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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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ins Schloss.
    Ich bin seltsam aufgewühlt, nachdem er gegangen ist, und weiß nicht, warum.

37. Kapitel
    Karen
    M eine Träume sind entsetzlich, die nächtlichen Schweißausbrüche lassen mich in feuchter, klebriger Panik zurück. Ich war noch nie ein geduldiger Mensch, aber jetzt bin ich den ganzen Tag über aufbrausend und reizbar und fühle mich die meiste Zeit müde und erschöpft. Alles gerät aus den Fugen. McFarlane schaut mir permanent auf die Finger, will wissen, warum ich mit meinen schriftlichen Berichten nicht nachkomme. Gestern Vormittag hatte ich, gemeinsam mit Mackie, einen Gerichtstermin, bei dem ein Verkehrsunfall zur Verhandlung kam, und ausgerechnet an diesem Tag habe ich verschlafen. Ich kam dann zwar am Ende nur zwanzig Minuten zu spät, und die Verhandlung verzögerte sich ohnehin, und so hätte keiner etwas gemerkt, wenn dieser elende Wichser nicht im Revier angerufen hätte, angeblich, um mich zu suchen.
    Heute, an meinem freien Tag, schlendere ich dreimal an Hammonds Praxis vorbei, ehe ich schließlich hineingehe. Ich bin nicht sicher, ob es mir gelingen wird, so zu tun, als ginge es bei meinem Besuch um Carol Ann.
    Hammond ist erkältet. Er sieht grau und erschöpft aus und zieht mit müder Hand ein Papiertaschentuch nach dem anderen aus einer Box auf seinem Schreibtisch. Aber er wirkt keine Sekunde überrascht, mich zu sehen. Warum ist das so? Jedenfalls macht er auf mich den Eindruck, als hätte er mich erwartet, als wäre mein Besuch nur eine Frage der Zeit gewesen. Kommen Sie in einer Stunde wieder, teilt er mir mit. Denn da hat er eine zwanzigminütige Pause.
    Hammond legt seinen Stift beiseite, als ich erneut sein Sprechzimmer betrete, und deutet mit der Hand auf einen Stuhl. Er lächelt vage, nickt, als wäre er auf meinen Besuch bestens vorbereitet. Etwas an seiner Miene ärgert mich. Als dächte er, mich besser zu kennen, als ich mich selbst kenne, und das passt mir nicht. Instinktiv ändere ich meinen Vorsatz, worüber ich mit ihm reden werde.
    »Nur noch ein paar Details, was Carol Ann betrifft.«
    »Oh?«, sagt Hammond. »Wie Sie eben zur Tür hereingekommen sind, hatte ich den Eindruck, Sie wollten über etwas anderes mit mir reden.«
    »Nein.«
    Er schaut mich an und nickt, wartet. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er hebt beide Hände, Handflächen nach oben, als wollte er mit dieser Geste sagen: »Na, dann schießen Sie mal los«.
    »Dissoziation«, sage ich.
    »Ja?«
    »Sie erwähnten bei meinem ersten Besuch, ein Mensch unter Stressbelastung würde sich bisweilen von seinem Leben dissoziieren. Ich wollte Sie bitten, mir noch einmal zu erklären … was genau Sie damit meinen. Also, ich wollte eigentlich nur wissen, ob Sie mir sagen können, was … nun … was geschehen würde, falls Carol Ann … falls sie … nun, falls dies geschehen ist.«
    Hammond lässt mich nicht aus den Augen, während ich mich rettungslos verhasple.
    »Dissoziation ist einfach ein psychischer Abwehrmechanismus«, antwortet Hammond mit ruhiger Stimme. »Es ist ein Befreiungsschlag. Wenn ein Mensch unter Stress steht, wenn er das Gefühl hat, nicht mehr zurechtzukommen mit einer Situation, ist er möglicherweise nicht dazu fähig, sich physisch aus dieser Situation zu entfernen, also versucht er, sich mental davon zu lösen. Und manchmal … wie es vielleicht mit Carol Ann geschehen ist … führt diese mentale Loslösung schließlich auch zu einer physischen Entfernung.«
    Hammond trägt heute ein pfirsichfarbenes Hemd. Ich konzentriere meine Aufmerksamkeit auf seinen Kragen.
    »Aber wie löst man sich mental?«
    »Auf vielerlei Arten und Weisen.« Hammond lehnt sich in seinem Sessel zurück, stützt die Ellbogen auf die Armlehnen, legt die Fingerspitzen zu dem vertrauten Dreieck zusammen. Durch das Zurücklehnen ist sein Gesicht in den Schatten getaucht. Die Farbe seiner Augen wechselt, je nachdem, wie das Licht darauf fällt; manchmal sind sie blau, das stumpfe Blau der aufgewühlten See an einem stürmischen, regnerischen Tag, und manchmal grau. »Stellen Sie sich vor«, sagt er, »nur mal als Beispiel, Sie lebten mit einem Alkoholiker zusammen.«
    Er streckt die Hand aus nach der Spenderbox auf seinem Schreibtisch, hält jedoch einen kurzen Moment in der Bewegung inne, ehe er das Papiertaschentuch herauszieht.
    »Oh Verzeihung«, sagt er. »Habe ich Sie eben erschreckt?«
    »Nein.«
    »Ich dachte, Sie wären zusammengezuckt«, sagt er mit sanfter Stimme.
    »Nein.«
    »Also«, fährt

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