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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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Kost nicht anspruchsvoll zu sein. Gerüchteweise konnten sie sich sogar von chemischen Abfällen ernähren.
    »Bis zum Kiewer Bahnhof ist es noch ein weites Stück Weg«, lamentierte der Jäger, der vorausging. »Das Rudel hat lange nichts mehr zu fressen bekommen, aber Tschuja hat ein Versprechen gegeben. Und wenn Tschuja etwas verspricht, dann hält er es auch.«

    Die Ratten, die geschäftig um ihn herumwuselten, beäugten und beschnüffelten jeden Winkel des dunklen Gangs. Das Gefasel des Jägers schien sie nicht zu stören. Tschuja verstummte für einen Augenblick, doch schon zwei Schritte später hob er abermals an, und diesmal erzitterten die Schachtwände von seinem schrillen Geheule:
    Verirrt in tiefer Finsternis
erblickte er ein Sternenlicht
Es war ein Wunder, ganz gewiss,
genützt, oh weh, hat es ihm nicht.
    Der Jäger tüftelte an seiner neuesten Ballade.
    Cortes hatte Tschuja dazu überredet, sie zum Kiewer Bahnhof zu begleiten. Einerseits konnten die Flüchtenden davon nur profitieren, denn einen besseren Führer als den Ossen hätte man sich im Labyrinth kaum wünschen können. Anderseits hatten sie sich damit die Gesellschaft einer fürchterlichen Nervensäge eingehandelt. Der an die Einsamkeit gewöhnte Jäger sah sich bemüßigt, jede Richtungsänderung zu kommentieren und unterbrach diese ausgedehnten Monologe nur, um seine poetischen Ergüsse in die Finsternis zu posaunen.
    »Sag mal, reden diese Ossen alle so schwülstig?«, fragte Artjom den Söldner hinter vorgehaltener Hand.
    »Weißt du, sie haben ein relativ einfach gebautes Gehirn und wahrscheinlich versuchen sie, dieses Defizit durch Pathos zu kompensieren«, mutmaßte Cortes flüsternd.

    »Verstehe.« Artjom gähnte.
    »Wir haben noch Glück, dass wir Tschuja getroffen haben. Sein Rudel ist gut abgerichtet, und erkennt mich.«
    »Und wenn wir auf einen anderen Ossen gestoßen wären?«
    »Dann hätte es auch unangenehm werden können«, erwiderte der Söldner achselzuckend. »Ratten sind Allesfresser. «
    Es dauerte einige Augenblicke, bis Artjom verstand, worauf Cortes anspielte.
    »Sie fressen auch Menschen?«
    »Fressen und gefressen werden, so ist das nun mal«, konstatierte der Söldner lapidar.
    Artjom betrachtete die Gestalt des dürren Rattenbändigers mit zunehmend gemischten Gefühlen. In mäßigem Tempo setzten sie ihren Weg zum Kiewer Bahnhof fort.
    »Das Rudel ist hungrig«, rief plötzlich Tschuja. »Es wittert Futter!«
    Tatsächlich wirkten die Ratten nervös. Sie stellten sich schnobernd auf die Hinterpfoten oder rannten aufgeregt piepsend umher.
    »Was ist los?«, fragte Tschuja seine kleinen Monster. Er ging unvermittelt in die Hocke, zückte einen seiner Wurfspieße und warnte: »Vor uns ist ein Feind!«
    Cortes griff nach seinem Messer und drückte sich an die Wand. Artjom wich einige Schritte zurück. Alle drei lauschten angestrengt. Was war das für ein Geräusch? Ein tropfender Wasserhahn?
    »Auf in den Kampf!«, plärrte Tschuja und stürmte los.
    Aus der Dunkelheit drangen Schmerzensschreie. Hatte sich das Rudel auf sein Opfer gestürzt?
    »Bleib du hier«, kommandierte Cortes und folgte dem Jäger.
    Der Lärm und die Flüche, die nun durch die Gänge hallten, ließen keinen Zweifel daran, dass Artjoms Begleiter in eine ernsthafte Konfrontation verwickelt wurden. Was sollte er tun? Die Antwort gab ein abgebrochenes Rohrstück, das er auf dem Boden entdeckte. Er hob es auf und wollte gerade loslaufen.
    »Stehen geblieben, Freundchen!«
    Eine haarige Pranke legte sich auf seine Schulter und drehte ihn um hundertachtzig Grad herum. Artjom war völlig perplex. Vor ihm stand ein kleiner, krummbeiniger Kerl in schwarzen Lederklamotten, der ein rotes Bandana auf dem Kopf trug. Für einen Moment musterten sie sich gegenseitig, dann formten die schmalen Lippen des Krummbeins ein Grinsen.
    »Bist du nicht der Humo, den wir suchen?«
    Das Rohr in Artjoms Hand bemerkte er nicht. Oder er nahm es nicht ernst.
    Im Nachhinein erinnerte sich Artjom nur noch schemenhaft an das, was danach geschah. Jedenfalls drosch er dem Feind das schwere Eisenrohr auf den Kopf. Wie vom Blitz getroffen sank der Kerl in sich zusammen. Artjom schlug noch einige Male zu, warf das blutverschmierte Rohr weg und rannte davon.
     
    Das Rudel hatte sein Opfer schon von Ferne bemerkt: einen einsamen Wanderer, der sich wohl verirrt hatte.
Seine Unsicherheit und aufkommende Angst spürten die Ratten sofort und entschlossen sich zum Angriff. Normalerweise

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