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Die Verbindung: Thriller (German Edition)

Die Verbindung: Thriller (German Edition)

Titel: Die Verbindung: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Craig
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an der als Schauspielerkirche bekannten St. Paul’s Church vorbei. Derzeit wurde sie auf der einen Seite von einem Sonnenbrillengeschäft der Marke Oakley und auf der anderen von einer Filiale der Nat West Bank flankiert. Inigo Jones, der Architekt der Kirche, wäre zweifellos stolz, dachte Carlyle, dass seine gefeierte Kreation mittlerweile solch illustre Gesellschaft bekommen hatte. Gott wäre vermutlich ebenfalls hocherfreut.
    Vor dem übergroßen Säulenvorbau der Kirche saß ein aknenarbiger Jugendlicher in einem Arsenal-Auswärtstrikot der vergangenen Saison auf dem Bordstein und hatte den Kopf in den Händen vergraben. Ohne einen Sinn für sein Leiden pickten zwei schlaflose Tauben an der großen Lache goldener Kotze herum, die unter dem orangefarbenen Licht der Laternen in der Nähe schimmerte. Hinter ihm stand ein sehr jung aussehendes Mädchen in einem dürftigen Silberkleid bewegungs- und ausdruckslos, offenbar nicht gewillt, ihn zu trösten oder zu verlassen, während sich ihr Ausgehabend seinem Ende zuneigte.
    Das Paar beachtete Carlyle nicht, als er vorbeiging. Er seinerseits warf dem Mädchen einen strengen Blick zu und richtete ein stilles Stoßgebet zum Himmel, dass seine Tochter in sieben oder acht Jahren nicht in einer ähnlichen Situation angetroffen würde.
    Als er an der Ecke Agar Street ankam, schaute Carlyle hoch und ließ die ungeheure Masse von Europas größter Polizeistation auf sich wirken. Sie umfasste einen ganzen Häuserblock eines der teuersten Grundstücke auf der Welt und stand zwei Straßenzüge nördlich des gleichnamigen Bahnhofs. Es war ein plumpes Gebäude ohne besondere Merkmale, das sich zu sechs Stockwerken auftürmte, an jeder Ecke vor Überwachungskameras starrte und mit Fenstern gespickt war, die zu klein für seinen Umfang waren, Fenster, die eher dafür geschaffen waren, dass man durch sie hinaus- statt hineinsah. Das halbe Dutzend altmodischer blauer Laternen, die an beliebigen Stellen um das Gebäude herum platziert worden waren, sahen genauso falsch aus, wie sie tatsächlich waren. Die gleiche blaue Lampe war früher vor jedem Polizeirevier zu finden gewesen, wo sie die Öffentlichkeit daran erinnern sollte, dass die Polizei immer einsatzbereit war. Jetzt waren sie nur noch Design-Accessoires.
    Das Gebäude war in einer gebrochenen weißen Farbe gestrichen, die immer schmuddelig aussah. Den abschließenden Touch bildete ein kleiner Portikus, der wie von der nahe gelegenen Kirche in der Piazza abgekupfert wirkte, dem Eingang einen Rahmen gab und dem Gebäude eher den Anschein eines Rathauses in der Provinz als den einer großen Polizeistation in der Metropole verlieh.
    Charing Cross war eines von einhundertvierzig in ganz London gelegenen Revieren der Metropolitan Police, und Carlyle war inzwischen fast zehn Jahre dort stationiert, womit dies der Posten war, den er mit beträchtlichem Abstand am längsten bekleidete. In den anderthalb Jahrzehnten davor hatte er auf seiner Runde durch die Polizeireviere der Hauptstadt, die seine »Laufbahn« bildete, verschiedene Zwischenstopps eingelegt – darunter Shepherds Bush, Southwark, Brixton, Paddington Green und Bethnal Green. Er hatte sich langsam durch die Ränge hochgedient, vom Constable über den Sergeant zum Inspector, und sich dabei in den meisten Dezernaten versucht: Sitte, Drogen, Betrug, Mord und sogar eine kurze und unrühmliche Phase in der Royal Protection Unit am Buckingham Palace.
    Obwohl er überdurchschnittlich viele Belobigungen erhalten hatte, wusste Carlyle, dass man ihn nie wirklich als Teil des Teams betrachtet hatte. Er war nicht »einer von uns«, und er war auch keiner, auf den »man bauen konnte«. Trotzdem hatte er irgendwie überlebt, ohne je Teil der Familie zu werden. Wie war es dazu gekommen? Die da oben waren zweifellos genauso überrascht wie Carlyle selbst, dass er immer noch da war. Im Lauf der Jahre hatte er sich zu einem Hansdampf in allen Gassen entwickelt, der in keiner zu Hause war. Er hatte gewissermaßen Wurzeln geschlagen wie ein Baum im Bürgersteig: stabil, aber nicht unbedingt glücklich.
    Als er die Stufen hochsprang, warf er einen Blick auf den eher bescheidenen Schriftzug Charing Cross Police Station, über dem ein kleines und sehr schmutziges königliches Wappen angebracht war. Über dem Wappen hing eine wirre Fahne in allen Regenbogenfarben schlaff an ihrer Stange, die den üblichen Union Jack in Anerkennung des lesbischen schwulen bisexuellen transsexuellen Monats – was

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