Die Verborgenen
der Hündin schütteln konnte. Emmas Augen waren wild, und die Zunge hing ihr aus dem Maul. Ihr Körper schien sich in fünf Richtungen auf einmal bewegen zu wollen.
»Wie habe ich dich vermisst, mein kleines Mädchen!«, sagte Robin. Sie schob die Hündin beiseite und ging in die Knie, um die Einkäufe aufzusammeln – ein strategischer Fehler. Emma sprang an ihr hoch, um ihr Gesicht zu küssen. Die Pfoten der Hündin lagen auf Robins Schultern und drückten sie auf ihren Hintern zurück. Emmas Pfoten tanzten auf und ab, während sie Robins Gesicht mit einer wahren Salve von Küssen bedeckte.
»Immer mit der Ruhe, Mädchen«, sagte Robin und lachte über den hemmungslosen Eifer ihrer Hündin.
Plötzlich war Emmas Gewicht verschwunden. Robin sah hoch zu Big Max, der das sechzig Pfund schwere Tier auf dem linken Arm trug, wobei er seine große Hand unter Emmas Hinterbeine gelegt hatte und ihr Kopf an seiner Schulter lag. Emmas Schwanz schlug gegen Max’ Bein.
»Um Himmels willen, Mädchen«, sagte Max. »Dein Hund hat’s dir kräftig gegeben.«
Robin nickte. Sie legte die Lebensmittel zurück in die Tüte und sammelte die verstreute Post auf.
»Danke, Max. Danke für alles.«
»Nicht der Rede wert, Schatz. Ich kann mich jederzeit um die Kleine kümmern.«
Emma hing einfach nur da. Sie fühlte sich auf Max’ mächtigem Arm vollkommen wohl und entspannt. Mächtig war vielleicht nicht das beste Wort für Max’ Arme – riesig wäre angemessener. Max sah aus wie die effeminierte Version eines professionellen, von Steroiden aufgepumpten Wrestlers. Große Arme, kräftige Beine, die Brust wie ein Fass (natürlich mit Wachs enthaart). Der Kopf saß auf einem kleinen Bierfass von Hals, sein Gesicht zeigte tiefe Lachfalten. Ein blondes Ziegenbärtchen verlieh diesem Gesicht einen hübschen Akzent, und sein Haar, das dieselbe Farbe hatte, trug er in einer gegelten Strubbelfrisur, die seine Stirn bedeckte.
Man sah auf den ersten Blick, dass Max schwul war, was für Frauen bisweilen beinahe bittere Gefühle mit sich brachte, denn er wäre für jede die allererste Wahl gewesen. Als Nachbar war er hochinteressant: ein Hundeliebhaber, der sich in der lokalen Politik auskannte, nachts als Türsteher arbeitete und versuchte, in Erotikfilmen groß rauszukommen. Auf keinen Fall ein Durchschnittstyp.
Das war Robins bester Freund: ein hinreißender, schwuler Möchtegern-Pornostar von einschüchternder Statur.
»Hey«, sagte Robin. »Wie lief dein Probeauftritt bei Kink-dot-com?«
Max lächelte. »Ziemlich gut«, sagte er. »Fragst du, weil du höflich sein willst, oder möchtest du all die blutigen Details hören?«
Robin lachte und errötete. »Ersteres. Ich bin nicht sicher, ob ich irgendwelche Einzelheiten verkrafte.«
»Ah, diese bescheidenen Kanadierinnen.«
Ein zweiter Hund kam aus Max’ Wohnung. Verglichen mit ihm wirkte Emma winzig, denn es war ein achtzig Pfund schwe rer Pitbull mit grauem Fell, weißen Pfoten und dem süßesten Gesicht, das man sich vorstellen konnte.
Ohne im Geringsten aus der Ruhe zu kommen, beugte sich Max nach unten und hob mit dem rechten Arm den Pitbull hoch. Die beiden Hunde wogen zusammen hundertvierzig Pfund, doch Max drückte sie so lässig an sich wie ein Federkissen.
»Hallo, Billy«, sagte Robin. Sie gab dem Pitbull einen Kuss auf die Nase. Billys dicker Schwanz wirbelte unkoordiniert im Kreis herum.
Max beugte sich zu ihr, wobei er gewissermaßen das einen Meter lange metaphorische Federkissen einknickte. Seine Augen wurden schmal, als er auf einen Fleck unter Robins Augen starrte.
»Schätzchen, sieh dir mal diese Ringe an. Die Arbeit bringt dich noch ins Grab.«
Robin schob ihre Post in die Einkaufstüte (sie hatte keine Ahnung, warum sie das nicht schon vorher gemacht hatte) und fand schließlich den Wohnungsschlüssel. Sie öffnete die Tür und betrat den Flur ihres Apartments. Max, der noch immer beide Hunde unter den Armen hielt, folgte ihr.
»Da sagst du was«, erwiderte sie. »Du hättest den armen Jungen sehen sollen, der heute eingeliefert wurde.«
»Schlimm?«
»Mehr als schlimm.« Robin stellte die Einkaufstüte auf den Esszimmertisch. »Sein Arm war … Moment mal. Fragst du , weil du höflich sein willst, oder weil du all die blutigen Details hören willst? Denn sie sind wirklich blutig.«
Max setzte die beiden Hunde ab und wedelte dann mit den Armen, die Handflächen nach außen gerichtet. »Oh, ich bin nur höflich. Ich sehe mir gerne CSI an, weil nichts
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