Die verbannte Braut (German Edition)
wenn sie ihn gefoltert hatten. Dreimal hatten sie seinen Kopf auf den Steinblock gelegt und ihm gesagt, dass sie ihn nun hinrichten würden, doch jedes Mal hatten sie schließlich nur gelacht und ihn stattdessen zur Folter weggeführt. Er hätte den Tod bevorzugt und genau das war es auch gewesen, was diese Bastarde mit den Scheinhinrichtungen beabsichtigt hatten. Es war nicht, um ihm Angst vor dem Tod einzujagen. Es war viel makaberer. Es war, um ihn sich wünschen zu lassen, er könne dem Albtraum endlich entfliehen, endlich Frieden finden. Stattdessen stundenlange Marter, bis er bereit war, um den Tod zu betteln. Ja, er hatte gebettelt. Er war nicht stolz darauf, doch er hatte im Laufe seiner Gefangenschaft gesehen, dass sie es alle taten. Früher oder später bettelten sie alle. Es gab eine Grenze dafür, wie viel ein Mensch ertragen konnte. Viele wurden verrückt. Nicht so Ronan. Es war der Gedanke an seine liebliche Frau, mochte sie ihn hassen oder nicht, der ihm seine geistige Gesundheit erhalten hatte.
Sein Butler trat ins Zimmer und unterbrach seine Gedanken.
"Die Kutsche ist bereit, Sir."
"Danke, Thomas. Ich werde dich heute nicht benötigen, wenn ich wiederkomme. Nimm dir den Rest des Abends frei."
"Danke Sir. Sehr gütig. Ich werde die Gelegenheit nutzen, meine Mutter aufzusuchen. Ihre Gesundheit ist nicht mehr zum Besten. Ich mache mir Sorgen."
"Warum hast du mir das nicht eher gesagt?"
"Es stet mir nicht zu, Sir, Euch mit meinen Problemen zu behelligen."
"Unsinn", widersprach Ronan und öffnete seinen Geldbeutel. Er warf seinem Butler eine Münze zu, die dieser geschickt auffing und erstaunt musterte. "Besorge deiner Mutter einen Arzt. Wenn es nicht reicht, werde ich dir mehr geben. Sag das dem Arzt, falls er mehr verlangt."
Thomas verbeugte sich.
"Danke Sir. Vielen Dank, Sir. Gott segne Euch."
"Schon gut und jetzt beeil dich."
"Jawohl, Sir", versicherte Thomas und verschwand hastig.
Ronan erhob sich aus dem Sessel und glättete seinen Rock mit den Händen. Er trat vor den Spiegel und musterte seine Erscheinung. Mit einem Seufzen band er seine Haare zusammen und rückte den Hemdkragen zurecht. Zufrieden mit sich verließ er das Zimmer, nur um auf der Schwelle stehen zu bleiben. Er wanderte zurück in den Raum und stellte sich erneut vor den Spiegel. Da war doch irgendetwas falsch. – Richtig! Die Augenklappe! Er ergriff die Klappe, welche auf einem kleinen Tischchen lag und legte sie an. Dann machte er sich auf den Weg zum Ball.
***
Eve wäre am liebsten geflohen. Es waren so viele Leute anwesend und eine ganze Reihe von Junggesellen ersuchte um ihre Aufmerksamkeit. Lord Saints lag zu ihrem Bedauern mit einer Erkältung zu Bett und konnte ihr diesmal die Verehrer nicht vom Hals halten. Sie machte sich keine falschen Hoffnungen, dass all die Männer wirklich an ihr interessiert wären. Sie war die Witwe eines reichen Mannes und somit eine gute Partie. Ravenloft und das Stadthaus hier in London war nicht das Einzige, was ihr Mann ihr hinterlassen hatte. Ihr Bankkonto war gut gefüllt und dann war da noch das Weingut in Frankreich und zwei französische Konten. Nicht, dass Eve sich besonders viel aus all dem Geld machte. Sie war froh, wenn sie sich wieder aufs Land zurückziehen konnte. So schnell würde sie nicht wieder nach London kommen. Es war ein Fehler gewesen, auf ihre Zofe zu hören.
"Lady Hewitt, darf ich Euch meinen Ehrengast vorstellen, den Comte Delaunay."
Eve blickte erschrocken auf und glaubte, ihr Herz hätte ausgesetzt, ehe es plötzlich umso heftiger wieder zu schlagen anfing. Sein Gesicht war eine perfekte Maske der Höflichkeit, als er sich vor ihr verneigte. Er ließ sich in keiner Weise anmerken, dass er sie kannte. Selbst seine Augen verrieten keinerlei Gefühl. Hatte sie sich getäuscht? Sah der Comte ihrem verstorbenen Gatten einfach nur ähnlich?
"Mylady. Es ist mir eine Ehre, Euch kennenzulernen", sagte er mit französischem Akzent.
Nein! Er war es. Eindeutig. Selbst der französische Akzent konnte nicht darüber hinweg täuschen. Auch nach all den Jahren erkannte sie seine einzigartig raue Stimme. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Sie konnte kein Wort herausbringen. Eve fühlte sich einer Ohnmacht nahe.
"Mylord", brachte sie schließlich leise hervor.
"Darf ich den Damen eine kleine Erfrischung besorgen?", fragte Ronan und Lady Watson strahlte ihn an.
"Das wäre wunderbar. Ich könnte sicher ein Schlückchen Bowle vertragen."
"Ich bin gleich wieder da",
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