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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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Freunde entdeckte er hinter den Büschen. Boboni hatte ihnen die Kehlen durchgeschnitten. Pesakk starrte entsetzt auf seine Freunde hinunter. Er hatte es von Anfang an geahnt: Den hinterhältigen, streitsüchtigen Boboni in ihre Gruppe aufzunehmen würde ins Unglück führen. Mit Tränen in den Augen stürzte er davon, als seien alle Dämonen seiner Grabräuberzeit rachsüchtig hinter ihm her.
    * * *
    Unter dem prüfenden Blick des Sabao belud Pesakk das letzte der drei Kamele, für die er ab heute verantwortlich war. Vor über vier Jahren hatte er das letzte Mal als Kameltreiber einer Karawane gearbeitet, aber als er das hölzerne Tragegestell an den Höckern des Tieres befestigte, kam es ihm vor, als seien seitdem nur einige Tage verstrichen. Er nahm einen der ledernen Packsäcke und band ihn mit tausendfach geübten Handgriffen an die Holzplanken, dann kontrollierte er den Sitz der Seidenstränge, die als weiche Puffer zwischen dem Rücken des Kamels und den Lasten lagen. Er gab einen leisen Schnalzlaut von sich, und das Tier streckte erst die Hinterbeine, dann die Vorderbeine, bis es in voller Größe neben ihm stand. Pesakk tätschelte die weiche Oberlippe des Kamels. Er war abreisefertig.
    »Ist alles zu Eurer Zufriedenheit?«, fragte er.
    »Ich hatte es dir nicht zugetraut, aber jetzt bin ich beruhigt. Willkommen in meiner Karawane, Pesakk«, antwortete der Sabao.
    Pesakk sah dem breiten Rücken des Sabaos nach, der von einem Packtier zum nächsten ging und die Vorbereitungen kontrollierte. Spätestens am Mittag sollte die Karawane Wuwei verlassen. Der Sabao flößte Pesakk Respekt ein. Wie die meisten Karawanenführer war der Mann sogdischer Herkunft, und sein Name, Kang Tugen, verriet, dass er aus Samarkand stammte wie Pesakk selbst. Kang Tugen hatte einen mächtigen Brustkorb und starke Beine, die ihn unzählige Male durch die Wüsten und Berge zwischen Wuwei und Samarkand getragen hatten. Ein imposanter Bart umrahmte den unteren Teil seines Gesichtes, während sich buschige Augenbrauen über seinen runden, dichtbewimperten Augen wölbten. Im Gegensatz zu Pesakk und vielen anderen der Kamel- und Pferdeführer, die ihre langen Haare nach Chinesenart auf dem Kopf zusammenrollten und mit einem festen Tuch in Form hielten, trug der Sabao eine hohe, spitze Mütze. Seine knielange Tunika, das Hemd und die Hose waren schmucklos und aus haltbaren Stoffen gefertigt, damit sie den harschen Bedingungen der Reise widerstehen konnten.
    Kang Tugen saß auf sein Pferd auf und stellte sich in die Steigbügel. Die Tiertreiber, Händler und Schaulustigen brachen ihre Gespräche ab und blickten erwartungsvoll auf den Sabao, in dessen Händen in den kommenden Monaten das Geschick der Männer, aber auch die Hoffnung der Händler lag.
    »Den Göttern ist geopfert worden, die Futtersäcke sind gefüllt, die Waren verstaut, Tiere und Männer gesund und voller Tatendrang!«, rief er mit lauter Stimme. »Denkt an uns, Stadtvolk, wenn ihr abends in euren Häusern sitzt, geschützt vor Wind, Regen und Schnee. In zwei Jahren sind wir zurück, beladen mit allen Dingen, die in meiner Heimat zu kaufen sind.« Er hob einen Arm. »Auf nach Samarkand!«
    »Nach Samarkand!«, jubelten die Männer der Karawane und die Umstehenden. Mit dem Sabao an der Spitze setzte sich der Zug langsam in Bewegung. Pesakk ergriff das Führungsseil seiner Kamele und reihte sich im Mittelteil der Karawane ein, erleichtert, Wuwei hinter sich zu lassen. Noch waren die Leichen der anderen Grabräuber nicht entdeckt worden, und er hoffte, dass Boboni in seinem Loch verreckt war. Er hatte ungeheures Glück gehabt, eine Anstellung in der Karawane zu bekommen, die schon zwei Tage nach den Vorfällen die Stadt verließ.

    Am dritten Tag überschritten sie die Grenzen der Oase. Vor ihnen lag der erste Wüstenabschnitt der Reise. Beim Anblick der vegetationslosen Ebene stimmten einige der Tierführer ein Lied an. Es erzählte von Männern, die es mit den Gefahren der Wüste aufnahmen. Sie waren Karawanenmänner, hart, stark und mutig und ließen sich nicht von ein paar Sandhaufen einschüchtern!
    »Hallo, Affe«, sagte eine Stimme. Pesakk fuhr entsetzt herum. In der Karawane war er nur unter seinem richtigen Namen bekannt. Hinter ihm, ein Kamel an einem Strick führend, marschierte Boboni.
    »Ich dachte, du bist …«
    »Tot? Nein, mein Lieber, so schnell sterbe ich nicht. Ich gebe zu, dass es mich einige Mühe gekostet hat, aus dem Schacht zu klettern, und noch mehr

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