Die Verborgenen
fühlen, wenn sie Trägerin der Mutation wäre? Und als sei das allein nicht schlimm genug, hatte Bryan auch noch erfahren müssen, dass die Familie, die er so sehr geliebt hatte, nicht seine richtige Familie war.
Sie nahm einen Schluck Wein.
Das wenige Licht, das durch die Vorhänge strömte, spiegelte sich in Emmas Augen und verlieh ihnen einen smaragdgrünen Schimmer. Emma spürte immer, wenn Robin beunruhigt war und versuchte dann, sich an sie zu schmiegen. Die Hündin stieß ein leises Winseln aus.
»Es geht mir gut, Süße«, sagte Robin. »Es ist, wie es ist.«
Aber was bedeutete dieses Es? Dieses Es bedeutete, den Rest ihrer Tage ohne den einzigen Mann zu verbringen, den sie haben wollte. Aller Wein der Welt würde es nicht schaffen, diese Erkenntnis zu vertreiben. Das Es bedeutete, nur noch ein halbes Leben zu führen.
Emma riss den Kopf hoch, als es an der Wohnungstür klopfte. Die Hündin erhob sich, wobei sie ihre Krallen achtlos in Robins Oberschenkel bohrte, als sie sich heftig abstieß und in Richtung Diele rannte.
Robin zuckte zusammen, stand auf und stellte das Weinglas auf den kleinen Tisch. Sie folgte Emma zur Tür. Die Hündin drückte ihre Nase auf den Boden. Ihr übergroßer Schwanz zuckte so wild hin und her, dass ihr Hundekörper fast umgerissen wurde.
So verhielt sie sich nur, wenn …
Robin hielt den Atem an, als sie die Tür öffnete.
Emma stürmte in den Hausflur und begann, Bryans Beine zu umkreisen und sich gegen ihn zu werfen. Er beugte sich vor und hob sie hoch, wie es typisch für ihn war: Ihre Hinterbeine hingen locker herab, ihr Schwanz schlug gegen sein Bein, und ihre rosafarbene Zunge leckte ihm wie verrückt über das Gesicht.
»Immer mit der Ruhe, Liebes«, sagte er. Er setzte Emma wieder ab, und seine grünen Augen wandten sich Robin zu.
»Hey«, sagte er.
Er sah aus, als hätte er seit Tagen nicht geschlafen. Er sah … hoffnungslos aus.
»Hey«, sagte sie.
Er wollte etwas sagen, hielt dann aber inne und schaute weg. »Ich wusste nicht, wo ich sonst hätte hingehen sollen.«
Sie machte einen Schritt beiseite und hielt die Tür auf. Bryan kam herein. Emma folgte ihm. Er wirkte wie benommen, als er in das dunkle Wohnzimmer ging und sich auf Robins Couch setzte. Sie nahm unweit von ihm Platz, aber nicht direkt neben ihm. Emma war nicht so vorsichtig. Die schwarz-weiße Hündin legte sich ihm zu Füßen und sah ihn liebevoll an, während ihr Schwanz in regelmäßigem Rhythmus auf den Teppich klopfte.
Robin musterte Bryan einen Augenblick lang, bevor sie zu sprechen begann. »Ich habe dich heute gesucht«, sagte sie. »Ich konnte dich nicht finden.«
»Oh, ich habe geschlafen.«
»Wo?«
»In Pookies Wagen«, sagte er. »Ansonsten bin ich, glaube ich, einfach ziellos umhergewandert.«
Sein Bart war zottelig geworden. Er erinnerte sie daran, dass sie noch immer Bryans Barttrimmer in ihrem Badezimmer liegen hatte. Sie hatte das Gerät eigentlich loswerden wollen, sich am Ende jedoch dagegen entschieden. Sie wollte diesen Bart berühren, sanft darüber streichen und den Schmerz vertreiben, den Bryan empfand.
»Ich habe gerade etwas Wein getrunken. Möchtest du auch ein Glas?«
Er starrte ins Zimmer. Oder ins Nichts. »Hast du auch was Stärkeres?«
»Dein Scotch-Vorrat ist noch immer hier. Talisker mit Eis?«
Sein Nicken verriet, dass er alles getrunken hätte, was sie im Haus hatte. Als sie ihm den Drink machte, war es wie eine Reise zurück in ihre gemeinsame Zeit, denn schon damals hatte sie das gerne für ihn getan. In fast allen Lebensbereichen waren Robin und Bryan gleichberechtigt, doch das Bedürfnis, ihn ein wenig zu bedienen, wurde sie einfach nicht los.
Kurz darauf reichte sie ihm das Glas. Die Eiswürfel klirrten, als er es entgegennahm. Seinen Drink bevorzugte er mit so viel Eis wie möglich. Er leerte das Glas in einem Zug und gab es ihr zurück.
»Noch einen?«
Er nickte.
Emmas Schwanz klopfte im gleichen Rhythmus auf den Boden wie zuvor.
Robin füllte Bryans Glas ein zweites Mal und setzte sich neben ihn. Dann griff sie nach seiner Hand und drückte das Glas vorsichtig hinein.
»Was soll ich nur tun, Robin?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Die Situation ist ein wenig ungewöhnlich, um das Mindeste zu sagen.«
Er nickte und nahm einen kleinen Schluck. Sie griff nach ihrem Weinglas. Dann saßen sie schweigend in der Dunkelheit nebeneinander. Diesmal wartete sie, bis er wieder sprach.
»Was bin ich?«
»Du bist Bryan
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