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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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Multiversums ein Inflatonfeld, dessen Energie
und negativer Druck hoch bleiben, so dass auch dort die charakteristische inflationäre Expansion stattfindet. Diese Expansion treibt die Blasenuniversen auseinander. Wenn aber die Expansionsgeschwindigkeit der Blasen das Tempo, mit der sie durch die Expansion des Zwischenraums auseinandergetrieben werden, übersteigt, stoßen die Blasen zusammen. Bedenkt man, dass die inflationäre Ausdehnung kumulativ ist – je mehr expandierender Raum sich bereits zwischen zwei Blasen befindet, desto schneller werden sie auseinandergetrieben –, gelangen wir zu einer interessanten Erkenntnis. Wenn zwei Blasen sich wirklich dicht nebeneinander bilden, liegt zwischen ihnen so wenig Raum, dass ihre Trennungsgeschwindigkeit geringer ist als ihre Expansionsgeschwindigkeit. Die Blasen befinden sich also auf Kollisionskurs.
    Diese Überlegung erwächst aus der Mathematik. Im inflationären Multiversum können Universen zusammenstoßen. Außerdem haben mehrere Wissenschaftlerteams (darunter Jaume Garriga, Alan Guth und Alexander Vilenkin; Ben Freivogel, Matthew Kleban, Alberto Nicolis und Kris Sigurdson; Anthony Aguirre und Matthew Johnson) etwas Interessantes nachgewiesen: Manche Kollisionen dürften zwar die innere Struktur der einzelnen Blasenuniversen gewaltsam zerstören – was für Blasenbewohner wie uns nicht gut ist. Es kann aber auch zu sanfteren Berührungen kommen, die beobachtbare Spuren hinterlassen, ohne katastrophale Folgen nach sich zu ziehen. Wie die Berechnungen zeigen, würde der Stoß bei einer solchen leichten Kollision Schockwellen erzeugen, die durch den Raum laufen und zu Veränderungen in der Verteilung der wärmeren und kühleren Regionen der kosmischen Hintergrundstrahlung führen. 1 Ein Thema aktueller Forschung ist die Frage, welchen Fingerabdruck eine solche Störung im Einzelnen hinterlassen würde; wer hier eine Antwort findet, legt die Grundlagen für Beobachtungen, mit denen man eines Tages Belege dafür sammeln könnte, dass unser Universum mit anderen zusammengestoßen ist – Belege dafür, dass es da draußen noch andere Universen gibt.
    Aber so spannend solche Aussichten auch sein mögen: Wie sieht es aus, wenn sich kein Versuch, Belege für Wechselwirkungen oder eine Begegnung mit einem anderen Universum zu finden, als erfolgreich erweist? Oder, nüchtern gefragt: Wie geht es mit der Vorstellung von einem Multiversum weiter, wenn wir mit Experimenten und Beobachtungen nie irgendwelche Spuren anderer Universen finden?

    Naturwissenschaft und das Unzugängliche I: Kann es wissenschaftlich gerechtfertigt sein, nicht beobachtbare Universen zu postulieren?
    Jedes theoretische System setzt die Existenz bestimmter Strukturelemente voraus: grundlegende Bestandteile der Theorie und mathematische Gesetze, die für sie gelten. Diese Struktur definiert nicht nur die Theorie, sondern bestimmt auch darüber, welche Fragen wir im Rahmen der Theorie überhaupt stellen können. Isaac Newtons Struktur war handfest. Seine Mathematik handelte von den Positionen und Geschwindigkeiten von Objekten, mit denen wir unmittelbar in Kontakt kommen beziehungsweise die wir ohne Weiteres sehen können, von Steinen und Kugeln bis zu Sonne und Mond. Newtons Vorhersagen wurden durch zahlreiche Beobachtungen bestätigt, was uns das Vertrauen vermittelte, dass seine Mathematik die Bewegung vertrauter Objekte tatsächlich zutreffend beschreibt. James Clerk Maxwell vollzog mit der Struktur seiner Theorie des Elektromagnetismus einen großen Schritt in Richtung der Abstraktion. Schwingende elektrische und magnetische Felder gehören nicht zu den Dingen, für deren Wahrnehmung unsere Spezies im Laufe der Evolution geeignete Sinnesorgane entwickelt hat. Wir sehen zwar »Licht« – elektromagnetische Schwingungen, deren Wellenlänge in einem Bereich liegt, den unsere Augen wahrnehmen können –, aber die schwingenden Felder, die von der Theorie postuliert werden, als solche sehen wir nicht. Wir können jedoch raffinierte Instrumente bauen, mit denen sich diese Schwingungen messen lassen, und die Messungen sprechen in Verbindung mit den zahlreichen durch die Theorie bestätigten Vorhersagen nachdrücklich dafür, dass wir uns tatsächlich inmitten eines pulsierenden Ozeans aus elektromagnetischen Feldern befinden.
    Im zwanzigsten Jahrhundert griff die Grundlagenforschung zunehmend auf unzugängliche Eigenschaften zurück. Die Verschmelzung von Raum und Zeit bildet das Gerüst für die

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