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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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einfließen, und der angebliche Unterschied wäre verschwunden. Wenn es sich um einen nicht mathematischen Aspekt handelt, so die Argumentation, muss er vom Menschen geprägt sein, und demnach ist er nicht grundsätzlicher Natur. Es gibt also keine Unterscheidung zwischen der mathematischen Beschreibung der Wirklichkeit, wie wir üblicherweise sagen, und ihrer physikalischen Verkörperung. Beide sind dasselbe. Es gibt keinen Schalter, der die Mathematik »einschaltet«. Mathematische Existenz ist gleichbedeutend mit physikalischer Existenz. Und da dies für jede und alle Mathematik gilt, eröffnet sich damit ein weiterer Weg zum letztmöglichen Multiversum.
    Über solche Argumente nachzudenken, mag interessant sein; dennoch bleibe ich skeptisch. Bei der Bewertung einer bestimmten Multiversums-Theorie bin ich voreingenommen: Für mich muss es einen Prozess geben, so schwer fassbar er auch sein mag – ein fluktuierendes Inflatonfeld, Kollisionen zwischen Branwelten, Quantentunnel durch die Landschaft der Stringtheorie, eine Welle, die sich entsprechend der Schrödinger-Gleichung entwickelt –, von dem wir uns vorstellen können, dass er das Multiversum erzeugt. Ich gründe meine Gedanken lieber auf eine Abfolge von Ereignissen, die zumindest prinzipiell dazu führen können, dass sich ein bestimmtes Multiversum entfaltet. Sich einen solchen Prozess für das letztmögliche Multiversum vorzustellen, ist schwierig; er müsste in verschiedenen Bereichen unterschiedliche mathematische Gesetze liefern. Im Zusammenhang mit dem inflationären und dem Landschafts-Multiversum haben wir erfahren, dass die physikalischen Gesetze sich im Detail von einem Universum zum anderen unterscheiden können, aber das liegt an unterschiedlichen
Umweltbedingungen, beispielsweise an den Werten bestimmter Higgs-Felder oder an der Form der zusätzlichen Dimensionen. Die zugrunde liegenden mathematischen Gleichungen, die in sämtlichen Universen wirken, sind die gleichen. Welcher Prozess, der innerhalb einer vorgegebenen Gruppe mathematischer Gesetze wirksam ist, kann diese mathematischen Gesetze verändern? Das scheint schlicht und einfach ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, so wie die Zahl fünf, die unbedingt eine Sechs sein will.
    Bevor wir uns aber mit dieser Schlussfolgerung zufriedengeben, sollten wir noch etwas bedenken: Es kann Bereiche geben, in denen es so scheint , als würden sie anderen mathematischen Regeln unterliegen. Denken wir noch einmal an die simulierten Welten. Im Zusammenhang mit Dr. Johnson habe ich als pädagogisches Hilfsmittel eine Computersimulation eingeführt, mit der man erklären kann, wie Mathematik das Wesen des Erlebens verkörpert. Wenn wir solche Simulationen aber für sich allein betrachten, wie im Zusammenhang mit dem simulierten Multiversum, so erkennen wir, dass sie genau den Prozess bieten, den wir benötigen: Die Computer-Hardware, auf der eine Simulation läuft, unterliegt zwar den normalen Gesetzen der Physik; Grundlage der simulierten Welt sind jedoch diejenigen mathematischen Gleichungen, die der Benutzer willkürlich ausgewählt hat. Die mathematischen Gesetze können also von einer Simulation zur anderen variieren und tun das in der Regel auch.
    Wie wir im Folgenden erfahren werden, bietet sich damit ein Mechanismus, mit dem sich zumindest ein privilegierter Teil des letztmöglichen Universums erzeugen lässt.
    Die Babel-Simulation
    Wie ich bereits angemerkt habe, liefern Computersimulationen für Gleichungen, wie wir sie in der Physik im Regelfall untersuchen, nur Näherungslösungen. Das gilt ganz allgemein, wenn ein Digitalcomputer sich mit kontinuierlich veränderlichen Zahlenwerten auseinandersetzen muss. In der klassischen Physik beispielsweise (in der die Raumzeit ein Kontinuum ist) passiert ein Ball, der von der Mittellinie aus ins Tor geschossen wird, eine unendlich große Zahl von Raumpunkten. 9 Den Ball über eine unendliche Zahl von Orten und eine unendliche Zahl möglicher Geschwindigkeiten, die der Ball an diesen Orten besitzen kann, zu verfolgen, wird immer im Bereich des Unmöglichen bleiben. Computer können im besten Fall aufwendige, aber immer noch näherungsweise Berechnungen durchführen und den Ball beispielsweise jeden Millionstel oder Milliardstel oder
Billionstel Zentimeter verfolgen. Für viele Zwecke ist das völlig ausreichend, dennoch bleibt es eine Näherung. Hilfreich sind in gewisser Weise die Quantenmechanik und die Quantenfeldtheorie, die verschiedene Arten

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