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Die verborgenen Bande des Herzens

Die verborgenen Bande des Herzens

Titel: Die verborgenen Bande des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Deveney
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Magen um, denn dieser Geruch löst eine solche Flut an Erinnerungen in mir aus, dass mir schier die Luft wegbleibt. Gedünsteter Kohl, genau wie Lily ihn zubereitete, der Geruch drang aus ihrer Wohnung hinaus auf den Korridor, hielt sich stundenlang im Treppenhaus. Einmal ließ sie den Kohl anbrennen, bis nur noch ein schwärzlicher Rest im Topf übrig war, weil sie am Nachmittag während des Kochens immer wieder einen Schluck aus ihrer Ginflasche getrunken hatte und schließlich eingeschlafen war. Als ich an jenem besagten Abend heimkam, roch es schon vor der Haustür nach verbranntem Kohl. Der Geruch hing zwei Tage lang im Treppenhaus herum wie ein ungebetener Gast.
    »Okay?«, fragt Harry.
    »Fantastisch, Harry«, antworte ich. »Das schmeckt so lecker.« Ich stopfe mir eine Gabel Kohl in den Mund, spüre die glitschige Schlaffheit des gedünsteten Gemüses an meinen Zähnen, und augenblicklich steigt die Erinnerung an das vernachlässigte Kind, das ich war, in mir auf wie bittere Galle. Lily. Ich kann mich nur noch stärker bemühen, Carol Ann wegzusperren. Ich bin Cara May. Ich habe keine Mutter. Ich habe kein Kind.
    Vergebt mir.
    Die Zeit steht still. Die Vergangenheit hat die Gegenwart eingeholt und zum Stillstand gebracht, und ich werde zu spät zu meiner Arbeit ins Pub kommen. Ich hätte nach dem Essen direkt nach Hause gehen sollen, doch ich machte stattdessen einen Umweg, wanderte zu dem kleinen Haus auf dem Felsvorsprung, und jetzt stehe ich dort und lausche dem Rufen der See. Ich höre über dem Rauschen der Brandung Josie lauter als je zuvor, höre sie in dem klagenden Widerhall der Brecher. Ich sehe ihr Gesicht vor mir. Sie hat uns zerstört.
    Dadurch, dass ich Harry zugehört, mir die Geschichte einer fehlgeschlagenen Liebe angehört habe, habe ich angefangen, Alex zu vermissen. Ich trauere um ihn, um mich, um das, was wir einst waren, was wir hätten sein können. Aber ich kann mit dem Gefühl, Alex zu vermissen, leben, weil ich ihn nun schon so lange Zeit vermisse. Ich habe Alex immer vermisst, selbst als ich noch mit ihm zusammen war. Ich habe den Alex vermisst, der er einst war. Inzwischen vermisse ich sogar den Alex, zu dem er geworden ist.
    Harrys Leben ist nicht mein Leben, und dennoch gleichen sie sich. Die Wandteppiche, die unsere Geschichte erzählen, sind aus den gleichen Teppichfäden gewebt. Blau für Schuld. Rot für Zorn. Grün für Trauer. Vielleicht fühlen wir uns zueinander hingezogen, weil wir uns im anderen wiedererkennen. Er jedoch harrt in seinem Leben aus, während ich aus meinem Leben weggelaufen bin. Ich zog es vor, aus meinem Wandteppich herauszutreten und ein neues Bild zu weben. Doch nun merke ich, dass das Neue, das ich jetzt im Begriff bin aufzubauen, auch nicht ohne Komplikationen ist, denn Harrys Traurigkeit zieht mich zu ihm hin. Ich halte es für meine Pflicht, seinen Schmerz zu lindern. Nicht weil wir uns zueinander hingezogen fühlten, sondern weil ich ein Mensch bin und neben ihm stehe. Doch je mehr ich mich bemühe, desto enger wird die Bindung zwischen uns. Man sollte meinen, dass man, wenn man sein altes Leben hinter sich gelassen hat, endlich frei ist. Doch vielleicht ist frei zu sein nur eine Illusion, es sei denn, man verzieht sich auf eine einsame Insel. Ich schätze, dass es sich im Leben einfach immer so verhält. Du lässt einen ganzen Berg Probleme hinter dir, und kaum bist du fort, schickst du dich an, dir einen Berg neuer Probleme zuzulegen, die sich in nichts von deinen früheren unterscheiden.
    Doch was geschehen ist, ist geschehen. Ich habe nicht den Mut, vielleicht auch nicht das ausreichend starke Bedürfnis, in mein altes Leben zurückzukehren. Auch die Bilder jener, die ich zu Hause zurückgelassen habe, werden sich inzwischen verändert haben. Nur ein paar Monate sind seither vergangen, dennoch werden neue Bilder, neue Perspektiven an die Stelle der alten getreten sein. Und ich bin nicht mehr Teil davon. Nein, es gibt kein Zurück mehr – selbst wenn ich es wollte. Auf dem Rückweg von Harry gehe ich an dem kleinen Strandhaus vorbei, das halb fertig auf der Kuppe des Hügels über dem Meer steht. In dieser Umgebung, die mir zeitlos vorkommt, winkt es mir zu, bietet es mir Trost und Zuflucht. Das hier ist jetzt mein Leben, die einzige Zukunft, die es für mich gibt.

29. Kapitel
    Karen
    J etzt, nachdem Brenda hier war, habe ich keinerlei Veranlassung, schon wieder zu Alex’ Haus zu fahren, doch ich habe keine Lust, eine Woche lang zu warten,

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