Die verborgene Wirklichkeit
Gravitation sich ausbreiten kann. Und wie ein Tropfen Tinte, der sich in einem Gefäß mit Wasser ausbreitet und dabei verdünnt wird, so wird auch die Gravitation schwächer, wenn sie sich durch die zusätzlichen Dimensionen ausbreitet. Das wäre eine Erklärung dafür, dass die Gravitation schwach zu sein scheint (wenn wir eine Tasse Kaffee hochheben, überwinden unsere Muskeln die Gravitationsanziehung der ganzen Erde). Könnte man die Stärke der Gravitation auf Entfernungen messen, die geringer sind als die Abmessungen der zusätzlichen Dimensionen, würden wir sie erwischen, bevor sie sich weiter ausgebreitet hat, und dann würden wir feststellen, dass sie stärker ist, als in drei Dimensionen zu erwarten. Heute hat man mit Messungen bis hinab zu einem Mikrometer (10 – 6 Meter) keine Abweichungen von dem gefunden, was man in einer Welt mit drei Raumdimensionen erwarten würde. Sollte sich eine solche Abweichung zeigen, wenn die Physiker zu noch kürzeren Entfernungen vordringen, wäre das ein überzeugender Beweis für die Existenz zusätzlicher Dimensionen.
Zusätzliche Dimensionen und fehlende Energie
Wenn die zusätzlichen Dimensionen existieren, aber weitaus kleiner als ein Mikrometer sind, kann man sie mit Experimenten, die unmittelbar die Stärke der Gravitation messen, nicht erfassen. Der LHC bietet jedoch einen anderen Weg, um ihre Existenz ans Licht zu bringen.
Wenn Physiker in ihren Beschleunigern extrem schnelle Teilchen aufeinanderprallen lassen, können einige der dabei entstehenden »Bruchstücke« unsere vertrauten großen Dimensionen verlassen und in die versteckten Dimensionen hineinrutschen (wobei es sich bei diesen Bruchstücken aus Gründen, auf die wir noch zu sprechen kommen werden, wahrscheinlich um Gravitationsteilchen oder Gravitonen handeln würde). Mit den Bruchstücken würde auch die in ihnen enthaltene Energie entkommen, und deshalb würden unsere Detektoren nach dem Zusammenstoß etwas weniger Energie messen als vorher. Diese Art von fehlender Energie wäre ebenfalls ein stichhaltiges Indiz für die Existenz der zusätzlichen Dimensionen.
Zusätzliche Dimensionen und Schwarze Mini-Löcher
Beim Begriff Schwarzes Loch denken die meisten an die Überreste massereicher Sterne, deren nuklearer Brennstoff erschöpft war, so dass sie unter ihrem eigenen Gewicht kollabiert sind. Das ist indes eine recht eingeschränkte Sicht der Dinge. Alles kann zu einem Schwarzen Loch werden, wenn es nur stark genug zusammengepresst wird. Und wenn außerdem zusätzliche Dimensionen dafür
sorgen, dass die Gravitation auf kurze Entfernungen stärker ist, wird die Entstehung Schwarzer Löcher einfacher: Eine stärkere Gravitationskraft hat zur Folge, dass Materie weniger eng zusammengedrängt sein muss, damit die gleiche Anziehungskraft entsteht. Schon wenn zwei Protonen mit einer Geschwindigkeit zusammenprallen, wie sie im LHC erreicht wird, könnten sie genügend Energie auf hinreichend kleinem Raum konzentrieren, um ein Schwarzes Loch zu erzeugen. Das wäre nur ein winzig kleines Schwarzes Loch, würde aber eine unverkennbare Spur hinterlassen. Mit entsprechenden Berechnungen, die auf Arbeiten von Stephen Hawking zurückgehen, kann man zeigen, dass winzige Schwarze Löcher zu einem Regen aus leichteren Teilchen zerfallen würden, deren Spuren von den Detektoren des Beschleunigers aufgezeichnet werden könnten.
Gravitationswellen
Strings sind zwar winzig klein, aber wenn man einen davon zu fassen bekommen würde, könnte man ihn gehörig in die Länge ziehen. Dazu müsste man eine Kraft aufwenden, als müsste man 10 23 Kilogramm anheben, aber das Dehnen eines Strings ist nur eine Frage des ausreichend großen Energieaufwands. Theoretiker sind auf einige exotische Szenarien gestoßen, in denen Energie für eine solche Streckung durch astrophysikalische Prozesse entstehen könnte; sie würden lange Strings hervorbringen, die durch den Raum schweben. Solche Strings wären selbst dann nachzuweisen, wenn sie sehr weit entfernt sind: Wie man aus Berechnungen weiß, erzeugt ein solcher langer, schwingender String winzige Schwingungen der Raumzeit – sogenannte Gravitationswellen – mit sehr charakteristischer Form, die demnach eine eindeutige, beobachtbare Spur darstellen würden. Möglicherweise wird man mit sehr empfindlichen Detektoren, die auf der Erde und – ausreichende Mittel vorausgesetzt – auch im Weltraum stationiert werden, schon in den nächsten Jahrzehnten oder noch früher solche
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