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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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braunem Seidensatin gefertigt und ähnelte lediglich in Farbe und Schnitt einer Mönchskutte. Die Ärmel waren lang und weit und die Kapuze so groß, dass er sie zurückschlagen musste, um überhaupt etwas sehen zu können. Die Seide fühlte sich weich und kühl auf seiner Haut an; eine angenehme Abwechslung zu Leinen und Wolle. Dylan verknotete die Kordel, mit der das Gewand in der Taille gehalten wurde, und folgte Ramsay aus dem Raum und eine steile Treppe hinauf.
    Sie gelangten in einen riesigen Schlafraum voller Männer in identischen braunen Roben, die sich angeregt miteinander unterhielten. Ihren Stimmen und ihrem Gebaren merkte man jene unterschwellige Aufregung an, die viele Menschen befiel, wenn sie im Begriff standen, etwas Verbotenes zu tun. Einer der Männer erzählte einen schmutzigen Witz, auf den schallendes Gelächter folgte. Auf einem Tisch stand Wein bereit. Dylan ging hinüber, um sich ein Glas zu holen. Ramsay näherte sich einem der Vermummten, begrüßte ihn mit ein paar Worten und einem herzlichen Lachen, dann holte er seinen hoch aufgerichteten Penis hervor und berührte damit das ebenfalls erigierte Glied des anderen Mannes. Dylan blieb der Mund offen stehen, er wandte hastig den Blick ab, wusste aber nicht genau, wo er überhaupt noch hinsehen konnte, ohne mit einer unangenehmen Überraschung rechnen zu müssen. Dieser Abend wurde von Minute zu Minute bizarrer.
    Doch plötzlich krampfte sich sein Magen zusammen. Irgendwo im Raum ertönte Bedfords Stimme: »Was ist denn mit dem Mädchen los? Sie hat sich verspätet.« Der unbeschwerte Tonfall passte nicht recht zu dem steifen Rotrock. »Diesmal möchte ich sie mir doch etwas genauer ansehen.« Dylan schaute sich verstohlen um und kam zu dem Schluss, dass Bedford der Mann auf dem Stuhl sein musste, der die langen, nackten Füße auf die Matratze des Bettes gelegt hatte.
    Hastig zog er sich die Kapuze ganz über das Gesicht. So ein verdammter Mist! Der neben ihm stehende Ramsay begann so schallend zu lachen, dass Dylan meinte, er müsse jeden Moment einen Erstickungsanfall bekommen. Sehr komisch! Doch dann ging ihm auf, dass er eigentlich mit Bedfords Anwesenheit hätte rechnen müssen. Aber aus irgendeinem Grund war er davon ausgegangen, ein Armeeoffizier würde es für unter seiner Würde halten, an einer derartig frivolen Veranstaltung teilzunehmen.
    Eine andere Stimme rief laut: »Wenn Ihr sie Euch noch genauer ansehen wollt, könnte Eure Nase in ihrer Möse stecken bleiben, Major. Oder haltet Ihr es neuerdings mit den Franzosen? Würdet Ihr lieber Eure Zunge benutzen?«
    Das löste unter den Anwesenden erneut dröhnendes Gelächter aus. Diejenigen, die noch im Raum herumstanden, suchten sich Sitzplätze. Einer von ihnen begann, aus einem Buch eine obszöne Passage vorzulesen, die von schwellenden Hügeln<, >üppigen Büschen< und >roten Schwengeln< handelte. Dylan biss sich auf die Lippen, um nicht laut los-zuprusten. Er nippte an seinem Wein und zog sich in den hinteren Teil des Raumes zurück, so weit von Bedford entfernt wie nur möglich. Während der nächsten Minuten wechselten sich die Männer beim Vorlesen zotiger Verse und erotischer Geschichten ab, von denen einige ganz interessant, die meisten aber einfach nur lächerlich waren.
    Jemand schob sich eilig an Dylan vorbei. Er drehte sich um und sah ein junges, sichtlich angetrunkenes Mädchen, das sich zum Bett durchkämpfte, wobei eine Whiskydunstwolke hinter ihr herwehte. Zustimmendes Gemurmel ertönte im Raum. Der Vorleser verstummte und legte das Buch weg. Dylan lehnte sich gegen den Türrahmen, nippte an seinem Glas und verfolgte das Schauspiel. Das Mädchen setzte sich auf das Bett, schenkte den um sie herum versammelten Männern ein breites Grinsen, das ihre Zahnlücken entblößte, dann griff sie nach dem Saum ihres Rockes, schlug ihn hoch, legte sich zurück, spreizte die Beine und bot sich den lüsternen Blicken der Männer dar.
    Dylans Augen wurden groß - nicht, weil er so etwas noch nie gesehen hätte, sondern gerade weil das der Fall war. Sein erster Gedanke war: »Ist das alles?« Und darum machte man hier so ein Theater? Wo er herkam, konnte man an jedem Zeitschriftenkiosk Magazine erwerben, die seitenweise Fotos von weiblichen Geschlechtsteilen brachten, und die meisten davon waren entschieden ansprechender als der Anblick, der sich ihm jetzt bot. Natürlich blieb auch er nicht unbeteiligt - immerhin sah er trotz allem eine halb nackte Frau vor sich -, und er

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