Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)
einer Stunde war das Loch etwa einen halben Meter tief. Mit einem Hieb löste er ein wenig Erde und kniete sich dann neben das Loch, um die Lehmbrocken mit beiden Händen herauszuheben. Ein ungewöhnlich geformter Klumpen erregte seine Aufmerksamkeit. Der Klumpen war rechteckig, und Yakub konnte sehen, dass es ein kleiner, von Lehm bedeckter Gegenstand war. Ungeduldig kratzte er den Dreck herunter. Bald darauf hielt er einen hässlichen kleinen Kasten in den Händen, der aussah, als hätte ihn jemand mit einer Drahtbürste bearbeitet. Die Oberfläche war zerschrammt, und an einigen Stellen war die Farbe zusammen mit dem Lehm abgegangen. Yakub war enttäuscht. Er hatte gehofft, dass der Zufall ihm einen Schatz in die Hände spielte, aber dieses Ding war so wertlos wie die Erde, aus der er es gezogen hatte. Als er es achtlos beiseitewarf, hörte er, dass etwas darin klapperte.
Das Oberteil und das Unterteil des Kästchens waren fest miteinander verbunden, so dass Yakub sein Messer zu Hilfe nehmen musste, um den Lehm aus der Ritze zu schaben. Endlich konnte er die Klinge in einen Spalt schieben und zwang die beiden Teile gewaltsam auseinander. Ein Stück des Deckels brach dabei ab, aber er bemerkte es kaum; zu sehr war er damit beschäftigt, sich auszumalen, welche Kostbarkeiten in dem Kästchen auf ihn warteten.
Er nahm den Deckel ab. Auf seinen Zügen spiegelten sich Unverständnis, Ärger und Ratlosigkeit in schneller Folge wider: In der Schachtel lagen eine kaputte Pferdefigur und mehrere Bambusstäbe. Sand. Nutzloser Plunder.
Frustriert schüttete er den Inhalt der Kiste auf den Boden vor ihm. Die Bambusstäbe sprangen nach allen Seiten, aber die Pferdefigur war schwer und fiel direkt zwischen seine Füße. Yakub starrte darauf. Die Oberseite war über und über mit glänzenden chinesischen Schriftzeichen bedeckt. Aufgeregt hob er die Figur auf.
Die Zeichen waren aus Gold, Yakub war sich ganz sicher. Nachdem er das zerbrochene Pferd blank gerieben hatte, lag es nun auf seiner Handfläche, die dunkle, glatte Oberfläche geheimnisvoll schimmernd. Yakub konnte die Schriftzeichen nicht lesen, aber es war unwichtig. Er hatte ein uraltes Kunstwerk gefunden, das ihn reich machen würde. Dass es alt war, stand außer Frage: Warum wäre es sonst so tief in der Erde verborgen gewesen? Nicht zum ersten Mal hatte ein Dorfbewohner einen Fund gemacht, der ihm genug Geld verschaffte, um einen neuen Esel oder ein Mofa zu kaufen.
Yakub schloss die Hand über der Figur und streckte die geballte Faust in die Luft. Sein träger Geist überschlug sich: Die Geldsorgen waren vorbei! Er sammelte die Bambusstäbchen wieder ein und legte sie in die Kiste. Manchmal wurden auch solche Sachen gekauft, wenn Yakub sich auch nicht vorstellen konnte, was jemand damit anfangen sollte. Dann suchte er sich einen schattigen Platz unter einer Weide und überdachte seine nächsten Schritte.
* * *
Hakim Akhuns Urteil über den jungen Mann, der ihm gegenüber auf einem weichen Kissen saß, war nicht schmeichelhaft. Siddiqs Sohn hatte sich in eine vorhersehbare Richtung entwickelt. Er war dumm, aber man konnte ihm eine gewisse Bauernschläue nicht absprechen, dazu kamen eine unterschwellige Aggressivität und Verschlagenheit, die den jungen Mann in hohem Maße unzuverlässig machten. Wie der Vater, so der Sohn: Akhun hatte auch von Yakubs Vater keine hohe Meinung.
»Wie viel Geld kann ich dafür bekommen?«, fragte Yakub eifrig.
»Das ist schwer zu sagen. Wenn wir es überhaupt verkaufen können.«
Yakub fuhr auf: »Was soll das? Du hast gesagt, es sei wertvoll.«
»Ich habe vermutet, dass es ein Original ist«, sagte Akhun. Er musste sich zusammenreißen, um den Kerl nicht aus dem Haus zu werfen. Warum hatte ausgerechnet Yakub die Kiste gefunden? Jeder andere Dorfbewohner wäre ihm lieber gewesen. Die meisten Leute überließen ihm die Verhandlungen, weil sie wussten, worauf es ankam: Auch dunkle Geschäfte waren Geschäfte und ohne gegenseitiges Vertrauen zum Scheitern verdammt. Zwischen ihm und dem jungen Siddiq hatte sich sofort eine Atmosphäre gegenseitigen Misstrauens breitgemacht.
Akhun seufzte innerlich: Konsequenterweise müsste er Yakub umgehend vor die Tür setzen, aber seine Geldgier war stärker. Er war davon überzeugt, dass Yakubs Fund nicht nur echt, sondern auch wertvoll war. Es waren genug Altertümer durch seine Hände gegangen, und er hatte sich im Laufe der Jahre ein solides Wissen über die Kunst und Geschichte der
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