Die Verborgenen
Entscheidung, seinem Partner zu vertrauen, bereits bereute.
Falls ja, konnte Bryan ihm keine Vorwürfe machen.
Er fühlte eine leichte Brise auf seinem Gesicht und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Er schwitzte. Der Fund der Leiche hatte einen Adrenalinschub bei ihm ausgelöst. Jetzt ließ die Wirkung nach, und Übelkeit, Mattigkeit und Brustschmerzen kämpften wieder um seine Aufmerksamkeit. Er fühlte sich zehnmal so schlecht wie am Morgen.
Pookie kam zurück. Er lächelte, doch Bryan sah, wie künstlich das Lächeln war. Pookie tat nur so, als ob alles normal wäre. Immerhin würden ihm die anderen Polizisten diese Vorstellung abnehmen: Bryan und Pooks, die auf ihre übliche Art einen Fall untersuchten. Hier gibt es nichts zu sehen, bitte gehen Sie weiter …
»Das Bild im Führerschein«, sagte Pookie flüsternd. »Du hast den Jungen erkannt, nicht wahr? Du hast sein Gesicht gekannt.«
Bryan dachte einen kurzen Augenblick daran, zu lügen, doch dann nickte er. »Ja.«
»Woher?«
Bryan zuckte mit den Schultern. »Aus meinem Traum, Mann. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll.«
Pookie zog einen Schmollmund und nickte. Seine Miene verriet Wut und Frustration. »Geh nach Hause«, sagte er. »Nur für ein paar Stunden, okay?«
»Aber ich muss dir helfen. Ich muss …«
»Die Arbeit hier schaffe ich allein«, sagte Pookie. »Wir werden uns mit den Freunden und der Familie unterhalten müssen. Ich hole dich ab, bevor unsere große Runde von Tür zu Tür beginnt. Wir sind nicht besonders weit von deiner Wohnung entfernt, also kannst du zu Fuß gehen. Ich glaube, es ist das Beste, wenn du im Augenblick nicht hier bist.«
Pookies Blick war hart und unnachgiebig. Hier gab es nichts zu diskutieren.
Zwar musste es eine Erklärung für all das geben, doch keiner der beiden hatte die leiseste Ahnung, worin sie bestehen könnte.
Bryan drehte sich um und machte sich auf den Weg.
Robin und saure Milch
R obin Hudson schob sich die Haare unter das Haarnetz, betrat die Vorbereitungshalle und sah zu, wie der Transporter rückwärts an die Laderampe heranfuhr. Die Heckklappe öffnete sich. Überrascht bemerkte Robin, dass Sammy Berzon und Jimmy Hung ausstiegen. Sie schoben eine Rolltrage mit einem weißen Leichensack aus dem Wagen.
Als Kriminaltechniker halfen Sammy und Jimmy üblicherweise nicht dabei, eine Leiche in die Gerichtsmedizin zu transportieren; in der Regel erledigten das Robins Mitarbeiter selbst.
Robin strich ihre Einmalkleidung glatt und hängte sich die Digitalkamera um den Hals. Sie zog den Gesichtsschutz über den Kopf, ließ das Visier aus durchsichtigem Kunststoff jedoch noch hochgeklappt.
Die Männer rollten die Trage in die Vorbereitungshalle.
»Euch sieht man selten hier«, sagte Robin.
»Hallo, meine Hübsche«, sagte Sammy. »Hast du etwas dagegen, wenn wir dir bei dem hier helfen? Wir haben eine Wette am Laufen. Was hat ihn umgebracht? Ich sage, ein Rottweiler oder ein anderer großer Hund. Jimmy tippt auf ein exotischeres Tier.«
»Ein Tiger«, sagte Jimmy. »Definitiv ein Tiger.«
Robin nickte. »Klar. Ihr könnt mir assistieren. Ganz wie ihr wollt.«
»Wahnsinn«, sagte Sammy. »Ich werde die Tatortfotos in euer System hochladen, sobald wir die Leiche vorbereiten.« Er hielt einen großen, durchsichtigen Plastikbeutel hoch, der eine Decke enthielt. »Das Opfer lag darunter.« Er legte den Beutel auf das eine Ende der Rolltrage.
Robin beugte sich vor, um einen Blick darauf zu werfen. Sie sah, dass die Decke mit kurzen, bräunlichen Haaren überzogen war. Kein Wunder, dass Jimmy an einen Rottweiler dachte.
Sie griff nach dem Beutel. »Ich bin ziemlich gut darin, Hundehaare einzelnen Rassen zuzuordnen. Ich werde mir die Decke ansehen, wenn wir mit dem Toten fertig sind. Zieht euch um, während ich die Röntgenaufnahmen mache.«
Noch während der Tote im Leichensack lag, machte Robin meh rere Röntgenaufnahmen. Die größeren Verletzungen waren auf den digitalisierten Bildern sofort zu erkennen: der fehlende Arm, der ausgerenkte und an mindestens zwei Stellen gebrochene Kiefer, die fehlenden Zähne, der zerschmetterte rechte Orbitalknochen. Strahlend weiße Fragmente zeigten sich in der durch verschiedene Grautöne dargestellten Lunge – der Junge hatte einige seiner Zähne eingeatmet.
Sie beendete die Röntgenaufnahmen und rollte die Trage ans andere Ende der Vorbereitungshalle, wo Sammy und Jimmy auf sie warteten. Die beiden hatten ihre eigene Einmalkleidung
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