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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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lassen, also sieh zu, dass du für ihn kochst.«
    Sofort wich sie in die Küche zurück.
    Während des Essens, das von seiner Mutter schweigend serviert wurde, wagte auch Yakub nicht, den Mund zu öffnen. Wie sich herausstellte, kam das überraschende Auftauchen seines ältesten Sohns dem Vater wie gerufen, da er eine schadhafte Außenmauer ersetzen wollte. Die Reparatur war bisher nicht ausgeführt worden, weil Yakubs Geschwister entweder für die Feldarbeit eingespannt waren oder anderweitig zu tun hatten. Yakub fügte sich in die Anordnungen und sagte sich im Stillen, dass es nur für eine kurze Zeit war. Ihm würde schon etwas einfallen, um den Klauen eines Lebens, mit dem er längst abgeschlossen hatte, wieder zu entfliehen.
    Nach dem Essen zeigte sein Vater ihm die Mauer auf der Rückseite des Ziegenstalls. Yakub zog entsetzt die Luft ein: Die Mauer war nicht schadhaft, sondern vollständig in sich zusammengesunken. Jetzt erklärte sich auch, warum die Ziegen im Innenhof angebunden waren.
    Es würde allein Tage dauern, den Lehmschutt aus dem Stall abzutransportieren, bevor er daran denken konnte, eine neue Mauer zu bauen. Unbehaglich sah er sich die Überreste der Wand an. Sie war in traditioneller Bauweise errichtet worden: Auf eine aufrecht stehende Matte aus ineinander verflochtenen dünnen Pappelästen wurde der Lehm in mehreren Schichten aufgetragen, bis die Mauer dick genug war, sich selbst zu tragen. Er hatte keine Ahnung, wie man diese Mauern baute, und von seinem Vater konnte er keinerlei Hilfe erwarten. Yakub würde sich im Dorf umhören müssen. Es gab ein paar Jungen aus seiner Kindheit, die er damals als seine Freunde bezeichnet hatte. Vielleicht konnte er sich auf die alten Bande berufen und sie um Rat fragen.
    * * *
    In den Tagen nach seiner Ankunft im Elternhaus war die Hitze unerträglich geworden. Yakub stand mit freiem Oberkörper vor dem Ziegenstall und grub Löcher, in die später die Stämme für die neue Mauer versenkt werden sollten. Obwohl es bereits Mittag war, hatte er nur zwei Löcher fertiggestellt. Er war unausgeschlafen, weil er in der letzten Nacht mit ein paar jungen Männern heimlich in der Stadt gewesen war. Sein Vater hatte ihn kurz nach Sonnenaufgang wachgerüttelt und als faul und wertlos beschimpft, dann war er verschwunden.
    Yakub warf die Hacke beiseite und ging in den Hof. Seine Mutter ließ sich neben ihm nieder und beobachtete, wie ihr Sohn hungrig das Fladenbrot in Streifen riss und in seinen Tee tunkte. Aus Angst vor ihrem Mann hatte sie es bisher nicht gewagt, mehr als das Nötigste mit Yakub zu sprechen.
    »Wirst du bleiben?«, fragte sie unvermittelt. Ihre Stimme war kaum hörbar, und Yakub verspürte Mitleid mit ihr. Seine Mutter liebte ihn und seine Geschwister, aber sie hatte sich nie gegen den Vater behaupten können, und so war sie in Yakubs Kindheitserinnerungen nicht mehr als ein Schatten, schweigsam, geduldig, durchsichtig. Der einzige Mensch, der zählte, war sein Vater.
    »Nein«, sagte er weich. Er wollte ihr nicht weh tun, aber es war nicht zu vermeiden. »Ich kann nicht mit Vater in einem Haus wohnen.«
    »Willst du es nicht wenigstens versuchen? Ich habe dich in all den Jahren sehr vermisst«, sagte sie, und Yakub sah, dass ihre Augen in Tränen schwammen.
    »Ich versuche es. Aber du siehst doch, dass sich nichts geändert hat. Beschimpfungen den ganzen Tag, und ich weiß, dass er mich am liebsten prügeln würde wie damals, als ich Kind war und mich nicht wehren konnte. Mir ist es ein Rätsel, wie die anderen es aushalten.«
    »Aber was willst du machen? Wovon willst du leben?«
    Yakub stieß einen langen Seufzer aus. Er hatte keine Vorstellung, wie es weitergehen sollte, aber er würde seinen Vater umbringen, wenn er noch lange hierblieb. Er stand abrupt auf und ließ seine weinende Mutter sitzen. Er war nicht für sie verantwortlich. Sein eigenes Wohlergehen war ihm wichtiger, und das bedeutete für den heutigen Tag, dass er weitergraben musste, um den Zorn seines Vaters in Grenzen zu halten. Misslaunig hob er die Hacke vom Boden und setzte seine Arbeit fort. Er hasste diese Mauer, er hasste seinen Vater und seine Onkel, hasste die Hitze und die Wüste, hasste das trockene, harte Brot, hasste sogar seine Mutter, die nicht in der Lage war, ihn zu beschützen. Yakub Siddiq hasste die ganze Welt und seine Ohnmacht, es mit ihr aufzunehmen. Wie rasend hackte er auf den von der Sonne steinhart gebackenen Boden ein und reagierte seine Wut ab.
    Nach

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