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Die verborgene Seite des Mondes

Die verborgene Seite des Mondes

Titel: Die verborgene Seite des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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Simon noch mehr als für andere. Wenn sie gemeinsam arbeiteten, konnte er nichts aufschreiben. Und seine Fragen brüllend hervorzu bringen, brachte er auch nicht fertig.
    Wie gerne hätte Simon sich mit Julia unterhalten, nur dass eine einfache Unterhaltung eben ein riesiges Problem für ihn war. Er hat te Angst, das Falsche zu sagen und sich vor ihr lächerlich zu ma chen – mit seiner Stotterei und seinen merkwürdigen Fragen.
    Er zog einen Nagel zwischen den Lippen hervor, setzte ihn auf die Zaunlatte und schlug ihn mit dem Hammer in das sonnendurchglühte Holz. Ein zweiter Nagel und die Latte war fest. Während er arbeitete, warf er ab und zu einen verstohlenen Blick auf Julia. Vielleicht sollte er sich nicht so viele Gedanken um ein Mädchen machen, das in wenigen Tagen wieder aus seinem Leben verschwunden sein würde.
    »Kennst du meinen Bruder eigentlich näher?« Julias Frage platzte in ihr Schweigen.
    Fuck. Allein schon der Gedanke an Jason bereitete Simon Magen schmerzen. Er wusste nicht viel über Adas Enkelsohn, aber das, was er von Frank gehört hatte, genügte ihm. Frank Malotte war Adas Neffe und betrieb in Eldora Valley eine Reparaturwerkstatt. Frank sah und hörte alles. Simon kam gut mit ihm aus, er war beinahe so etwas wie ein Freund für ihn.
    »Jason k-kommt nur selten auf die Ranch.«
    »Redet meine Großmutter nicht über ihn?«
    »Kaum.«
    »Und was ist mit Tracy, seiner Schwester. Meiner Schwester?«
    »Ich bin ihr nur zwei- oder dreimal begegnet.«
    Simon merkte, dass seine Auskünfte Julia nicht zufriedenstellten, aber er fand, dass er für diesen Tag genug Fragen beantwortet hat te. Hastig erhob er sich und sammelte das Werkzeug zusammen. Der Zaun war fertig.
    »Danke f-für deine Hilfe«, sagte er. »Wir sehen uns später.« Und verschwand schnellen Schrittes.

8.

    Ü ber Nacht waren zwei Bullen aus ihrer separaten Weide ausge brochen und hatten sich unter die Kühe mit den Kälbern gemischt. Simon, der eigentlich in die Berge fahren und beim Aufbau des Camps helfen sollte, musste dableiben, um mit dem alten Mann die beiden Tiere wieder einzufangen.
    Boyd saß am Küchentisch, rauchte und schlürfte seinen Kaffee. Er erzählte, dass er schon zweimal von einem Bullen angegriffen wor den war. »Einmal konnte ich mich nur mit einem Hechtsprung unter den Truck retten und das andere Mal konnte ich den wütenden Bul len nur davon abhalten, mich auf die Hörner zu nehmen, indem ich ihm eine Gewehrkugel in den Kopf jagte.«
    Julia sah die wachsende Panik in Simons Augen, aber der alte Mann lachte. »Nur keine Angst, Cowboy«, sagte er. »Die beiden Jungs sind ganz friedlich. Sie sind bloß sauer darüber, dass sie für ei ne Weile nicht zu den Ladys dürfen. Das ist doch verständlich, oder?« Er klopfte Simon auf die Schulter und schüttete sich aus vor Lachen.
    Hanna, die wenig Lust verspürte, sich von ihrer Schwiegermutter erneut den ganzen Tag gnadenlos umherscheuchen zu lassen, nutz te die Gelegenheit. Sie schlug Ada vor, mit Julia in die Berge zu fah ren und an Simons Stelle beim Aufbau des Camps zu helfen. Das war Ada recht und sie ließ die beiden ziehen.
    Julia sah Simon dem alten Mann hinterhertrotten und ahnte, wie gerne er mit ihnen gekommen wäre. Stattdessen musste er auf Bul lenjagd gehen.
    Als Julia mit ihrer Mutter auf dem Versammlungsplatz ankam, hatte sich schon einiges verändert. Blaue Dixi-Klos standen am Weges rand und zwischen den silbrig grünen Beifußsträuchern leuchteten die ersten bunten Zelte. Viele Gäste waren heute schon angereist und halfen beim Aufbau. Julia nahm an, dass die meisten von ihnen Indianer waren, auch wenn es ihr bei einigen Leuten schwerfiel, das mit Sicherheit zu sagen.
    Ein Mann mit offenem rotem Hemd war dabei, eine riesige Anten ne aufzustellen. Julia wunderte sich, als ihre Mutter bei seinem An blick lächelte und zielstrebig auf ihn zuging. Auf seinem Kopf trug er ein leuchtend gelbes Tuch. Er hatte einen grauen, geflochtenen Bart und einen bauschigen Zopf im Nacken. Dieser Mann war defini tiv kein Indianer.
    »Hallo, Govinda«, sagte Hanna.
    Der Mann musterte sie aus lebhaften grauen Augen und plötzlich erschien ein Anflug von Erkennen in seinem Blick. »Hanna? Ist das möglich?«
    »Ja, ich bin es wirklich.« Sie umarmten einander herzlich. »Das ist Julia, meine Tochter.«
    Der Mann mit dem merkwürdigen Namen schüttelte Julia lächelnd die Hand. »Schön, dich kennenzulernen.« Dann wandte er sich wie der an ihre Mutter und das

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