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Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Die verborgene Sprache der Blumen / Roman

Titel: Die verborgene Sprache der Blumen / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Diffenbaugh
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Brüste, am Tisch und in allen drei Etagen des Wasserturms. Wir liebten uns oft, und ich lernte sogar, Gefallen daran zu finden. Doch wenn wir danach nackt dalagen, war sein Gesichtsausdruck glückselig und erfüllt, und ich wusste, ohne hinzuschauen, dass sich diese Gefühle nicht in meiner Miene widerspiegelten. Mein Eindruck war eher, dass sich mein wahres, mein wertloses Ich seinen sehnsüchtigen Berührungen und bewundernden Blicken entzog. Auch meine eigenen Empfindungen für Grant bekam ich nicht zu fassen, und ich stellte mir mein Herz gefangen in einer Glaskuppel vor, die so hart und glänzend war wie die Schale einer Haselnuss. Und ebenso undurchdringlich.
    Grant schien meine Distanz während unseres Beisammenseins nicht zu bemerken. Wenn es ihm hin und wieder doch auffiel, dass mein Herz unerreichbar war, erwähnte er es mir gegenüber nie. Wir trafen und trennten uns in einem eingespielten Rhythmus. Während der Woche kreuzten sich unsere Wege am Abend für eine Stunde. Samstags verbrachten wir den Großteil des Tages miteinander, fuhren frühmorgens gemeinsam mit dem Auto zur Arbeit und gingen danach zum Essen, zum Wandern oder beobachteten die Drachen am Hafen. Sonntags hielten wir Abstand. Ich begleitete Grant nicht zum Bauernmarkt und war stets fort, wenn er von dort zurückkehrte. Ich aß in einem Restaurant an der Bucht zu Mittag oder schlenderte allein über die Brücke.
    Sonntagabends war ich pünktlich zur Essenszeit wieder im Wasserturm, um mich an Grants ausgesprochen kreativen und komplizierten Gerichten zu erfreuen. Er kochte den ganzen Nachmittag lang. Wenn ich hereinkam, standen immer Appetithäppchen auf dem Küchentisch. Wie er inzwischen gelernt hatte, verhinderte ein kleiner Imbiss, dass ich ihm in den Ohren lag, bis das Hauptgericht fertig war, was manchmal bis neun Uhr dauern konnte.
    In jenem Sommer hatte Grant sich von den Kochbüchern freigeschwommen, sie nach oben gebracht und unter das Sofa geräumt. Stattdessen erfand er eigene Gerichte. Er erzählte mir, er fühle sich weniger unter Druck, wenn er seine Ergebnisse nicht ständig mit den Fotos neben dem jeweiligen Rezept vergleichen müsse. Außerdem wusste er sicher, dass seine Kochkünste alles übertrafen, was die Kochbücher zu bieten hatten. Seit meinem Abschied von Elizabeth hatte ich nicht mehr so gut gegessen.
    Am zweiten Sonntag im Juli fuhr ich nach einem langen Spaziergang in Ocean Beach nach Hause. Ich hatte größeren Hunger als gewöhnlich, und mein Magen krampfte sich vor Leere und innerer Anspannung zusammen. Ich war am Gathering House vorbeigekommen, und der Anblick der jungen Frauen im Fenster, von denen ich keine kannte, hatte in mir Bauchschmerzen ausgelöst. Ihr Leben würde sich nicht so entwickeln, wie sie es sich erträumten. Das war mir klar, obwohl mein eigenes Leben um so vieles schöner geworden war, als ich es je zu hoffen gewagt hatte, wenn ich mir überhaupt gestattet hätte, etwas zu hoffen. Ich wusste, dass ich eine Ausnahme darstellte, und dennoch hielt ich mein Glück für einen vergänglichen Moment in einem langen, harten und einsamen Dasein.
    Grant hatte Baguettescheiben angerichtet, die mit einer Paste gefüllt waren – Streichkäse vielleicht oder etwas Ausgefalleneres, und dazu gehackte Kräuter, Oliven und Kapern. Die Häppchen waren in Reihen auf einem viereckigen Teller arrangiert. Ich fing an einem Ende an und arbeitete mich die Reihen entlang vor, indem ich jedes Scheibchen ganz in den Mund steckte. Bevor ich das letzte verspeiste, blickte ich auf. Grant beobachtete mich lächelnd.
    »Willst du sie?«, fragte ich und zeigte auf die letzte Scheibe.
    »Nein, du brauchst eine Stärkung, während du auf den nächsten Gang wartest. Das Rippenstück dauert noch eine Dreiviertelstunde.«
    Ich aß die letzte Scheibe und stöhnte auf. »Ich glaube, so lange halte ich nicht durch.«
    Grant seufzte. »Das sagst du jede Woche. Und nach dem Essen erzählst du mir immer, dass es die Warterei wert war.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach ich, aber er hatte recht. Mein Magen verdaute den Käse mit einem lauten Gurgeln. Ich lehnte mich über den Tisch und schloss die Augen.
    »Alles in Ordnung?«
    Ich nickte. Während ich am Tisch döste, bereitete Grant den Rest der Mahlzeit vor. Als ich die Augen aufschlug, stand ein dampfendes Steak vor mir. Ich stützte mich auf einen Ellbogen.
    »Schneidest du es für mich?«, fragte ich.
    »Klar.« Grant streichelte mir Kopf, Hals und Schultern und küsste

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