Die Verbindung: Thriller (German Edition)
Jungs, die weder Grips noch Manieren haben – wie Klone von Lord Snooty, die Jahr für Jahr hier auftauchen.« Hawley seufzte theatralisch. Es war das Geräusch eines Mannes, der den größten Teil zweier Jahrzehnte damit verbracht hatte, eine Doktorarbeit über mittelalterliche Trinkgewohnheiten zu schreiben. »So war es schon immer.«
»Kennen Sie eigentlich einen von ihnen?«
»Na ja, technisch gesehen gibt es im Moment keinen Merrion Club. Der derzeitige Schub von Über-Alpha-Männchen ist weitgehend abgezogen, um zur Armee zu gehen oder Abermillionen in der City zu verdienen. Die wenigen, die übrig sind, werden das Ruder ergreifen, wenn sie von ihrem Sommer in den Hamptons oder wo auch immer zurückkommen, und sie werden dann die Neuaufnahme beaufsichtigen.«
»Haben Sie jemals welche von ihnen unterrichtet?«
»Als Doktorand habe ich mehrere Jahre lang ein paar Einführungsseminare im Grundstudium veranstaltet. Ein paar von ihnen haben meine Kurse besucht, aber nur jeweils einer oder zwei. Mittelalterliche Geschichte ist für die Jungs im Allgemeinen kein Thema.« Er dachte eine Sekunde darüber nach, bevor er ein raues Lachen ausstieß. »In Wirklichkeit gibt es gar nichts, was für solche Jungs wirklich ein Thema wäre.«
Joe machte ein mitfühlendes Gesicht, aber inzwischen tat er sich selbst leid. Er fragte sich, ob Paul Hawley es jemals schaffen könne, einfach bei der Sache zu bleiben. Die Vorlesungen dieses Mannes mussten wirklich faszinierend sein.
»Die Zahl der Studienabsolventen, die wir jedes Jahr produzieren, hat sich im letzten Jahrzehnt verdoppelt, aber es ist erstaunlich, in welchem Maß dieakademische Welt noch immer die Domäne strohdummer reicher Leute bleibt.« Hawley steigerte sich in ein Stadium zorniger Empörung hinein. »Leute wie ich sind nur ein Ärgernis, während wir das System durchlaufen.«
Joe zeigte durch das Fenster auf das College, das auf der anderen Straßenseite stand. »Sind sie immer dort untergebracht?«
»Ja, der Klub hat seinen Sitz immer im Wellesley. Dadurch ist es der elitärste Klub im elitärsten College. Die wichtigen Mitglieder kommen immer von dort. Sie wählen gelegentlich Außenseiter hinzu, aber das ist ziemlich selten, glaube ich.«
Joe war nicht sehr zufrieden mit seiner Ausbeute für seine Bahnfahrkarte von fünfunddreißig Pfund, aber er ließ sich nicht entmutigen. »In was für Skandale ist der Klub verwickelt worden?«
»Sie sind nicht wirklich auf Skandale aus, Sergeant.« Hawley schüttelte den Kopf. »Darum geht es doch gerade. Was Sie oder ich oder Mr und Mrs Smith aus der Acacia Avenue vielleicht für ›skandalös‹ halten, ist für diese Leute ein absolutes Muss. Dafür ist dieser Klub im Grunde genommen da. Er ist eine Art, uns zu zeigen, dass sie sich nicht an die Regeln halten müssen. Das heißt: die Regeln, die der Rest von uns befolgen muss. Wenn man die kleinen Leute nicht hinreichend gegen sich aufbringen kann, ist man als Mitglied nicht geeignet.«
»Wo würde ich denn weitere Informationen über den Klub im Lauf der vergangenen Jahre finden können?«
»Wie weit zurück wollen Sie denn gehen?«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Joe vorsichtig, weil er nicht zu viel preisgeben wollte. Selbst der Spezialist für mittelalterliche Kneipentouren musste sich darüber im Klaren sein, wie prominent einige ehemalige Klubmitglieder geworden waren. Wenn er anfing, in der Stadt herumzutratschen, konnten die Ermittlungen doch noch ihren Weg in die Presse finden. »Vielleicht dreißig Jahre oder so.«
»Es gibt eine Studentenzeitung namens Grantebrycge .«
»Wie bitte?«
»Gran-te-bry-cge … so wurde Cambridge im Mittelalter genannt.« Hawley buchstabierte das Wort, damit Joe es in sein Notizbuch schreiben konnte. »Die Zeitung erscheint seit kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Sie kommt alle zwei Wochen während des Trimesters heraus. Wie speziell ist die Information, nach der Sie suchen?«
»Das weiß ich wirklich nicht.«
»Wer suchet, der findet.« Hawley lächelte. »Nun ja, vielleicht haben Sie Glück. Ein amerikanisches Internetunternehmen hat letztes Jahr damit begonnen, das Archiv der Zeitung als PR -Gag zu digitalisieren. Einiges davon könnte online sein, aber ich weiß nicht, wie weit sie gekommen sind.« Er zeigte hinaus auf die Straße. »Ihr Büro liegt ganz in der Nähe. Ich hab allerdings keine Ahnung, ob dort im Moment jemand ist.«
»Ich werde das überprüfen, danke.« Joe warf einen letzten Blick auf seinen
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