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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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verfügbaren Quellen fahndete Lusja fieberhaft nach Spuren der geheimnisumwitterten und selbstredend sagenhaft mächtigen Völker der Vergangenheit, und in regelmäßigen Abständen beglückte sie ihre Freunde mit den brisantesten Erkenntnissen.
     
    Artjom gähnte mit vorgehaltener Hand und ließ den Blick schweifen. Im Saal waren kaum mehr als dreißig Zuhörer. Die Popularität des vortragenden Professors hatte ihren Zenit offenbar überschritten, und nur noch eingefleischte Anhänger kamen zu seinen Veranstaltungen. Die meisten von ihnen – wie die zerzauste alte Jungfer in der ersten Reihe – schrieben fieberhaft mit.
    Artjom zog das Programmblatt aus der Tasche: »Recht auf Leben. Vortragsreihe. Referent: Lew Moisejewitsch Serebrjanz, Professor.« Über das Fachgebiet des Professors schwieg man sich aus. Das billige und schlecht gedruckte Programmblatt passte zu dem unordentlichen
Typ, der dort hinter dem Rednerpult stand: ungepflegte Halbglatze, schlichter, abgewetzter Anzug, dickrandige Brille und ein Hemd von zweifelhafter Frische. Doch der Enthusiasmus, mit dem Serebrjanz sprach, veranlasste Artjom, zuzuhören.
    »Die Assuren … Jahrtausendelang beherrschten sie diese Welt unangefochten und erbauten großartige Städte. In ihrem Reich erblühten die Künste, und die Magie wurde in den Rang einer Wissenschaft erhoben. Es gab kein Geheimnis im Weltall, das die Assuren nicht enträtselt hätten. Die Forschung stand im Mittelpunkt ihres Lebens. Wie kaum ein Volk danach haben die Assuren der Geschichte ihren Stempel aufgedrückt. Allenthalben trifft man auf ihre Spuren. Leider kann ich im Einführungsvortrag nicht auf Einzelheiten eingehen, doch im Laufe der folgenden Abende werden wir uns intensiv mit dieser ersten und geheimnisvollsten Zivilisation der Erde befassen.«
    Der Professor hielt inne und nippte an seinem Wasserglas.
    »Und was passierte dann?«, fragte die alte Jungfer begeistert.
    »Mit wem?«
    »Mit den Assuren.«
    »Das, was geschehen musste«, erwiderte der Professor philosophisch. »Es tauchten neue, junge Völker auf, die den Assuren die Herrschaft streitig machten. Leben ist das Gegenteil von Stillstand. Leben bedeutet Bewegung, ungezähmte Naturgewalt, Neuerung, Veränderung – Leidenschaft, wenn Sie so wollen. Das Leben ist
demjenigen gewogen, der voranstrebt und jeden Tag so begeht, als wäre es sein letzter.«
    Nach diesen Worten trat eine melodramatische Pause ein. Lew Moisejewitsch Serebrjanz liebte es, pathetische Reden zu schwingen.
    »Die Entwicklung der Assuren kam zum Stillstand«, setzte er fort. »Sie hörten auf, nach Fortschritt zu streben, und blickten immer häufiger auf ihre ruhmreiche Geschichte zurück: auf vergangene Siege, vergangene Errungenschaften und ihre vergangene Macht. Doch wer stehen bleibt, hat schon verloren. So ergeht es allen Völkern und allen Imperien. Auf der Erde erschienen die Nawen, ein junges, siegeshungriges Volk, und entfesselten eine ganze Serie von Kriegen. Die Assuren leisteten erbitterten Widerstand, doch ihre Zeit war vorbei. Ihre Festungen hielten dem Ansturm der Nawen nicht stand: Ihre Städte wurden zerstört, ihre Armeen vernichtet, Tempel und Bibliotheken niedergebrannt. Nach ihrem Sieg dachten die Nawen, sie hätten ihre Feinde vollständig ausgelöscht. Doch sie täuschten sich. Den verbliebenen Assuren gelang es, die Verborgene Stadt zu errichten und sich dorthin zu flüchten. Das Teuerste, was sie besaßen – ihr Wissen – nahmen sie mit.«
    Ergriffen lauschten die Zuhörer dem Professor. Vor ihren Augen loderten die verheerenden Brände, die den Kulturschatz der assurischen Zivilisation dahinrafften, und in ihren Ohren erklang das Trompeten von Kriegsmammuts. Artjom schwebte eine etwas prosaischere Szenerie vor, etwa wie auf dem Gemälde Der letzte Tag von Pompeji .

    Der Professor war nun in seinem Element.
    »Nachdem sie die Macht an sich gerissen hatten, errichteten die Nawen ein Imperium und ihr Machtzentrum, den Dunklen Hof, und sie beherrschten die Erde über mehrere Jahrhunderte. Doch auch vor ihnen machte die Entwicklung nicht halt. Immer neue Völker ließen sich auf der Erde nieder, und schon bald teilte der Dunkle Hof das Schicksal der Assuren, und zwar nicht nur sinnbildlich, sondern ganz konkret: Die Nawen entdeckten den Zufluchtsort ihrer Vorgänger, die Verborgene Stadt, und fanden dort Unterschlupf. Ein neues Volk nahm ihren Platz ein, und dann wieder ein neues und so fort. All diese Zivilisationen erlebten einen

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