Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)
handgeknüpfter Khotan-Teppich in Wei Weidians Büro verrieten, dass der Kommissar nicht nur gutes Essen zu schätzen wusste. Der Raum war gemütlicher als Li Yandaos private Wohnung.
Li Yandao und Wei Weidian saßen in den Sesseln und warteten. Weidian hatte alle Kanäle angezapft, um Informationen über Hakim Akhun zu beschaffen, aber es würde ein paar Stunden dauern. Der Mann hatte keine Polizeiakte. Die beiden Kommissare gingen bereits zum dritten Mal die Ereignisse des Tages durch, als das Telefon klingelte. Weidian nahm den Hörer von der Gabel, lauschte kurz und reichte ihn dann an Li Yandao weiter.
»Für dich. Die Autowerkstatt.«
Li Yandao wurde blass, als er hörte, was der Mechaniker zu sagen hatte. Schließlich legte er den Hörer auf die Gabel und drehte sich zu Wei Weidian um.
»Lass Hakim Akhun verhaften. Sofort. Schaff außerdem den Ticketverkäufer und die Kutscher, die an der Schranke herumlungern, zum Verhör hierher. Und finde heraus, ob Hakim Akhun eine grippekranke Frau hat.«
»Was ist los?«
»Die Bremse ist manipuliert worden.«
Der Nachmittag und der folgende Tag, ein Freitag, verliefen frustrierend. Der Kartenverkäufer behauptete, die ganze Zeit geschlafen zu haben, und auch die Kutscher hatten niemanden gesehen, der sich an dem Auto zu schaffen gemacht hatte. Wei Weidian ließ von allen Fingerabdrücke nehmen und schickte sie für das Freitagsgebet nach Hause. Leider konnten die Polizisten auf dem Auto nur die Fingerabdrücke der Mechaniker sicherstellen. Darüber hinaus war das gesamte Auto, außen wie innen, verdächtig spurenfrei. Li Yandao und Wei Weidian gingen davon aus, dass der Wagen durchsucht und dann saubergewischt worden war.
Hakim Akhun war die Ruhe selbst. Mit ausgesuchter Höflichkeit beantwortete er alle Fragen und bot den Polizisten seine Hilfe an, um den feigen Mordanschlag, wie er es ausdrückte, aufzuklären. Seine Überraschung, als er Li Yandao bei der Polizei wiedertraf, war echt – oder gut gespielt. Als Li Yandao ihn mit der Tatsache konfrontierte, dass seine Frau kerngesund zu Besuch bei ihrer Schwester war, setzte er eine Unschuldsmiene auf.
»Ich konnte Ihnen doch schlecht erzählen, dass ich mit meiner Geliebten gesprochen habe, oder? Ich bin auch nur ein Mensch.«
Die Geliebte existierte und bestätigte, dass Akhun sie angerufen hatte. Li Yandao verzweifelte. Er glaubte Akhun kein Wort. Akhun behauptete, sein Handy verloren zu haben, und auf die Ergebnisse der Anfragen bei den unterschiedlichen Telefongesellschaften warteten sie noch. Wahrscheinlich würde sich ohnehin herausstellen, dass Hakim Akhun nirgendwo ein Handy angemeldet hatte.
Samstagmittag ließ sich Li Yandao zur Werkstatt bringen. Wider Erwarten war es den Mechanikern gelungen, das Auto noch einmal fahrtüchtig zu machen.
Li Yandao inspizierte sein ramponiertes Gefährt skeptisch.
»Es sieht zwar nicht so aus, aber es fährt«, tröstete der ölverschmierte Mechaniker. »Haben Sie einen weiten Weg vor sich?«
»Ich muss nach Kashgar.«
»Kein Problem. Er sollte jetzt besser laufen als vorher.«
»Was ist mit dem Fenster in der Fahrertür?«
»Ich habe versucht, es zu schließen, aber dabei ist es zerbrochen. Auf die Schnelle haben wir keinen Ersatz für die Scheibe auftreiben können. Das Auto ist ein Oldtimer. Das Modell wird seit Anfang der siebziger Jahre nicht mehr hergestellt. Sie sollten besser damit umgehen.«
»Ich sollte was? «, fragte Li Yandao entgeistert.
»Mit Ihrem Auto besser umgehen. Was glauben Sie, was ein gut gepflegter Shanghai SH 760 für einen Sammler wert ist?«
Li Yandao schüttelte den Kopf. Der Mann hatte Nerven. »Was soll die Pappe im Fenster?«
»Damit es nicht so zieht.«
»Aber sehen kann ich dann auch nichts mehr.«
»Na und?«, bemerkte der Mechaniker und gab dem Kommissar die Autoschlüssel. Yandao stieg ein und fuhr vom Hof. Der Wagen klapperte tatsächlich nicht mehr so laut.
Den Abend verbrachte er mit Batügüls Familie. Am nächsten Morgen verabschiedete er sich früh, um nach Kashgar zurückzufahren. Sobald er in Kashgar angekommen war, wollte er sich Informationen über den organisierten Kunstschmuggel besorgen und die Akten des Kanalröhren-Mords aus dem Büro holen, um zu Hause darüber zu brüten. Wei Weidian würde inzwischen weiterhin Druck auf Akhun ausüben, um ihn zum Sprechen zu bringen. Li Yandao war froh, dieser unangenehmen Aufgabe zu entkommen – der aalglatte Akhun trieb ihn zur Weißglut.
Li Yandao holte das
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