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Die Verbannung

Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cesare Pavese
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und dann errötete. Wenn sie weiterwanderten, veränderte sich der Schauplatz; dann quoll das Morgenlicht nicht aus den Dingen hervor, sondern die Dinge folgten einander. Stefano genoß die frische Luf nur von einem Fenster oder von einer Türschwelle aus. »Catalano, wir wollen mal rauchen.«
    Während Stefano seine Zigarette anzündete, spähte Giannino auf die Wipfel der Bäume. Ein einsames Gezwitscher stieg aus dem Laub empor.
    Stefano sagte: »Sind Sie sicher, Catalano, daß eine Frau bei mir war?«
    Giannino wandte ihm sein angespanntes Gesicht mit dem Finger auf den Lippen zu. Dann lächelte er als Antwort. Stefano warf das Zündholz ins nasse Gras und setzte sich.
    Endlich schoß Giannino. Er schoß krachend in den Himmel, in den Morgen, in das weichende Dunkel, und das Schweigen, das darauf folgte, glich dem sonnendurchglühten tiefen Schweigen des durchsichtigen Mittags über dem reglosen Land.
    Sie verließen die Lichtung, und selbst Stefano lauschte jetzt gespannt.
    »Wir wollen auf den Hügel gehen«, sagte Giannino, »dort wird es ein paar Wachteln geben.«
    Sie stiegen den kahlen Hang empor, der schmutzig gelb von verdorrtem Gras war. Er lag voller Steine, und seine runde Kuppe wirkte eher fern als hoch. Stefano bemerkte über seinen Steilhängen lange schwankende Stengel von violetter Farbe.
    »Sind Sie nie hier oben gewesen?« fragte Giannino. »Das ist unsere Erde. Auf ihr gibt's nicht einmal Wild.« »Ihr habt das Meer mit seinen Fischen.«
    »Wir haben die Wachteln, die nackt schön sind. Das ist die einzige Jagd, die unsere Leidenschaf zu wecken vermag.«
    »Vielleicht tut ihr darum nichts anderes«, sagte Stefano keuchend.
    »Wollen Sie schießen? Dort hinter dem Felsen steckt eine Wachtel. Schießen Sie.«
    Stefano sah in seiner Unsicherheit nicht wo, aber Giannino legte ihm das Gewehr in die Hände und ließ ihn zielen, indem er seine Wange der seinen näherte. Etwas flog bei dem Knall tatsächlich fort. »Das ist nicht mein Handwerk«, sagte Stefano.
    Giannino nahm ihm das Gewehr fort und schoß noch einmal.
    »Ich habe sie getroffen«, sagte er, »Sie haben sie aufgescheucht.«
    Während sie zwischen dem trockenen Gras suchten, hörten sie in der Ferne einen anderen Schuß widerhallen. »Jemand anders vergnügt sich auch«, sagte Giannino. »Da ist sie, sie ist nur verwundet.« Ein Stein, braun wie die anderen, flatterte vom Boden empor. Giannino stürzte sich auf ihn, packte ihn, richtete sich wieder auf und schlug ihn wie mit einem Peitschenhieb auf den Boden. Dann packte er ihn wieder und reichte ihn Stefano.
    »Sie sind grausam«, sagte Stefano.
    »Jetzt ist's aber heiß«, antwortete Giannino und trocknete sich den Hals.
    Immerhin wehte eine leichte Brise und bewegte die Stengel über der Böschung. Stefano wandte die Augen davon ab und sah in der Ferne die Sonne über dem Meer.
    »Wir wollen gehen«, sagte Giannino und stopfe das Tierchen in seine Tasche.
    Sie stöberten nichts mehr auf und stiegen verschwitzt und mit steifen Gliedern wieder zu dem Flußbett hinunter. Alle Bäume waren jetzt erwacht und warfen Schatten.
    »Jetzt können wir rauchen«, sagte Giannino und setzte sich. Sonnenstrahlen sickerten schräg herab und füllten sich mit Rauch wie Moireseide. Giannino öffnete kaum die Lippen, und der blaue Rauch kam langsam, als verdichte ihn die Kühle der Luf, zwischen ihnen hervor; er roch nach bitteren Weiden.
    »Wissen Sie, was die Wachtel bei uns bedeutet?« fragte Giannino mit halbgeschlossenen Augen. Stefano starrte ihn ein paar Augenblicke lang an. »Auf diese Jagd gehe ich auch«, antwortete er gleichmütig.
    Giannino lächelte verschmitzt und wühlte in seiner Tasche. »Nehmen Sie sie, Herr Ingenieur, Sie haben sie ja beinahe erlegt.«
    »Nein.«
    »Warum? Lassen Sie sie sich von ihrer Hauswirtin zubereiten. Vielmehr von deren Tochter, die kann dann behaupten, daß sie Ihnen ihre Wachtel gegeben hat.«
    Sofort antwortete Stefano: »Sie sind an der Reihe, Catalano. Haben Sie niemanden, der Ihnen seine Wachtel geben könnte?«
    Giannino lachte schweigend. »Nehmen Sie sie, Herr Ingenieur. Sie haben sich den Magen an einer Wachtel verdorben, das steht Ihnen im Gesicht geschrieben, da wird Ihnen die guttun. Aber zu der hier braucht man Pfeffer, denn sie hat Wildgeschmack.«
    »Ich hätte das Gefühl, Ihnen Hörner aufzusetzen«, sagte Stefano und stieß seine Hand zurück.
    Giannino lächelte unter seinem Bärtchen in sich hinein. »Wenn Sie dazu Lust hätten, warum

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