Die Verbindung: Thriller (German Edition)
Tee und beschloss, ihn stehen zu lassen. »Melden Sie sich bitte, wenn Ihnen noch etwas einfällt.«
Das Büro des Grantebrycge befand sich in einem kleinen Geschäft in einer Seitenstraße, die zum Bahnhof führte. Im Schaufenster lag ein Heft der letzten Ausgabe, wie Joe vermutete, die inzwischen mehr als einen Monat alt war. Oberhalb der Titelgeschichte über studentische Prostitution mit der Überschrift »Studentinnen bieten sich feil« war die Adresse einer Website angegeben. Mehr als die Hälfte der Titelseite nahm das Bild einer stattlichen Blondine ein, die wenig mehr als ihre Unterwäsche trug und aus einem Porsche ausstieg. Sowohl ihr Gesicht als auch das Nummernschild des Wagens waren verpixelt worden. In der oberen linken Ecke der Illustration stand: »Dargestellt von einem Fotomodell«. Joe notierte sich die E-Mail-Adresse und nahm sich vor, sobald er das nächste Mal online war, die »Sonderrecherche« zu überprüfen, die für die Seiten vier und fünf versprochen wurde. Er kam mit der Nase an das Schaufenster, als er weiter hineinspähte. Das Büro sah leer aus. Er versuchte, die Tür zu öffnen, aber sie war abgeschlossen.
Während er noch unschlüssig vor dem Büro der Zeitung stand, sah er eine hübsche junge blonde Frau auf der Straße in seine Richtung kommen. Aus dieser Entfernung ähnelte sie dem Model auf dem Foto. Allerdings war an diesem Nachmittag nichts von einem Porsche fahrenden Freier in den schäbigen Straßen Cambridges zu sehen.
Da er nichts Besseres zu tun hatte, rief er Carlyle an, aber das Handy des Inspectors schaltete direkt auf die Mailbox um. Joe wollte keine Nachricht hinterlassen, in der er zugab, dass er so gut wie nichts gefunden hatte. Er hoffte, dass Carlyle einen besseren Tag erwischt hätte als er, und fragte sich, wie lange er auf den nächsten Zug nach London warten müsse.
Die Blondine hatte mittlerweile das Büro des Grantebrycge erreicht. Zu Joes Überraschung blieb sie stehen und lächelte ihn an. Nach seiner Erfahrung machten hübsche Frauen das normalerweise nicht.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie.
Unbewusst zog Joe den Bauch ein und streckte die Brust raus. Er zeigte auf das Titelblatt, das im Schaufenster auslag.
»Ich hatte gehofft, mit jemandem von der Zeitschrift über alte Ausgaben reden zu können.«
»Die können Sie online finden«, erwiderte die junge Frau.
»Ich muss weit zurückgehen, vielleicht fünfundzwanzig oder dreißig Jahre.«
Ein verständnisvoller Ausdruck trat auf ihr Gesicht. »Ach ja, aus der Zeit, als Sie selber hier studiert haben?«
»Um Himmels willen«, sagte Joe, »sehe ich wirklich so alt aus?«
»Entschuldigung«, sagte das Mädchen. »Wir kriegen Besuch von vielen Leuten, die alte Geschichten ausgraben wollen, um zu beweisen, dass es die gute alte Zeit wirklich gegeben hat.«
»Ich bin nicht zur Universität gegangen«, sagte Joe ein bisschen defensiv.
»Okay.«
»Aber wenn ich studiert hätte, wäre das vor nicht viel mehr als zehn Jahren gewesen.«
»Klar«, sagte das Mädchen skeptisch.
»Egal …« Mit Verspätung schaffte Joe es zu erklären, wer er war und, in groben Zügen, was er brauchte.
»Nun, da haben Sie Glück«, sagte die Frau, nachdem sie sich seinen Ausweis sorgfältig angesehen hatte. »Ich wollte jetzt dem Büro einen Besuch abstatten. Das ist wahrscheinlich die einzige Gelegenheit in den nächsten zwei Monaten, dass Sie hier reinkommen können.«
Nachdem sie die Tür aufgeschlossen und ihn hineingebeten hatte, drehte sie sich um und sagte: »Ich heiße übrigens Sally McGurk. Ich arbeite an einem Forschungsprojekt zum Thema Buchhaltung und Finanzwirtschaft und bin außerdem stellvertretende Herausgeberin des Grantebrycge .«
»Buchhalterin und Journalistin.« Joe grinste. »Wie schizophren.«
»Dreimal dürfen Sie raten, welchen beruflichen Weg ich nach Ansicht meiner Eltern einschlagen sollte.« Sally lachte.
»Das ist nicht schwer«, sagte Joe amüsiert. »Ich wäre entzückt, wenn meine beiden Kinder Erbsenzähler würden.«
»Und wenn sie stattdessen Journalisten werden?«
»Dann müsste ich sie wohl in der Themse ertränken.«
Sie zog einen Memorystick aus ihrer Tasche und winkte ihm damit zu. »Im Moment liege ich mit meiner Magisterarbeit zwei Wochen im Hintertreffen.«
»Ist das eine große Sache?«
»Das ist es zweifellos.« Sie verzog das Gesicht. »Sie hat dreißigtausend Wörter und macht ein Drittel meiner endgültigen Examensnote aus. Bis morgen früh zehn Uhr
Weitere Kostenlose Bücher