Die Verbannung
wartete, dass sie irgendetwas tat, tanzte, sich berührte, irgendetwas, aber sie lag einfach nur da.
Es waren die Männer, die sich berührten. Als Dylan bemerkte, dass die Hände der meisten unter ihren Kutten verschwunden waren, richteten sich seine Nackenhaare auf. Einige Männer masturbierten heftig, ihre Gesichter waren gerötet, ihr Atem ging keuchend. Dylan blickte sich verstohlen um, um sicherzugehen, dass niemand darauf achtete, wo sich seine Hände befanden, dann trank er einen großen Schluck Wein. Das Vorlesen wurde wieder aufgenommen, aber jetzt hatte der Mann, der gerade an der Reihe war, Mühe, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Jeder im Raum schien ausschließlich mit sich selbst beschäftigt zu sein. Dylan kam sich vor, als wäre er unfreiwillig Zeuge eines Kettensägenmassakers geworden: Das Schauspiel stieß ihn ab, trotzdem war er unfähig, den Blick abzuwenden.
Nach ein paar Minuten trat der Diener in den Raum. Er hielt einen großen, ziselierten Silberpokal in der Hand. Einer der Männer winkte ihn zu sich. Der Diener reichte ihm den Pokal, der Vermummte erhob sich, hielt das Gefäß vor seinen Unterleib und ejakulierte stöhnend hinein. Sowie er fertig war, winkte schon der Nächste nach dem Pokal.
Jetzt hatte Dylan endgültig genug. Er setzte sein Glas ab, schlich sich aus dem Raum und huschte die Stufen hinunter. Schnell fand er die Kammer wieder, wo er sein Hemd und seinen Kilt zurückgelassen hatte, kleidete sich rasch um und schlüpfte unbemerkt zur Vordertür hinaus. Kühle Nachtluft strich über seine erhitzten Wangen. Er atmete mehrmals tief durch und stellte fest, dass sein Puls raste und seine Lenden schmerzhaft pochten. Am liebsten hätte er sich schnurstracks auf den Heimweg gemacht, hielt es aber für geraten, in der Gasse vor dem Benison zu warten. Ramsay würde es ihm sehr übel nehmen, wenn er allein nach Hause gehen müsste, also setzte er sich auf einen großen Stein neben der Treppe und wartete.
Sinann tauchte auf und schwebte mit gekreuzten Beinen dicht über dem schlammigen Boden. »Hast wohl die Nerven verloren, als es aufs Ganze ging, was?«
Dylan vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war, bevor er erwiderte: »Derartige Vergnügen liegen nicht ganz auf meiner Linie, Tink.«
Die Fee kicherte. »Du onanierst wohl lieber für dich alleine?«
Dylan zwinkerte und gab einen angeekelten Laut von sich. »Ja, wenn du es genau wissen willst.« Als sie erneut zu kichern begann, musterte er sie aus schmalen Augen. »Wie lange hast du dir das Treiben denn angeschaut?«
»Ich bin ungefähr zu dem Zeitpunkt verschwunden, als dir die Zunge aus dem Hals zu hängen begann.«
»Tink!« Unwillkürlich wischte sich Dylan mit dem Handrücken über den Mund. Er wusste nicht, ob sie das ernst gemeint hatte. Als sie sein Zögern bemerkte, kicherte sie nur noch lauter.
Nachdem er ungefähr eine Stunde gewartet hatte, fragte er sich, wie lange sich dieses zweifelhafte Vergnügen wohl noch hinziehen mochte. Dann öffnete sich die Haustür, er verbarg sich rasch hinter einem Baum und hielt nach Ramsay Ausschau.
Männer kamen aus dem Haus geströmt. Dylan beobachtete den hoch gewachsenen blonden Major, der jetzt Zivilkleidung in verschiedenen Braunschattierungen trug und strammen Schrittes die Gasse entlangmarschierte. Er fragte sich, ob der Kerl überhaupt zu einer normalen Gangart fähig war. Ramsay kam kurz nach ihm aus dem Haus und sah sich suchend um. Dylan trat hinter dem Baum hervor.
»Da seid Ihr ja, Mac a'Chlaidheimh.«
»Ich habe Euch in dem ganzen Gewühl da drinnen aus den Augen verloren, und da hielt ich es für das Beste, draußen auf Euch zu warten.«
»Unsinn. Ihr habt Euch vor Bedford versteckt.« Ramsay schlug den Weg zu seinem Haus ein, und Dylan folgte ihm.
»Ah ... tja,ich fürchte, da habt Ihr mich erwischt. Ich wollte wirklich nicht, dass Bedford mich sieht.« Er hatte auch vermeiden wollen, dass irgendjemand anders ihn sah, aber das brauchte Ramsay nicht zu wissen. Doch während des gesamten Heimwegs kreisten seine Gedanken immer wieder um eine Frage. Was, zum Teufel, hatten sie mit dem Inhalt des Pokals gemacht?
Am nächsten Abend klopfte es an der Tür, als sie gerade beim Essen saßen. Nellie öffnete, und im nächsten Moment tauchte Felix auf. »Könnte ich Euch kurz sprechen, Sir?«, fragte er, den Hut in der einen Hand, die andere gegen seine Brust gepresst. Anscheinend hatte er etwas unter seinem Mantel versteckt. Seufzend erhob sich
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