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Die Vampirjaegerin

Die Vampirjaegerin

Titel: Die Vampirjaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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Blättern herumfahren ließ.
    »Ich wollte nur ...« Die Worte erstarben.
    Ein Tier kam geräuschlos aus dem Unterholz der Weiden, seine dunklen, bernsteinfarbenen Augen fest auf sie gerichtet.
    Turquoise hatte keine große Erfahrung mit Katzen; sie wusste nur, dass diese hier groß war – wahrscheinlich länger, als sie selbst groß war. Das Raubtier streckte sich gelangweilt, und sie sah, wie sich die Krallen ins weiche Moos drückten. Ein Hieb dieser Tatze konnte ihr wahrscheinlich die Hand abreißen.
    Turquoise kannte sich nicht gut genug aus, um die Rasse anhand der Flecken zu identifizieren, doch angesichts des Herrn dieses Ortes hatte sie eine vage Vermutung, um was für eine Raubkatze es sich hier handelte.
    Zwei Raubkatzen, korrigierte sie sich im Geiste, als ein zweiter Jaguar aus dem Gebüsch trat. Er war kleiner und leichter als der erste und eine unregelmäßige Narbe verlief wie eine Perlenschnur von der Schnauze zum Ohr. Ihm fehlte eines der beiden schönen goldenen Augen.
    Turquoise durfte nicht in Panik geraten. Diese Tiere waren zwar größer als die meisten Hunde, aber es waren dennoch Tiere, und sie tat besser daran, nicht vor ihnen davonzulaufen.
    Stattdessen sprach sie mit sanfter, ruhiger Stimme zu dem weiblichen Tier. Der größere Jaguar schien abzuwarten, was seine Gefährtin tat.
    »Milady, ich hatte nicht die Absicht, in Ihren Hof einzudringen.« Ein großes, eventuell gefährliches Tier soll man stets respektvoll anreden. Sie lächelte, als sie sich an die Worte ihres Vaters zu diesem Thema erinnerte. Er hatte damals allerdings von einem streunenden Hund gesprochen – gefährlich, aber doch kein Jaguar. Die Mischung aus Weisheiten und Ratschlägen ihres Vaters bildeten den größten Teil ihrer schönen Erinnerungen an die Vergangenheit.
    Während sie sprach, näherte sie sich vorsichtig der Tür, stets darauf bedacht, weder zu rennen noch dem Tier den Rücken zuzuwenden. »Ich wusste nicht, dass dieser Hof Jaguars Privatgrundstück ist. Wenn Sie es wünschen, werde ich mich selbstverständlich zurückziehen.«
    Doch der Rückweg wurde ihr durch den größeren Jaguar abgeschnitten, und sie musste einen Umweg machen, um ihn zu umgehen. Er legte sich direkt vor der Tür in den Schatten und schloss die Augen, um den Mittagsschlaf fortzusetzen, den sie offenbar unterbrochen hatte.
    »Typisch Katze«, murmelte Turquoise. »Nun, Milady, ich nehme nicht an, dass Sie ihn bitten zu weichen, oder?« Ihre Worte riefen keine Reaktion hervor, ihr Versuch, an dem männlichen Jaguar vorbeizugehen, allerdings schon: Er fletschte die Zähne, gerade genug, um sie anzuknurren, sodass sie sich lieber wieder zurückzog.
    Sie dachte daran, es an der anderen Tür zu versuchen, zögerte jedoch, in den Westflügel einzudringen, ohne zu wissen, was dort vor sich ging. Am besten wartete sie eine Weile. Vielleicht würde der Jaguar von der Tür zum Südflügel weggehen. Wenn nicht, konnte sie ihr Glück immer noch im Vampirgang versuchen.
    In der Zwischenzeit setzte sich Turquoise auf ein sonniges Fleckchen am Bassin, dachte sich eine Geschichte für Jaguar aus, falls er sie hier finden sollte, und versuchte, nichts zu tun, was die Raubkatzen verärgern könnte.
    Der kleinere Jaguar war neugierig und leistete Turquoise in der Sonne Gesellschaft. Nach kurzer Zeit begann er, seine neue menschliche Gefährtin einer Katzenwäsche zu unterziehen. In der Hoffnung, dass dies ein gutes Zeichen war, ließ Turquoise sich die Sandpapierzunge auf ihrem Rücken gefallen.
    Trotz ihrer Größe und dem von Natur aus wilden Wesen reagierte das Jaguarweibchen wie jede andere Katze: unabhängig, selbstbewusst, im Augenblick jedoch verspielt. Sie stupste Turquoise so lange in die Seite, bis sie das schöne Fell des Jaguars streichelte, und ließ sich dann ungelenk zu Boden fallen, um an einer Wasserlilie zu kauen.
    Der größere Jaguar hatte sich in der Zwischenzeit nicht bewegt. Turquoise gab die Hoffnung auf und näherte sich zögernd der Westtür. Als das Männchen den Kopf hob, hielt sie inne. Doch erst als sie fast an der Tür war, gähnte es, wobei es eine bedrohliche Anzahl von Zähnen zeigte, und erhob sich.
    Das Weibchen schmiegte sich an ihre Unterschenkel, sodass sie fast zu Boden gegangen wäre und nur mit Mühe das Gleichgewicht halten konnte.
    »Milady, es tut mir leid, wenn ich unhöflich bin, aber ...«
    Der männliche Jaguar setzte zum Sprung an.
    Ohne Vorwarnung schlug Turquoise mit dem Rücken auf der Erde auf.

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