Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung
viele Kämpfer überleben. Wir sind nicht die Odoros und können uns keine unnötigen Verluste leisten.«
»Geht klar, Chef«, sprach einer der Truppführer für alle. »Wir werden uns gut verstecken.«
»Verstecken reicht nicht. Jegliche Fortbewegung in der Stadt ist einzustellen. Legt Wasser – und Lebensmittelvorräte an. Lasst euch auf keinerlei Kämpfe ein und wartet meine Instruktionen ab. Niemand, nicht einmal ich, darf wissen, wo der eine oder andere Trupp sich aufhält. Und ihr werdet nicht wissen, wo ich mich aufhalte. Wenn es nötig ist, werde ich mich selbst melden. Ist das klar?«
»Ja, Boss.«
»Gut. Dann verschwindet jetzt.«
Die Uibujen erhoben sich und rumpelten ungeordnet in den Gang hinaus.
Nachdem der Letzte von ihnen die Tür hinter sich zugemacht hatte, erhob sich Säbel von seinem mit Bärenfell bezogenen Stuhl, trottete zum Fenster und sah in den Hof hinunter. Er war äußerst besorgt.
Das Abenteuer, in das der Zauberer die Rothauben hineinzog, hatte ihm von Anfang an nicht gefallen. Der vorsichtige Fötido scheute eine offene Auseinandersetzung mit den mächtigsten Völkern der Verborgenen Stadt und hatte versucht, seine Stammesgenossen von dem Unternehmen abzubringen. Doch die Aussicht auf ein eigenes Herrscherhaus ließ die Odoros und die Desastros
alle Bedenken über Bord werfen. Angestachelt von Lubomir hatten sie Säbel unter Druck gesetzt, und der Führer des Fötido-Clans hätte sich sein eigenes Grab geschaufelt, wenn er sich geweigert hätte, mitzumachen. Uibujen, die auf den Posten des Clanführers spechteten, gab es stets mehr als genug. Der Einäugige seufzte und rieb sich abermals die tätowierte Wange. Es lagen unsichere Zeiten vor ihm.
Im kleinen Hof des Südlichen Forts herrschte reges Treiben. Die Odoros waren mit den Vorbereitungen auf die Erstürmung der Burg beschäftigt. Säbel war in die Einzelheiten des Angriffsplans nicht eingeweiht, doch der Aufwand, den Hammers Leute betrieben, beeindruckte. Drei Jeeps, sechs Kleintransporter und mehrere Motorräder standen für die Aktion bereit. Angetrieben von Uibujen verluden die Kämpfer die letzten Kisten mit Munition in die Fahrzeuge. Direkt am Tor stand Hammers Kommandeursfahrzeug, eine Gazelle, auf deren Dach Parabolantennen glitzerten. Diesen mit Elektronik vollgestopften Kleintransporter hatten die Odoros vor einer Woche auf einem Truppenübungsplatz geklaut. Bei dem bevorstehenden Kampf sollte er als mobiles Kommandozentrum dienen und war Hammers ganzer Stolz. Der junge Führer der Odoros stand gerade auf dem Dach der Gazelle und dirigierte seine Kämpfer. Er strahlte übers ganze Gesicht. Die Euphorie des verhassten Konkurrenten war für Säbel nur schwer zu ertragen.
»Arschgeige«, knurrte er verbittert.
Die Tür quietschte. Der Fötido-Boss fuhr herum und griff reflexartig nach seinem Yatagan.
»Können wir mal reden?« Pulle trat vorsichtig auf die Schwelle.
»Komm rein«, nickte der Einäugige.
Der Desastro schloss sorgfältig die Tür, begab sich zum Tisch und ließ sich auf einem klobigen Hocker nieder. Säbel nahm die Hand nicht vom Yatagan und setzte sich ihm gegenüber. Einige Sekunden lang durchbohrten sich die Clanführer gegenseitig mit Blicken.
»Trinken wir was?«, brach Pulle das Schweigen. »Wir müssen schließlich was besprechen.«
Der Vorschlag kam dem Einäugigen nicht ungelegen, verspürte er doch selbst eine beunruhigende Trockenheit in der Kehle. Ohne den Desastro aus den Augen zu lassen, stellte er eine angebrochene Flasche Johnnie Walker und zwei schmutzige Gläser auf den Tisch.
Gierig griff Pulle nach dem vollgeschenkten Glas und leerte es in einem Zug.
»Woah!«, schnaubte er zufrieden und fügte hinzu: »Auf dein Wohl.«
Säbel erwiderte nichts und trank ebenfalls.
Der Desastro, dessen Laune sich schlagartig gehoben hatte, trommelte mit den Fingern auf dem Tisch: »Der Odoro freut sich wie Bolle, ich schwör’s dir, ey. Das letzte Mal habe ich ihn so vergnügt gesehen, als sein Papachen den Löffel abgab.«
»Warten wir mal ab, ob Hammer nach der Aktion immer noch guter Laune ist.«
»Was willst du damit sagen?«
»Der Überfall auf die Burg ist ein Himmelfahrtskommando«, erläuterte Säbel und setzte ein spöttisches
Grinsen auf. »Du hast dir nicht gerade ein Bein ausgerissen, um Hammer diesen Job abzujagen, stimmt’s?«
»Stimmt«, nickte Pulle.
»Natürlich. Denn du weißt so gut wie ich: Selbst wenn es dem Odoro gelingt, das Amulett zu rauben, wird sein Clan
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