Die verborgene Seite des Mondes
Heißer Qualm kam ihm entgegen und er entschied, zu erst die Säcke mit der Wäsche aus dem Kofferraum zu holen.
Als er den letzten Wäschesack in Sicherheit brachte, schlugen be reits Flammen aus dem Motorraum und er wusste, dass der Ford nicht mehr zu retten war. Simon schnappte Julia an der Hand und zog sie vom brennenden Fahrzeug weg.
»Vielleicht g-g-geht der Tank in die Luft«, schrie er.
Sie rannten, bis sie weit genug weg waren und sahen fassungslos zu, wie Adas Kombi in Flammen aufging.
Ohnmächtig starrte Simon auf die dicke schwarze Rauchwolke, die vom brennenden Wagen aufstieg und langsam in Richtung Ranch zog. Eben war noch alles in bester Ordnung gewesen und nun würde er Ada erklären müssen, dass sie kein Auto mehr hatte. Er spürte ein Stechen im Magen und einen trockenen Schmerz im Hals. Das wird Ärger geben, Simon , dachte er. Und zwar mächtigen Är ger.
Der Tank explodierte nicht. Das Auto brannte langsam aus und ein weißer Pick-up kam aus Richtung Ranch auf sie zu.
»Das ist Frank«, bemerkte Simon erleichtert.
Frank parkte in sicherem Abstand zum brennenden Wrack, stieg aus und kam zu ihnen gelaufen.
» Ich bin g-efahren«, raunte Simon Julia zu.
»Aber . . .«
»Kein Aber.«
Frank langte bei ihnen an und fragte: »Wie ist das denn passiert?«
»Er f-ing plötzlich an zu brennen.«
»Einfach so?«
»Ja, einfach so.«
»Ada hat die Feuerwehr gerufen«, sagte Frank.
»Was?« Simons Herz machte einen Satz. »Aber wieso . . .?«
»Sie hat die Rauchwolke gesehen und sonst was gedacht.«
Die alte Frau und die Feuerwehr trafen zur gleichen Zeit beim brennenden Autowrack ein. Und die Feuerwehr hatte die Polizei im Schlepptau, wie Simon es befürchtet hatte. Die Feuerwehrleute be gannen sofort zu löschen. Weißer Schaum spritzte wie Gischt, dichte Qualmwolken stiegen in den Himmel, es zischte und knackte. Wenig später war alles vorbei.
Ada lief wutschnaubend um ihren ausgebrannten Kombi herum und warf mit Flüchen um sich, die sogar die Feuerwehrmänner ver legen wegsehen ließen.
»Das war mein Auto, verdammt«, brüllte sie. »Ich brauche dieses Au to.«
Chief Dan Bennet, der örtliche Hüter des Gesetzes, befragte Si mon und Julia, wie das Auto denn nun tatsächlich in Brand geraten wäre.
Vielleicht lag es an der Aufregung, vielleicht auch daran, dass Lü gen ihm besonders schwer über die Lippen kamen. Nur mühsam stotterte Simon zusammen, wie sich das Ganze zugetragen hatte. Aber wenigstens hatte er einen Führerschein und auf diese Weise war Julia raus aus der Sache.
Am Ende kam alles schlimmer, als Simon es sich ausgemalt hatte. Er bekam einen Strafzettel über einhundertsiebzig Dollar, weil er am Steuer gesessen hatte. Und Ada bekam einen Strafzettel über achthundert Dollar, weil der Kombi nicht versichert war.
Simon vermochte der alten Frau nicht in die Augen zu sehen. Ob wohl er nichts dafür konnte, dass der Kombi in Flammen aufgegan gen war (Frank tippte auf eine defekte Benzinleitung), fühlte er sich schuldig. Ada hatte kein Auto mehr und musste achthundert Dollar berappen, wo doch schon seit Wochen das Geld für Lebensmittel knapp war. Die alte Frau war stinksauer auf ihn, so viel stand fest. Die Feuerwehr zog ab und Frank fuhr Ada, Simon und Julia auf die Ranch zurück. Boyd wartete schon mit dem Traktor und dem Hän ger, um das Autowrack vom Fahrweg zu holen. Gemeinsam schaff ten sie den ausgebrannten Ford auf den Schrottplatz beim Camp.
Den Rest des Tages hüllte Ada sich in grimmiges Schweigen.
Am Abend, als sie mit Tommy zu Bett gegangen war, erhob sich der alte Mann ächzend aus seinem Fernsehsessel und steckte Simon einen zerknitterten Umschlag zu. Darin befanden sich einhundertsiebzig Dollar, das Geld für seinen Strafzettel. Ein dicker Kloß saß ihm in der Kehle und er war den Tränen nah wie lange nicht mehr. Als er nach einem Zettel griff, um sich zu bedanken, legte Boyd ihm seine schwere Hand auf die Schulter und schüttelte den Kopf.
Einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle der Alte Simon umarmen, aber dann schlurfte Boyd zurück ins Wohnzimmer und hockte sich wieder vor seinen Fernseher.
15.
J ulia stand immer noch unter Schock und die schlechte Stimmung im Haus schlug ihr zusätzlich auf den Magen. Noch am Morgen hat te sie sich Gedanken darüber gemacht, wie sie Ada das Malheur mit der abgebrochenen Fensterkurbel beibringen sollte. Und nun stand der geliebte Kombi ihrer Granny als schwarzes Wrack auf dem Schrottplatz.
Julia
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