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Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung

Titel: Die verborgene Stadt - Die Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Panov
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unauffälliger Schuster, der für die prächtig erhaltene Klinge schlappe hunderttausend Rubel hingeblättert hatte! Die Überwachung und Durchsuchung Mechrabs verliefen indessen erfolglos. Als die Kripo-Beamten sich den Schuster zur Brust nahmen, hatte er die Ware vermutlich schon weiterveräußert, und so konnte man ihm nichts nachweisen. Doch Kornilow wusste nun, dass der alte Mann es faustdick hinter den Ohren hatte, und nutzte ihn seither als Informanten.

    Trotz der frühen Stunde war Mechrab bereits in seinem Laden. Er hatte die Brille auf die Nasenspitze geschoben und beugte sich gerade über ein Werkstück. Der Major stieg aus, verzichtete darauf, sich eine Zigarette anzuzünden, – der Schuster konnte Tabakqualm nicht ausstehen – und trat ein.
    »Guten Morgen, Mechrab.«
    Der weitsichtige Greis beäugte den Besucher zunächst über die Brille hinweg, dann lächelte er breit, wobei sich Hunderte kleiner Fältchen wie ein Spinnennetz über sein Gesicht legten.
    »Ach, der Herr Major. Hat er seine Sohlen durchgelaufen? «
    »Nein nein.« Kornilow setzte sich dem Schuster gegenüber auf einen kleinen Hocker und seufzte. »Die Beine tun mir weh.«
    »Sie sehen schlecht aus, Herr Major. Haben Sie nicht geschlafen?«
    »Ich bin nicht dazugekommen.«
    »Sie sollten besser auf Ihre Gesundheit achten«, mahnte der Greis, nahm ein Stück Leder aus dem Regal und begutachtete es penibel.
    »Dass du auch schon auf den Beinen bist?«
    »Ich?« Mechrabs zahnloser Unterkiefer vollführte rhythmische Kaubewegungen. »Ich bitte Sie, Andrej Kirillowitsch, in meinem Alter ist man doch um jeden Tag und um jede Stunde froh, die man noch hat. Viel Zeit bleibt mir nicht mehr, es wäre Verschwendung, sie im Bett zu verbringen.«
    »Bis jetzt erfreust du dich doch bester Gesundheit.«

    »Sagen Sie das nicht, Herr Major. Jedes Mal, wenn ich aufstehe, schießt mir der Schmerz ins Kreuz.«
    »Apropos schießen, Mechrab.« Kornilow erinnerte sich an den Zweck seines Besuchs. »Hast du gehört, was am Wernadski-Prospekt passiert ist?«
    »Ich?«, wunderte sich der Greis. »Keine Ahnung.«
    Der Major zog die Brauen hoch und sah Mechrab prüfend an.
    »Na ja«, besann sich der alte Schuster, nahm die Brille ab und putzte sorgfältig die Gläser. »So ganz beiläufig habe ich davon gehört, rein zufällig.«
    »Und, was erzählt man sich?«
    »Die meisten hüllen sich in Schweigen.«
    »Wirklich? Das wundert mich. Es war nämlich eine heftige Schießerei und eine Partei hat erhebliche Verluste erlitten.«
    »Es gibt keine Verluste, von denen nicht jemand anderes profitiert.«
    »Siehst du, und da behauptest du, dass du nichts weißt.«
    Kornilow zog einen zerknitterten Fünfziger aus dem Portemonnaie und strich ihn genüsslich glatt.
    »Das hilft auch nichts«, winkte der Greis ab.
    »Erstaunlich.« Der Major sah den Schuster misstrauisch an. »Soweit ich mich erinnere, ist es das erste Mal, dass du nicht auf dem Laufenden bist. Ich bin enttäuscht. «
    Mechrab zuckte mit den Schultern und lugte verstohlen über seine Brille hinweg.
    »Also, ähm, ich weiß vorläufig nichts. Niemand traut
sich etwas zu sagen, weil alle Angst vor diesen Typen haben.«
    »Typen mit roten Kopftüchern?«
    »Hm, ja«, gab der Schuster widerstrebend zu.
    »Verstehe«, erwiderte Kornilow. »Mechrab, ich muss mich mit Edik treffen.«
    »Wann?«
    »Heute.«
    »Gut«, willigte der Greis ein, der sich freute, dem Polizisten wenigstens damit einen Dienst erweisen zu können. »Ist Ihre Handynummer noch dieselbe?«
    Kornilow konnte gar nicht so schnell schauen, wie sein Fünfziger in der Schürze des Schusters verschwand.

KAPITEL SIEBEN
    Städtisches Mietshaus
Moskau, Miklucho-Maklaja-Straße
Dienstag, 27. Juli, 07:00 Uhr
     
     
    Wie an jedem Arbeitstag wurde Artjom vom Fernseher aus dem Schlaf gerissen. Seinen gewöhnlichen Wecker hatte er bereits vor etwa drei Jahren in den Müll geworfen, nachdem ihm klargeworden war, dass dessen ätzende Pieplaute ihn früher oder später in den Wahnsinn treiben würden. Er hatte deshalb ein Fernsehgerät mit Timerfunktion erworben und entstieg seiner Schlafstatt seither stets unter den Klängen munterer Popsongs. Die langsam lauter werdende Musik machte den allmorgendlichen Alptraum des Aufstehens etwas erträglicher.
    Als der treibende Rhythmus des neuesten MTV-Hits in sein Bewusstsein drang, wälzte sich Artjom von seinem Schlafsofa und trottete fluchend ins Bad. Mit miserabel war seine Laune noch wohlwollend

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