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Die Verborgenen

Die Verborgenen

Titel: Die Verborgenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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Clauser.«
    »Nein, das bin ich nicht. Dieser Teil meines Lebens ist eine Lüge.«
    Darüber würde sie nicht mit ihm streiten. Vielleicht fände sie später eine Gelegenheit, um mit seinem Vater zu sprechen und herauszufinden, ob es irgendetwas gab, was sie tun konnte. Doch jetzt würde sie Bryan keine Plattitüden vorsetzen.
    »Du bist ein Cop«, sagte sie. »Ja, ich weiß, dass du gefeuert wurdest, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du ein Mensch bist, der sein Leben der Aufgabe gewidmet hat, einem höheren Gut zu dienen.«
    Er nahm noch einen Schluck. »Genauso habe ich das bisher auch gesehen. Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher.«
    »Was meinst du damit?«
    Endlich drehte er sich zu ihr um. Die Schatten im Zimmer verbargen sein Gesicht und verschluckten das Licht seiner grünen Augen.
    »Ich glaube, ich bin irgendwie an diesen Job geraten, weil ich bin, was ich bin. Ich glaube, ich wurde ein Cop, weil ich die Jagd liebe.«
    Robin fragte sich, ob man ihr die Angst ansehen konnte, die sie empfand. Bryan hatte Weil ich die Jagd liebe gesagt, doch was er wirklich gemeint hatte, war: Weil ich die Jagd auf MENSCHEN liebe.
    Wieder nahm er einen Schluck. »Manche Cops bringen einen Menschen um, und das macht sie so fertig, dass sie die Truppe verlassen. Ich habe fünf Menschen umgebracht. Fünf. Allesamt im Dienst, allesamt bei einem sogenannten gerechtfertigten Einsatz von Feuerwaffen, und doch – bei keinem Einzigen tut es mir leid.«
    Er wandte sich ab und starrte wieder ins Nichts.
    Dieser neue Bryan, dieser Mensch, der seine Gefühle kaum im Zaum halten konnte, war beängstigend. Wenn Robin ihn nicht schon gekannt hätte und ihm jetzt in einer dunklen Gasse begegnen würde, würde sie in die andere Richtung davonrennen. Aber sie kannte ihn. Sie sah so viel Schmerz in seinem Gesicht. Sie wollte ihn umarmen, seinen Kopf auf ihre Brust ziehen und ihm langsam über das Haar streichen.
    »Bryan, es gibt einen Unterschied zwischen einem Mörder und einem Beschützer . Cops tragen ihre Waffen aus gutem Grund.«
    Er drehte sich wieder zu ihr um. »Aber sollte ich nicht wenigstens irgendetwas empfinden? Eine Art Reue oder Schuldgefühl? Oder irgendeine jener verdammten Regungen, nach denen mich die Psychologen jedes Mal fragen, wenn ich jemanden umgebracht habe?«
    »Was soll ich deiner Meinung nach darauf antworten? Wenn du nicht getan hättest, was du getan hast, wäre Pookie tot, John wäre tot, und du wärst auch tot. Du hast Leben gerettet. Es ist schließlich nicht so, dass du den Drang verspürst, loszuziehen und Babys zu verspeisen.«
    Er schwieg.
    »Denn wenn du Babys verspeisen möchtest, Bryan, dann musst du schon mir den Vortritt lassen, und du darfst vorerst keinen weiteren Scotch mehr trinken.«
    Er starrte noch immer vor sich hin, doch dann sah sie, wie sein Mund sich ein wenig öffnete. Er kämpfte gegen ein Lächeln an. Sie wartete, denn sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, was als Nächstes passieren würde. Sein Mund zuckte einmal, dann noch einmal, und schließlich verlor er den Kampf gegen das Lächeln.
    Er schüttelte den Kopf. »Das kann nicht dein Ernst sein. Witzeleien? Jetzt? «
    Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht hänge ich zu viel mit Pookie rum.«
    Bryans Lächeln verschwand. Die Traurigkeit kehrte in seine Augen zurück, und in diesem Moment war es, als würde ihre Seele zerfallen und vom Wind davongeweht.
    Sie drehte ihm den Rücken zu und ließ sich in seinen Schoß gleiten. Er wollte etwas sagen, doch bevor er ein Wort herausbrachte, legte sie ihm eine Hand auf den Hinterkopf und nutzte seine starre Haltung, um sich nach oben zu ziehen und ihn zu küssen. Ihr Mund drückte sich gegen seinen Mund. Sie spürte seinen Bart auf ihrer Oberlippe und ihrem Kinn. Sie atmete seinen Geruch ein und fühlte, wie sich der Duft in ihrer Brust ausbreitete. Bryan wollte ihr ausweichen, doch sie hielt ihn umso fester.
    Ihr Weinglas fiel zu Boden. Sie legte auch ihre andere Hand auf seinen Hinterkopf und zog ihn noch näher zu sich heran, wobei sie die Textur seiner Haare zwischen ihren Fingern fühlte. Er widersetzte sich ihr, doch nur für einen kurzen Augenblick. Dann spürte sie, wie sich seine Arme um ihr Kreuz schlossen und er sie ein wenig hochhob und an sich drückte, als wiege sie nichts. Seine Zunge – kühl nach dem eisigen Scotch – fand ihre Zunge.
    Sie wusste nicht, wie lange dieser Augenblick anhielt. Er währte eine Sekunde. Er währte eine Ewigkeit. Schließlich

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