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Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition)

Titel: Die verborgene Botschaft: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffanie Burow
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des Feuers. Oder Mächtiges Feuerpferd, obwohl die Reihenfolge der Zeichen nicht stimmt. Wer hat Ihnen diesen chinesischen Namen gegeben?«
    »Ein Freund.«
    »Ihr Freund muss eine hohe Meinung von Ihnen haben.«
    Mächtiges Feuerpferd. Yandao hatte den Namen vermutlich nur wegen der phonetischen Ähnlichkeit ausgesucht und ganz andere Zeichen im Sinn gehabt. Marion wusste, dass dieselben Silben im Chinesischen oft Dutzende von Bedeutungen hatten – je nachdem, wie sie betont wurden.
    »Könnte es auch noch etwas anderes ausdrücken?«, fragte sie.
    »Wegen der Klanggleichheit?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, mir fällt nichts Besseres ein.«

    Der Wirt stellte etliche Teller und Schüsseln auf ihren Tisch, von denen ein würziger Duft aufstieg. Der alte Mann hatte nicht zu viel versprochen: Das mapo dofu war köstlich.
    »Was hat es nun mit den geheimnisvollen Himmlischen Pferden auf sich?«, fragte Marion.
    »Die Geschichte beginnt im Jahr 126 vor Christi. In diesem Jahr kam Zhang Qian von seiner großen, zwölf Jahre dauernden Reise durch die Königreiche westlich der Taklamakan-Wüste zurück. Kaiser Wu Di aus der Han-Dynastie hörte sich die Geschichten seines Botschafters mit Begeisterung an: Sie eröffneten ihm eine neue Welt – und neue Perspektiven.
    Dazu müssen Sie wissen, dass Wu Di ein skrupelloser, jähzorniger und machthungriger Mann war, zumindest, wenn man seinem Geschichtsschreiber Glauben schenkt. Unter seiner Herrschaft vergrößerte sich das Chinesische Reich in alle Himmelsrichtungen, bis es in etwa der heutigen Volksrepublik China ohne die Mandschurei und Tibet entsprach. China lag in einem dauerhaften Krieg mit den Barbarenvölkern an seinen Grenzen, vor allem im Norden und Westen, wo die Xiongnu den chinesischen Siedlern das Leben schwermachten.«
    »Gut, dass Sie die Xiongnu erwähnen«, unterbrach Marion. »Ich bin vor einigen Tagen über diesen Namen gestolpert, konnte aber nichts damit anfangen. Wer waren sie?«
    »Ein in den Steppen nördlich von China lebendes Nomadenvolk. Sie züchteten Pferde und Schafe, lebten in großen Fellzelten und waren gefürchtete Krieger. Vor allem ihre Reitkünste machten es den schwerfälligen chinesischen Armeen schwer, sie zu besiegen. Zu Beginn der Regierungszeit Wu Dis herrschten die Xiongnu über Xinjiang und sogar über den Hexi-Korridor, bis die Chinesen sie von dort vertrieben. Das geschah in den Jahren, als der Große Reisende Zhang Qian in den westlichen Ländern unterwegs war.
    Die Große Chinesische Mauer ist übrigens gebaut worden, um die Xiongnu von ihren Raubzügen in China abzuhalten, aber viel genutzt hat sie nicht.«
    »Hat denn der Kaiser … wie hieß er?«
    »Wu Di, der Kriegerische.«
    »Wie passend. Also, hat Kaiser Wu Di die Mauer gebaut? Ich dachte, es wäre dieser Qin-Kaiser mit der Terrakotta-Armee gewesen. Und der hat doch noch früher gelebt, oder?«
    »Stimmt. Qin Shi Huangdi hat die schon vor seiner Reichsgründung bestehenden Bollwerke zu einer langen Mauer verbinden lassen. Die Xiongnu waren bereits viele Jahrhunderte lang eines der größten Probleme Chinas. Aber zurück zu den Himmlischen Pferden: In den auf Zhang Qians Rückkehr folgenden Jahren brach eine Gesandtschaft nach der anderen mit reichen Geschenken zu den Königreichen im Westen auf, um den Barbaren die Größe und Macht des Han-Reichs vorzuführen und sie auf friedlichem Weg davon zu überzeugen, sich China als Vasallenstaaten zu unterwerfen. Die Herrscher dieser Länder leisteten den Aufforderungen Folge und sandten ihre besten Männer nach Chang’an, um dem Kaiser ihren Respekt zu bezeugen und Geschenke zu überreichen.
    Sie haben hoffentlich kein Problem damit, dass ich von Barbaren spreche?«, unterbrach sich der alte Mann.
    »Überhaupt nicht«, sagte Marion. »Ich bin lange genug hier, um zu begreifen, dass die Weltanschauung der Chinesen simpel ist: Es gibt Chinesen, und es gibt Barbaren. Zum Beispiel Xiongnu-Barbaren, amerikanische Barbaren, deutsche Barbaren …«
    »So schlimm sind wir nicht.«
    »Nein?«
    »Zumindest nicht alle Chinesen«, räumte der alte Mann ein. Die Wendung des Gesprächs war ihm sichtlich peinlich.
    »Ich wollte Sie genauso wenig beleidigen wie Sie mich«, lenkte Marion ein. »Es war ein Scherz.«
    »Ein Scherz mit einem wahren Kern.«
    »Aber Sie können auf eine fünftausendjährige Geschichte zurückblicken. In diesem Licht betrachtet, sind wir Europäer wirklich Barbaren.«
    Der alte Chinese lächelte. »Wir

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