Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
Cortes. »Vor dem nächsten Vollmond werden die Rothauben die Burg stürmen. Sie haben geplant, das Karthagische Amulett aus der Festung der Tschuden zu rauben. Unsere Aufgabe wird darin bestehen, die Beute abzufangen und dem Fürsten des Dunklen Hofs zu bringen.« Als er Janas verblüfftes Gesicht sah, setzte der Söldner ein breites Grinsen auf. »Also alles ganz einfach, wie du siehst.«
Moskau, Gartenring
Mittwoch, 21. Juli, 21.43 Uhr
»Du bist wirklich ein Ekel!«, schimpfte Lusja.
Sie hatte sich immer noch demonstrativ abgewandt und sah aus dem Seitenfenster.
»Kann es sein, dass du mich mit jemandem verwechselst? «, erkundigte sich Artjom und fuhr etwas langsamer.
Er hatte keine Ahnung, warum das Mädchen böse auf ihn war und seit dem Ende des Vortrags kein Wort mehr mit ihm geredet hatte.
»Glaubst du, ich hätte nicht bemerkt, wie du die
schwarzhaarige Tussi angeglotzt hast? Du hättest dir bald den Hals ausgerenkt!«
Wie hatte sie das nur wieder mitbekommen?
»Lusja, ich habe mich lediglich ein bisschen locker gemacht, nachdem ich aufgewacht war, und deshalb den Hals gedreht.«
»Weiberheld!«
Artjom wusste, dass er aufgeflogen war. Der Abend, der mit dem idiotischen Vortrag ohnehin schon zur Hälfte verschwendet war, drohte mit einem handfesten Krach, wenn nicht sogar mit einer einsamen Nacht in seiner Junggesellenwohnung zu enden.
»Das ist doch einfach lächerlich, Lusja. Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte, als irgendwelche Weiber anzuschmachten.«
»Ich hätte dich nicht mitnehmen sollen.«
»Wieso? Am Ende fand ich den Vortrag sogar richtig interessant!« Artjom nutzte die Chance, das Thema zu wechseln, und die Begeisterung in seiner Stimme war nicht einmal schlecht gespielt.
»Hast du überhaupt kapiert, worum es ging?«
»Natürlich! Ich habe nur nicht verstanden, wie sich diese sogenannte Geheimnisvolle Stadt auf dem Territorium Moskaus befinden kann.«
»Die Verborgene Stadt«, verbesserte Lusja.
»Meinetwegen die Verborgene Stadt. Aber wo sind ihre Häuser und Bewohner? Außerdem ist Moskau erst achthundertfünfzig Jahre alt, und wenn ich es recht verstanden habe, war von Jahrtausenden die Rede.«
»Die Entstehungsgeschichte Moskaus ist nur lückenhaft
erforscht. Wer hat die Stadt gegründet? Warum ausgerechnet hier? Es ist durchaus denkbar, dass die Bewohner der Verborgenen Stadt um sich herum eine gewöhnliche Menschenstadt errichtet haben. Um sich zu tarnen.«
»Und dabei blieben sie völlig unbemerkt?«
»Warum hätte man sie bemerken sollen?«
»Weil sie anders sind! Sie unterscheiden sich doch sicher von uns.«
»Natürlich sind sie anders als wir.«
»Siehst du!«
»Woher weißt du, dass dein Nachbar nicht zwei Herzen hat? Und seine Kinder auch? Und alle seine Verwandten? «
»Ein Arzt würde das feststellen. Ein Pathologe zum Beispiel.«
»Und wenn sie ihre eigenen Ärzte haben?«
»Bei einem Verkehrsunfall kannst du dir den Arzt nicht aussuchen.«
»Dann gibt es eben ein oder zwei Zeugen in hundert Jahren. Die kann man bestechen oder für verrückt erklären. Oder töten.«
»Also gut.« Artjom schwieg für einige Sekunden. »Diese Völker sind also sehr alt?«
»Gewiss«, pflichtete Lusja bei.
»Und mächtig?«
»Natürlich.«
»Und sicher auch nicht gerade arm?«
»Wohl kaum.«
»Warum sind sie dann nicht die Herrscher der Welt?«
Messerscharfe Logik. Artjom war stolz auf sich.
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Lusja spöttisch.
»Wieso nicht?«
»Du weißt doch nicht, wie viele Herzen dein Chef hat. Oder der Präsident.«
Das wusste Artjom in der Tat nicht.
»Irgendwann werden wir ihnen auf die Spur kommen und sie alle entlarven«, orakelte Lusja.
»Und wie hat Serebrjanz von der Verborgenen Stadt erfahren?«
»Vielleicht ist er ja ein zufälliger Zeuge, der sich nicht kaufen ließ. Außerdem kann es gar nicht sein, dass diese nichtmenschlichen Völker in so langer Zeit keine Spuren hinterlassen haben. Mal eine unvorsichtige Bemerkung hier oder ein auffälliges Benehmen dort, und schon gibt es Gerüchte und Tratsch. In der Geschichte gibt es zahlreiche Hinweise, man muss die alten Chroniken nur aufmerksam lesen. Professor Serebrjanz hat sich intensiv damit auseinandergesetzt. Und das Thema ist so aufregend! Stell dir vor, sie sind mitten unter uns! Nicht irgendwo in der Vergangenheit, sondern hier und jetzt! Einfach fantastisch!«
»Aber Serebrjanz hat keine handfesten Beweise. Nur mysteriöse
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