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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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übrig? Diese kleine, mit dem drolligen Muttermal auf der linken, nein, auf der rechten Schulter. Wo ist sie? Wo?!, Wo?!! Haben die Wachposten sie geklaut? Diese Schweine wollten sich wohl ein wenig Abwechslung verschaffen, wie? Gewiss vergnügt ihr euch in der Wachstube mit ihr, nicht wahr? Was ist das für ein Lärm? Pulle? Nein, der ist unterwegs. Aber seine Handlanger …
    Der Zauberer legte das Ohr an die verschlossene Tür zur Wachstube und horchte.
    »Die Weiber in der Atomhenne kannst du vergessen. Die sind schweineteuer, weil die Zocker dort die Preise verderben. In die Eidechse musst du gehen …« Aus der Wachstube drang das charakteristische Gluckern gierig in die Kehle geschütteten Whiskeys. »Vor einer Woche hab ich dort eine aufgegabelt, beim Barte des Schlafenden,
so eine geile Schnalle hab ich noch nie erlebt, voll krass, was die am Seeufer angestellt hat, mir wäre fast die Glatze durchgebrannt …«
    Die Zuhörer wieherten höflich, doch einer wollte die Meinung des Eidechsen -Fans nicht teilen.
    »Stimmt schon, die Weiber in der Atomhenne sind teuer, aber sie sind ihr Geld wert. Jedenfalls sind sie um Klassen besser als Wambos Discountschnepfen. Ich hatte mal eine, die …«
    Verdammt. Angewidert wandte sich Lubomir ab, und die Stimmen der Wachposten verschwammen zu einem unverständlichen Gemurmel.
    Alle denken immer nur an das Eine. Immer dieselbe Leier. Wer mit wem schläft. Und wie. Und was er dabei spürt. Tiere, Abschaum! Den Zauberer überlief eine Welle von Ekel und Wut. Am liebsten hätte er die Tür zur Wachstube aufgerissen, in die debilen Visagen dieser Affen geschaut, ihnen die Haut abgezogen, die Eingeweide herausgerissen, sich daran ergötzt, wie das Leben aus ihren Augen weicht, in ihrem heißen Blut gebadet, um sein rasendes Herz zu beruhigen und die Kälte zu verscheuchen.
    Die Kleine mit dem Muttermal war jedenfalls nicht bei den Rothauben. Folglich hatte er sie bereits getötet und es nur vergessen. Wie sollte er sich nun Erleichterung verschaffen?
    Das Tischchen mit den Bestecken reagierte auf den Impuls des Zauberers und rieb sich abermals an seinem Bein. Ohne hinzusehen, griff Lubomir nach einem feinen, gebogenen Skalpell und fuhr sich damit übers
Handgelenk. Sofort quoll Blut aus der Wunde. Sekundenlang starrte der Bote wie versteinert auf seinen Arm, dann führte er ihn zum Mund und schleckte den salzigen Saft ab. Die Wunde schloss sich rasch. Er empfand eine gewisse Erleichterung, aber nicht genug. Er brauchte mehr – viel mehr!
    »Das Telefon!«, befahl Lubomir schroff.
    Das Risiko war ihm in diesem Augenblick egal.
    Das Tischchen entfernte sich, und als es zurückkam, lag ein kleines schwarzes Mobiltelefon auf den Bestecken. Der Zauberer nahm es und tippte eine Nummer ein.
    »Wambo?«
    »Ich habe Sie erkannt«, erwiderte der Geschäftsführer vorsichtig. »Womit kann ich dienen?«
    »Hast du irgendwas für mich?«
    »Selbstverständlich.«
    »Gut. Ich schicke Pulle vorbei.«
     
     
     
    Im Labyrinth
Moskau, irgendwo unter der Erde
Mittwoch, 28. Juli, 02:16 Uhr
     
     
    In Moskau wurde schon seit Anbeginn ausgiebig und leidenschaftlich gegraben. In unermüdlicher Kleinarbeit bohrten, schaufelten, sprengten und baggerten die Einwohner der Stadt ein Labyrinth von Gängen, Schächten, Bunkern, Flüssen, Seen und Höhlen in den Untergrund.

    Wie ein Krebsgeschwür fraßen sich diese Katakomben immer tiefer in die Erde und schon längst hatte niemand mehr einen Überblick über das verworrene Grabwerk. Inzwischen wagten es nur noch wenige Unerschrockene, außerhalb eines Zuges der Untergrundbahn in den Bauch des Molochs vorzudringen. Wie so oft bekamen die Menschen Angst vor ihren eigenen Errungenschaften.
    Das Labyrinth entwickelte ein Eigenleben und wurde zur Heimat für eine Vielzahl von Lebensformen: Pilze, Asseln, Spinnen, Ratten und sogar vernunftbegabte Wesen – die Ossen. Niemand wusste genau, wann dieses kleine, halbwilde Jägervolk sich im Untergrund angesiedelt hatte. Die Ossen durchstreiften den Untergrund auf der Suche nach Nahrung für sich und ihre Ratten, reimten schwermütige Balladen und kamen nur äußerst selten an die Oberfläche. Vor langer Zeit hatten sie sogar Anspruch auf die Weltherrschaft erhoben, doch in den Jahren des Zweiten Unterirdischen Kriegs bekamen sie einen Denkzettel verpasst und sahen sich fortan zu mehr Bescheidenheit genötigt. Bei den Bewohnern der Verborgenen Stadt hatten sie den Ruf, äußerst zählebig und bei der Wahl ihrer

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