Die Verbannung
waren.«
Dylan stutzte. Seumas und Keith? Ach du heiliger ... »Wenn Ihr jemanden sucht, dem Ihr unter der Folter Informationen entlocken könnt, dann kettet Euch am besten selbst an Eure Barackenwand. Ich bin sicher, Ihr wisst genauso viel über dieses Verbrechen wie ich. Vielleicht sogar noch mehr.«
Bedford sah ihn so erstaunt an, dass Dylan sich plötzlich nicht mehr sicher war, ob der Major wirklich etwas wusste. Mit Sicherheit war ihm bekannt, dass Ramsay noch am Leben war, denn er musste dessen Flucht aus dem Tolbooth in die Wege geleitet haben. Aber vielleicht ahnte er nicht, dass sich Ramsay ganz in der Nähe aufhielt. Der Major knurrte: »Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr redet.«
»O doch. Denkt einmal darüber nach, dann kommt Ihr schon darauf.« Er hob die Stimme, damit die restlichen Soldaten ihn gleichfalls verstehen konnten. »Da Ihr offenbar nicht vorhabt, mich zu verhaften, werde ich jetzt ins Haus gehen, um zu Abend zu essen. Meine Frau ist tot, und ich muss mich um meine Kinder kümmern und mir überlegen, wie mein Leben weitergehen soll. Ich wünsche Euch noch einen schönen Tag.« Mit diesen Worten kehrte er den Rotröcken den Rücken zu und ging auf sein Haus zu. Cody und Sarah huschten gerade durch die Tür.
Hinter der Tür blieb Dylan stehen und lauschte. Lange herrschte Stille, dann hörte er endlich, wie die Soldaten da-vonritten. Erleichtert stieß er den Atem aus. Bedford hätte ihn schließlich ohne viel Federlesens auch festnehmen können.
Bei Sonnenuntergang schickte er Cody mit Sarah zur Burg zurück, denn es wäre nicht schicklich gewesen, wenn seine Base bei ihm übernachtet hätte. Sie versprach, am nächsten Morgen wiederzukommen, um ihm sein Frühstück zu bereiten, was ihm ein Lächeln entlockte. Wahrscheinlich musste er ihr erst zeigen, wie man das ohne Elektroherd machte.
Kurz nach dem Abendessen steckte er die Kinder ins Bett, denn sie waren nach den Aufregungen der letzten beiden Tage und nach der vergangenen Nacht erschöpft und quengelig. »Ab ins Bett mit euch beiden.« Er nahm Sile auf den Arm, die in der Babysprache vor sich hin plapperte und dann den Kopf an seine Schulter legte. Ciaran folgte ihm schweigend und kletterte auf die untere Pritsche. Dylan legte Sile neben ihn und hob Ciaran auf das obere Bett. Sile kuschelte sich an ihr Kissen, steckte den Daumen in den Mund und schloss die Augen, doch Ciaran trat um sich und machte Anstalten, wieder herunterzuklettern. »Hey!«, mahnte Dylan. »Lass das Theater.«
Ciaran schüttelte nur den Kopf und fing an zu weinen. Dylan hatte große Lust, ihn anzuschnauzen, beherrschte sich aber, nahm den Jungen in den Arm und setzte sich mit ihm auf die untere Pritsche. »Du musst jetzt schlafen, Ciaran.«
Wieder schüttelte Ciaran den Kopf. »Der Mann im roten Rock kommt bestimmt zurück.«
Dylan unterdrückte ein Aufstöhnen. Er wusste nicht, wie er seinen zutiefst verängstigten Sohn trösten sollte. Sein erster Impuls war, zu einer Lüge zu greifen, aber sein Instinkt riet ihm davon ab. Ciaran würde nur allzu bald bemerken, dass es im Tal von Rotröcken wimmelte, die den Mathesons keine große Liebe entgegenbrachten. »Wenn er kommt, werde ich ihn verjagen. Ich lasse nicht zu, dass er dir etwas antut.«
»Aber wenn er dich auch tötet, so wie Mutter?«
Gute Frage. »Das wird er nicht tun. Ich kann mich besser zur Wehr setzen als deine Mutter, ich bin größer und stärker als sie. Ich bin auch stärker als der Sassunaich im roten Rock, ich bringe ihn einfach um.«
»Warum hast du ihn denn nicht umgebracht, bevor er Mutter töten konnte?«
Eine glühende Faust bohrte sich in Dylans Magengrube. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, brachte aber kein Wort heraus. Nachdem er ein paar Mal geschluckt hatte, krächzte er: »Ich war nicht hier, Ciaran.«
»Warum warst du nicht hier?« Der schlichten Logik des Dreijährigen hatte er nichts entgegenzusetzen. Obgleich er alles darangesetzt hätte, Cait gestern nicht alleine zu lassen, war er tief in seinem Innersten davon überzeugt, dass er die Schuld an ihrem Tod trug.
Er holte tief Atem, um seinem Sohn zu erklären, dass man ihn gegen seinen Willen in die Garnison gebracht hatte, um ihn zu verhören, aber dann änderte er seine Meinung. Diese Gefahr bestand immer noch, und er hielt es für durchaus möglich, dass er auch in Zukunft noch ein paarmal von den Engländern verhaftet würde. Ciarans größter Feind war im Moment die Angst, und das Schlimmste, was er jetzt
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