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Die verborgene Wirklichkeit

Die verborgene Wirklichkeit

Titel: Die verborgene Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Greene
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modernen Lesart der Stringtheorie entspricht – vielleicht tatsächlich eine abwegige Hoffnung, man könne die Form der zusätzlichen Dimensionen durch mathematische Kriterien eindeutig bestimmen. In Wirklichkeit könnte es sich vielleicht ähnlich verhalten wie mit den vielen verschiedenen Formen der DNA, die auf der Erde für die üppige Fülle des Lebens sorgen: Möglicherweise sind auch viele verschiedene Formen der zusätzlichen Dimensionen für die üppige Fülle der Universen verantwortlich, die ein auf Strings basierendes Multiversum bevölkern.
    Stringtheorie und Experiment
    Wenn ein typischer String so klein ist, wie Abbildung 4.2 andeutet, würde man zum Nachweis seiner räumlich ausgedehnten Struktur – jenes Merkmals also, das ihn von einem Punkt unterscheidet – einen Teilchenbeschleuniger benötigen, der einige Millionen Milliarden Mal leistungsfähiger ist als der LHC. Mit der uns bekannten Technologie müsste ein solcher Beschleuniger so groß sein wie unsere Galaxis, und er würde in jeder Sekunde eine Energiemenge verbrauchen, mit der man die ganze Welt tausend Jahre lang am Laufen halten könnte. Wenn es nicht einen spektakulären technologischen Durchbruch gibt, kann man also mit Sicherheit sagen, dass Strings bei den relativ geringen Energien, die unsere Beschleuniger erreichen können, immer wie punktförmige Teilchen aussehen werden. Das ist die experimentelle Version des theoretischen Umstands, auf die ich zuvor bereits hingewiesen habe: Bei niedriger Energie verwandelt sich die Mathematik der Stringtheorie in die der Quantenfeldtheorie. Selbst wenn also die Stringtheorie die eigentliche grundlegende Theorie ist, wird sie für uns in einem breiten Spektrum möglicher Experimente so aussehen wie die herkömmliche Quantenfeldtheorie.
    Das ist auch gut so. Die Quantenfeldtheorie verfügt zwar nicht über die Mittel, um Allgemeine Relativitätstheorie und Quantenmechanik zu verbinden, und man kann mit ihr auch nicht die grundlegenden Eigenschaften der Elementarteilchen vorhersagen. Sie gestattet aber die Erklärung vieler anderer experimenteller Befunde. Zu diesem Zweck geht sie von den gemessenen Eigenschaften der Teilchen aus (die festlegen, welche Felder in der betreffenden Quantenfeldtheorie
vorkommen und welche Potenzialkurven sie haben) und sagt dann mit den mathematischen Methoden der Quantenfeldtheorie vorher, wie solche Teilchen sich in anderen Experimenten, zu denen man meist Teilchenbeschleuniger verwendet, verhalten werden. Die Vorhersagen sind äußerst genau, und aus diesem Grund war die Quantenfeldtheorie für Generationen von Teilchenphysikern das wichtigste theoretische Werkzeug.
    Die Festlegung der Felder und ihrer Eigenschaften in der Quantenfeldtheorie ist gleichbedeutend mit der Entscheidung für eine bestimmte Form der zusätzlichen Dimensionen in der Stringtheorie. Letztere steht aber vor der besonderen Herausforderung, dass die mathematischen Beziehungen, durch die Teilcheneigenschaften (beispielsweise Masse und Ladung) mit der Form der zusätzlichen Dimensionen verknüpft sind, außerordentlich kompliziert sind. Das macht es schwierig, in der Gegenrichtung zu arbeiten und experimentelle Befunde als Leitfaden für die Auswahl der zusätzlichen Dimensionen zu verwenden, wie man es tut, wenn man in der Quantenfeldtheorie die Felder und ihre Eigenschaften vorgibt. Eines Tages werden wir vielleicht über die theoretischen Fähigkeiten verfügen, um mithilfe experimenteller Daten die Form der zusätzlichen Dimensionen aus der Stringtheorie dingfest zu machen, aber so weit ist es noch nicht.
    Für die absehbare Zukunft führt der vielversprechendste Weg zur Verknüpfung der Stringtheorie mit experimentellen Daten über Vorhersagen, die zwar auch der Erklärung mit eher traditionellen Methoden zugänglich sind, sich aber mit der Stringtheorie weitaus natürlicher und überzeugender erklären lassen. Sie könnten beispielsweise im Prinzip annehmen, dass ich diese Worte mit den Zehen tippe, aber eine viel natürlichere und überzeugendere Hypothese – von der ich auch bestätigen kann, dass sie stimmt – lautet: Ich benutze die Finger. Analog lässt sich anhand der in Tabelle 4.1 aufgeführten Experimente und Beobachtungen zugunsten der Stringtheorie argumentieren.
    Das Spektrum der Beobachtungen reicht dabei von Beschleunigerexperimenten am LHC (mit denen man nach supersymmetrischen Partnerteilchen und Hinweisen auf zusätzliche Dimensionen sucht) über Experimente in

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