Die verbannte Braut (German Edition)
ihm.“
„Ich bin einfach so ohnmächtig geworden? Das ist mir noch nie passiert“, wunderte sich Eve. Sie fühlte sich vollkommen verwirrt und alles kam ihr so unwirklich vor. Als stünde sie neben sich.
„Der Doktor, Mylady“, verkündete ein Dienstmädchen und ein älterer Herr mit grauem Schnurrbart und freundlichen, braunen Augen trat an das Sofa.
„Wie geht es Mylady jetzt?“, fragte er mit angenehm warmer Stimme. „Man sagte mir, Ihr seid einfach ohnmächtig geworden, nachdem Ihr vom Reiten gekommen seid. Hat Mylady sich etwa überanstrengt?“
Eve schüttelte den Kopf.
„Ich bin noch nie zuvor ohnmächtig geworden und das Reiten hat mir gewiss nicht geschadet. Vielleicht habe ich mir irgendwo eine Krankheit eingefangen.“
„Kann ich darum bitten, dass jetzt alle den Raum verlassen, damit ich Mylady untersuchen kann“, wandte sich der Doktor an die Anwesenden. „Ihr könnt bleiben“, sagte er an Ema gerichtet.
Nachdem die Dienstboten den Raum verlassen hatten, setzte der Doktor sich auf einen Stuhl, den man ihm neben dem Sofa bereitgestellt hatte, und stellte seine Tasche neben sich.
„Hat Mylady sich in letzter Zeit öfter schwach oder gar schwindelig gefühlt?“
„Nein, bis heute ging es mir prächtig“, versicherte Eve.
„Keine Übelkeit oder Appetitlosigkeit?“
„Nun ja, eigentlich eher das Gegenteil. Ich habe in letzter Zeit oft regelrechten Heißhunger. Gestern hätte ich sterben können für ein paar Erdbeeren. Leider gibt es ja keine mehr um diese Zeit.“
Der Doktor nickte schmunzelnd. Er fühlte Eves Puls und tastete ihren Bauch ab. Danach horchte er sie an der Brust und zu ihrem Erstaunen auch am Bauch ab, nickte hin und wieder, ohne jedoch einen Ton zu sagen.
„Bin ich schlimm krank, Doktor?“
„Das würde ich nicht sagen, nein. Ist Mylady nicht aufgefallen, dass Sie überfällig ist?“
„Überfällig?“
„Ich meine Eure Menstruation, Mylady.“
Eve starrte den Doktor aus geweiteten Augen an, als ihr bewusst wurde, worauf der Doktor anspielte. In all der Aufregung der letzten Zeit hatte sie gar nicht wahrgenommen, dass sie ihre Blutung nicht bekommen hatte. Aber das konnte doch unmöglich bedeuten, dass sie ...
„Ihr meint … Ihr glaubt ...“, stammelte Eve vollkommen durcheinander.
„Dass Mylady guter Hoffnung ist, ja, das meine ich!“
***
Vier Wochen waren vergangen, seit Eve den Brief an ihre Eltern geschrieben hatte, als endlich eine Antwort kam. Mit zitternden Händen nahm Eve den Brief von George entgegen. Der Butler verbeugte sich respektvoll und verließ den Wintergarten, in dem Eve gerade ihren Tee einnahm.
Hastig öffnete sie das Siegel und faltete das Papier auseinander.
Geliebte Tochter
mit großer Erleichterung haben wir deinen Brief empfangen, glaubten wir dich beinahe schon tot. Niemand konnte sich erklären, wohin du entschwunden warst und auch die Polizei konnte kein Lebenszeichen von dir finden. Zu hören, dass du noch lebst, war das größte Geschenk in unserem Leben. Wenngleich wir auch besorgt sind über die Umstände, die wir aus deinem Brief nur ansatzweise verstehen können. Dein Vater ist außer sich, dass Lord Stoneborough dich auf so brutale Weise entführt und in die Ehe gezwungen hat. Auch wenn er sicherlich eine äußerst gute Partie ist, so wollten wir doch immer, dass du glücklich wirst. Du weißt, dass dein Vater und mich eine große Liebe verbindet und wir hatten uns immer gewünscht, dass auch du einmal dieses Glück erfahren würdest. Wir sind im Moment ein wenig ratlos und schwanken zwischen Freude über dein, zumindest körperliches, Wohlergehen und Wut über die Ungerechtigkeit, die dir zugefügt worden ist. Ich sende diesen Brief mit einem Boten, damit er dich schnell erreicht. Während ich diese Zeilen schreibe, packt Lizzie unser Gepäck. Wir werden uns sofort auf den Weg machen. Wir bereden dann alles, wenn wir bei dir sind.
Wir lieben dich und hoffen, dass wir das Beste aus der Situation machen können.
In Liebe
Mutter
Eine Träne tropfte auf den Brief und Eve legte ihn vor sich auf den Tisch, ehe sie sich erlaubte, der Tränenflut freien Lauf zu lassen. Jetzt, wo sie die Zeilen ihrer Mutter gelesen hatte, kam ihr erst recht wieder ins Bewusstsein, in welch verzweifelter Lage sie sich befand. Und nun war sie auch noch schwanger und trug das Kind eines Mannes unter dem Herzen, der sie aus irgendwelchen Gründen geheiratet hatte, die sie nicht einmal kannte. Alles, was sie wusste, war die
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