Die Verbindung: Thriller (German Edition)
zugleich.
Joe, der müde, aufgedreht und nicht besonders beeindruckt davon war, dass sein Chef offenbar an einem Gedankenaustausch kein Interesse hatte, versuchte, Carlyle aus seinen Gedanken zu reißen. »Hast du mit Carlton reden können?«
»Ja«, sagte Carlyle, der spürte, wie sein Nach-Trainings-Hunger sich meldete, und hoffte, dass sein Essen nicht mehr lange auf sich warten ließe. »Ungefähr zehn Sekunden lang. Der sehr ehrenwerte Edgar Carlton, MP und Führer der Opposition, teilte mir mit, er werde später geruhen, mich zu empfangen.«
»Wann?«, fragte Joe.
Carlyle legte seine – wie er hoffte – philosophischste Haltung an den Tag. »Ich habe nicht den geringsten Schimmer.«
Joe runzelte die Stirn. »Hat er eigentlich begriffen, wie ernst diese Sache ist?«
»Wichtiger ist: Macht er sich was draus?«, entgegnete Carlyle. »Diese Leute sehen das als unser Problem, nicht als ihres. Sie haben andere Prioritäten, und sie arbeiten mit Sicherheit nicht nach unserem Zeitplan.«
Joe wurde ein wenig leiser. »Aber wir reden hier von mehreren Morden.«
Carlyle warf einen Blick in die Runde. Der Schauspieler plauderte immer noch mit einem der Gewichtheber. »Ich könnte nicht sagen, dass die Welt aufgehört hat, sich zu drehen.«
»Hast du mit Simpson darüber gesprochen?«
»Ich hab ihr eine Nachricht hinterlassen, aber was soll sie machen?« Carlyle zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich sieht sie die Sache so, dass sie für diese Jungs arbeitet und wir für sie. Wer ist hier der Hund und wer der Schwanz? Dies ist eine der Situationen, wo wir schön still sitzen und tun sollen, was man uns verdammt noch mal sagt.« Die Wirkung der Endorphine klang allmählich ab, und er empfand eine völlig andere Art der Müdigkeit. Eine gute Art von Müdigkeit, aber nichtsdestotrotz eine Müdigkeit. »Egal, wie war’s in Cambridge?«
Als er endlich sein Stichwort bekam, nahm Joe zwei Blatt Papier, die in seinem Schoß gelegen hatten, und reichte sie ihm. Eines von ihnen war eine Kopie des Fotos, das sie so früh am Morgen im Parkhaus an der Horseferry Road gesehen hatten. Carlyle hatte eine andere Kopie des gleichen Fotos in seiner Tasche, das ihm von Matt Parkin, dem für den Nicholas-Hogarth-Tatort zuständigen Sergeant, per E-Mail geschickt worden war, kurz bevor Carlyle die Station verlassen hatte. Das andere Blatt war ein kurzer Zeitungsartikel, der aus einer Spalte unter einem Foto bestand. Er hatte nicht mehr als hundertfünfzig oder vielleicht zweihundert Worte. Carlyle überflog ihn, warf Joe einen Blick zu und las ihn noch einmal, diesmal langsamer.
Als Carlyle ihn zum zweiten Mal durchgelesen hatte, traf seine Bestellung ein. Er dankte der Kellnerin, trank die Hälfte des Orangensafts und nahm einen Bissen von seinem Hummus-Fladenbrot.
»Es ist derselbe Typ«, sagte Joe.
Carlyle kaute sorgfältig und schluckte. »Sieht jedenfalls so aus.«
»Könnte sogar eine beschnittene Version desselben Fotos sein.«
Carlyle sah noch mal hin. »Ja, könnte sein«, stimmte er zu. Das in der Zeitung abgebildete Foto war ein Porträt, das Kopf und Schultern vor einem klaren Himmel zeigte. Es hatte keine gute Auflösung, aber es sah ganz so aus, als sei es von demselben Negativ gemacht worden wie das, das hinter dem Scheibenwischer von Nicholas Hogarths Range Rover gesteckt hatte.
»Der Artikel stammt aus der Zeitung der Cambridge University«, sagte Joe. »Er wurde im April 1985 veröffentlicht, fast ein Jahr, nachdem unsere Freunde ihr Examen gemacht hatten.«
Um angemessen beeindruckt zu erscheinen, las Carlyle die Geschichte ein drittes Mal.
Tragischer Selbstmord eines Studenten
Angehörige und Freunde von Robert Ashton ringen darum, den tragischen Todesfall des beliebten Jurastudenten zu verarbeiten. Ashton, 21, sprang am 3. März vom Balkon seines Zimmers im obersten Stock von Darwin Hall. Presseberichten zufolge wurde anschließend ein Abschiedsbrief gefunden. Seitens der Polizei wird mitgeteilt, dass die Ermittlungen eingestellt wurden.
Ashtons Freunde an der Universität waren von der furchtbaren Nachricht entsetzt. Einige berichteten angeblich, Ashton habe sich in den letzten Monaten seltsam benommen, aber keine Seminarsitzung versäumt, und Tutoren beschrieben seine Arbeit als »hervorragend«. Seine Eltern haben eine kurze Stellungnahme veröffentlicht, in der sie »einen liebevollen Sohn« würdigen, »der sein ganzes Leben noch vor sich hatte«, und danken seinen Freunden für ihre
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