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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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tatsächlich so: Am Anfang fördert sie das Beste in dir zutage, und am Ende bringt die Enttäuschung das Schlechteste in dir zum Vorschein. Mein Blick wandert ständig zwischen den beiden hin und her. Molly, die keine Anzeichen erkennen lässt, dass sie jemand anderen als Sean wahrgenommen hat, macht auf dem Absatz kehrt und geht davon.
    In der zweiten Dezemberwoche veranstaltet Sean eine Weihnachtsfeier. Diese Feier in seinem Pub ist bereits Tradition, und der Gastraum ist gerammelt voll mit Leuten aus der Gegend, manche sind sogar extra aus Balgannan hergekommen. Wir kommen kaum mit dem Einschenken nach, die sauberen Gläser gehen uns aus, und wir spülen Gläser und bedienen in rasender Eile. Michael steht an der Seite des Tresens, an der sich das Spülbecken befindet. Er fängt meinen Blick auf und lächelt.
    Sean flitzt wie ein Wilder mal hierhin, mal dorthin. »Eins auf dein Wohl, Sean«, wird immer wieder eine Stimme laut, und Sean trinkt mit seinen Gästen und lässt sich seinerseits nicht lumpen und schenkt seinen Stammgästen auf Kosten des Hauses nach. Er hat Mistelzweige besorgt und sie über dem Tresen aufgehängt und macht sich nun einen Spaß daraus, durch das Lokal zu wandern und einen dieser Zweige über die Köpfe seiner Gäste zu halten. In der Ecke sitzt ein alter Kerl mit seinem Hund, Sean hält den Mistelzweig über ihn und ruft: »Mach schon, gib dem Hund endlich einen Kuss!«
    »He!«, ruft Sammy Barnes, der am Nachbartisch sitzt. »So kannst du mit meiner Frau nicht reden!«
    Und Sean hält sich den Bauch vor Lachen, als hätte er in seinem Leben noch nie einen besseren Witz gehört.
    Michael beugt sich über den Tresen.
    »Cara, das war’s dann.«
    Alles in mir gerät ins Stocken, langsam wie die Trommel einer Waschmaschine, die zum Stillstand kommt.
    »Wie meinst du das?«
    »Na, das Strandhaus«, sagt er, und das Leben kehrt in meinen Körper zurück. »Ich hatte heute den ganzen Tag frei. Und da bin ich mit den Arbeiten fertig geworden.«
    In dem Lärm kann ich die zweite Hälfte seiner Rede kaum verstehen.
    »Was hast du gesagt?«, rufe ich.
    »Das Strandhaus ist fertig geworden. Ich habe heute die letzten Malerarbeiten gemacht, und ein Kollege von mir verlegt heute Abend noch den Teppichboden. Komm morgen Vormittag vorbei und schau es dir an.«
    Ich lasse das Glas, das ich in der Hand halte, zurück ins Spülbecken sinken. »Michael, das ist ja fantastisch!« Ich beuge mich über den Tresen und nehme Michael in die Arme.
    »Boah!«, ruft eine Stimme. »Sean! Sean, dein Barpersonal schmust mit den Gästen!«
    »Cara May, mein Schatz!«, brüllt Sean. »Wo bist du? Wenn du Küsse austeilst, will ich auch einen haben.«
    Ich lasse Michael los, widme mich wieder meinen Gläsern und lache Sean zu. Doch die Gäste stampfen nun mit den Füßen und lachen und johlen, und einer brüllt: »Komm schon, Cara, zier dich nicht so, Sean sucht dich.«
    »Keine Zeit«, rufe ich ihm zu.
    Doch Sean rückt bereits an, in der Hand seinen Mistelzweig, Sean, der heute alle Menschen auf der Welt liebt und viel zu viel getrunken hat. Ich weiche einen Schritt zurück, als er noch näher kommt, doch schließlich hat er mich in eine Ecke gedrängt und beugt sich nun in gespielter Leidenschaft über mich, biegt meinen Rücken nach hinten und drückt mir unter dem Gelächter und Gejohle seiner Gäste einen heftigen Schmatz auf den Mund. Ich richte mich wieder auf, bekomme vor lauter Lachen kaum noch Luft und schiebe ihn, mit einer kleinen Ohrfeige versehen, von mir weg. Ich hebe den Kopf. Molly steht hinter Sean. Sean dreht sich zu ihr um.
    »Molly, mein süßes Schätzchen«, ruft Sean und will sich nun ihr nähern. Er ist zu betrunken, um die kalte Wut in ihren Augen wahrzunehmen. »In Dublin’s fair city, where the girls are so pretty, I first set my eyes on sweet Molly Malone«, schmettert er, aber Molly will nichts davon wissen. Und eigentlich kann ich es ihr nicht verdenken. Meine Freunde dachten auch immer, Lily sei ungemein witzig, wenn sie in Partylaune war. Fanden sie zum Schreien. Doch sie mussten sie ja auch nicht, wenn der Abend zu Ende war, mühevoll die Treppe hochschleppen, sie irgendwie ins Bett schaffen. Sie gingen heim zu ihren Müttern, die zwar nicht halbwegs so amüsant waren, aber nüchtern.
    Der Lärmpegel sinkt ein wenig, als Molly den Gastraum verlässt und in den Korridor dahinter geht. Ich sehe, wie Gäste im hinteren Teil des Lokals die Hälse recken, um den Ursprung für das jähe

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