Die Verborgenen
Nase baumeln ließ. Oder verbarg sich dahinter eher die Drohung, dass Robin ihre Arbeit verlieren würde, sollte sie nicht mitspielen?
Robin drehte sich zu Verde um. Ein höhnisches Lächeln, das Ich hab’s Ihnen ja gesagt zu bedeuten schien, verzerrte seinen linken Mundwinkel.
»Wissen Sie, Rich, was sie verlangt hat, ist gar nicht so ungewöhnlich, also brauchen Sie sich deswegen auch nicht wie ein selbstgefälliges Arschloch aufzuführen.«
»Wenn ich Ihre Meinung hören will, frage ich Sie danach«, sagte Verde. »Erledigen Sie Ihre Arbeit, schreiben Sie Ihren Bericht und verplappern Sie sich nicht, wenn Sie Ihre Freundinnen am Getränkeautomaten treffen. Komm, Bobby, wir müssen los.«
Verde drehte sich um und ging davon. Bobby sah ihm mit der wahrscheinlich gleichen Verwirrung hinterher, die auch Robin empfand.
»Moment«, sagte sie. »Ich habe ein paar wirklich interessante Dinge herausgefunden, die für die Ermittlungen nützlich sein dürften. Möchten Sie nicht wissen, worum es sich handelt?«
»Ein Tier hat ihn angegriffen«, sagte Verde. »Ich werde Ihren Bericht lesen.«
»Es war nicht nur ein Tier, das ihn angegriffen hat.«
Er seufzte. »Na gut. Es waren auch noch Menschen daran beteiligt, die das Tier dazu benutzt haben, den Jungen zu töten. Wie auch immer. Der Tod trat aufgrund der massiven Verstümmelungen ein, und das war’s. In Sammy Berzons vorläufigem Tatortbericht steht, dass die ganze Leiche mit Hundefell bedeckt war.«
»Das war kein Hundefell«, sagte Robin. »Die Haarproben stammen von einem Menschen.«
Verde kniff die Augen zusammen. Es schien fast, als sei ihm die Information lästig .
»Es ist irgendein Tier«, sagte er. »Ihre Ergebnisse sind falsch.«
Was für ein aufgeblasener Vollidiot. »Und das wissen Sie deshalb, weil Sie Ihren Abschluss in Medizin … an welcher Universität gemacht haben? Sie werden meine Untersuchungen nicht einfach beiseitewischen, nur weil Ihnen nicht gefällt, was ich herausgefunden habe, Rich.«
Verde riss in einer abwehrenden Geste die Hände hoch. »Der Junge wurde von einem oder mehreren Tätern angegriffen, wie auch immer. Sie haben ihn zusammengeschlagen und irgendein verdammtes Tier auf ihn gehetzt. Das Tier hat dem Jungen den Arm abgerissen, der Junge starb, Fall erledigt. Wenn es aussieht wie eine Ente, watschelt wie eine Ente und quakt wie …«
»Es quakt nicht«, sagte sie. »Und es bellt auch nicht. Die gesamte DNA, die ich sicherstellen konnte, stammt definitiv von einem Menschen.«
Robin hatte Rich schon oft Untersuchungsergebnisse zu seinen Fällen geliefert. Er war schon immer ein Arschloch gewesen, doch üblicherweise interessierte ihn jedes Detail. Warum waren ihm die Einzelheiten jetzt egal?
»Ich habe nur Hinweise auf einen Angreifer«, sagte Robin. »Ich habe Speichel und Haare von einem Menschen , Rich. Ist Ihr beschränkter Verstand in der Lage, das zu verarbeiten?«
Bobby lächelte, aber es war kein Lächeln, mit dem Männer sie ansahen, wenn sie sie hübsch fanden. Er schien es vielmehr zu genießen, wie sie sich zur Wehr setzte. Die Adern an Verdes nur noch spärlich von Haaren bedeckten Schläfen pochten heftig. Es sah aus, als würden sie jeden Augenblick platzen.
Sie hatte ein wenig die Selbstbeherrschung verloren, aber dafür hatte sie jetzt wenigstens Verdes volle Aufmerksamkeit ge wonnen. Er sah verärgert aus. Ruhig, aber verärgert.
»Gut«, erwiderte er. »Sie wollen mir also sagen, dass das kein Tierangriff gewesen sein kann?«
Robin zögerte. Sie besaß genetische Hinweise auf einen mensch lichen Täter, doch die Abdrücke der Zähne stammten zweifellos von einer Art Tier. Dieses Tier musste irgendeine Spur an Oscars Leiche hinterlassen haben, doch in dieser Hinsicht hatte sie noch nichts gefunden.
»Ich bin sicher, dass ein Tier in die Sache verwickelt ist, doch worüber ich die ganze Zeit rede, ist etwas anderes: Ich verfüge über spezifische Hinweise, die Ihnen helfen können, den Kerl zu finden, der für Oscars Tod verantwortlich ist«, sagte sie. »Ich habe Hinweise auf drei Geschlechtschromosomen gefunden, zwei X und ein Y.«
»Drei?«, sagte Bobby. Der genetische Aspekt schien ihn aufhorchen zu lassen. »Aber Sie sagten doch, es sei nur ein Täter. Männer sind XY. Würde ein drittes Chromosom nicht auf einen zweiten Täter hindeuten?«
Verde starrte Bobby an.
Bobby sah ihn an und zuckte mit den Schultern. »Rich-o, es sieht so aus, als sollten wir darüber Bescheid wissen, findest du
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