft! Die gestanzte Blechfigur fiel klackend um.
    Fffft! Klack!
    Fffft! Klack!
    Fffft! Klack!
    »Oha!«, rief Fumio und schlug Foote lachend auf die linke Schulter, was ihn zusammenzucken ließ. »So geht das nämlich, Meister!«
    Ich achtete nicht darauf. Mein Arm war zu hartem Stahl geworden. Ich lauschte auf das fast unhörbare Ticken der Zahnräder, die die Blechbisons kreisen ließen, und spürte den Rückstoß der Pressluft beim
Schießen. Pistole und Luft waren fast eine Verlängerung meiner selbst - als würde ich mit unsichtbarer Hand in die Bude fassen und die Blechziele mit dem Finger umschnippen.
    Fffft! Klack!
    Fffft! Klack!
    Ich gab neun Schüsse ab und traf neun Bisons.
    »Wow!«, verkündete der Brezeltyp, und sein halb vertilgtes Gebäck war vergessen. »Ich hab noch nie jemanden neun Bisons nacheinander abschießen sehen - beeindruckend.«
    »Einen noch, dann kriegst du den Hauptgewinn!«, rief Foote, klopfte mir auf die Schulter und zeigte auf das Skateboard, das an einer Stange über den kreisenden Bisons hing. Es war ein Luxusteil in Mitternachtsschwarz mit Zwillingsblitzen in Silber und erstklassigen Trucks und Wheels.
    »Na los, nur noch ein Schuss, Svet«, flüsterte Fumio.
    Ich legte an und zielte, atmete aus, kniff ein Auge zu und konzentrierte mich auf den nächsten Bison. In meinem Kopf war die Sache schon erledigt. Ich umspielte den Abzug mit dem Finger. Ein Zittern lief mir über die Kopfhaut und das Rückgrat hinunter, und meine Nackenhärchen stellten sich auf, als mir ein Verwesungsgeruch in die Nase stieg. Ich ließ den Abzug los und sah eine alabasterweiße Hand mit rot
lackierten Fingernägeln über die Ablage greifen und die Luftpistole neben mir nehmen. Dann blickte ich in das lächelnde Gesicht von Sylvia Larch.
    »Zeig mal, was du geschafft hast, Svetlana«, schnurrte

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